Lieber P,
ein Film der unsere Freundschaft (des schlechten Geschmacks) von Anfang an begleitet hat, ist der 80er-Jahre-Actionfilm „Phantom Kommando“. Natürlich spielt einer der größten Stars dieses Genres, Lieblingssteirer Arnold Schwarzenegger, die Hauptrolle. Man sollte die Actionfilme der 80er aber nicht auf dessen kluge Filme „Terminator“ oder „Running Man“ reduzieren, denn im Gegensatz dazu ist ein Großteil der Storys der Filme dieser Gattung bloß Mittel zum Zweck – und das ist, möglichst viele (blutige) Gefecht- und Kampfszenen zu zeigen. Dazwischen garniert man diese am liebsten mit markigen Sprüchen und einer kleinen Liebesgeschichte, bei welcher der Protagonist das Weibchen am Ende mit nachhause nimmt. Deswegen ist für mich „Phantom Kommando“ das beste Beispiel des 80er-Jahre-Actionkinos, das diese Art und Weise des Erzählens gar nicht zu kaschieren versucht, sondern, ganz im Gegenteil, abfeiert. Auch der Soundtrack, ist einer der ehrlichsten dieses Genres. Oscarpreisträger James Horner („Titanic“) liefert hier ein wahres Feuerwerk an Steel Drum-, Saxophon- und Synthie-Sounds ab, für welches er in Wahrheit den Oscar bekommen hätte sollen. Oder wie siehst du das?
Don't disturb my friend, he's dead tired, J
ein Film der unsere Freundschaft (des schlechten Geschmacks) von Anfang an begleitet hat, ist der 80er-Jahre-Actionfilm „Phantom Kommando“. Natürlich spielt einer der größten Stars dieses Genres, Lieblingssteirer Arnold Schwarzenegger, die Hauptrolle. Man sollte die Actionfilme der 80er aber nicht auf dessen kluge Filme „Terminator“ oder „Running Man“ reduzieren, denn im Gegensatz dazu ist ein Großteil der Storys der Filme dieser Gattung bloß Mittel zum Zweck – und das ist, möglichst viele (blutige) Gefecht- und Kampfszenen zu zeigen. Dazwischen garniert man diese am liebsten mit markigen Sprüchen und einer kleinen Liebesgeschichte, bei welcher der Protagonist das Weibchen am Ende mit nachhause nimmt. Deswegen ist für mich „Phantom Kommando“ das beste Beispiel des 80er-Jahre-Actionkinos, das diese Art und Weise des Erzählens gar nicht zu kaschieren versucht, sondern, ganz im Gegenteil, abfeiert. Auch der Soundtrack, ist einer der ehrlichsten dieses Genres. Oscarpreisträger James Horner („Titanic“) liefert hier ein wahres Feuerwerk an Steel Drum-, Saxophon- und Synthie-Sounds ab, für welches er in Wahrheit den Oscar bekommen hätte sollen. Oder wie siehst du das?
Don't disturb my friend, he's dead tired, J
Ey J,
„Phantom Kommando“ – eine Eskalation von einem Film. Bereits der Anfang gibt die Richtung vor und passt wie kein zweiter zu unserer Kolumne. Denn es ist bezeichnenderweise ein Müllwagen, der eine Überhöhung auf sämtlichen Ebenen eröffnet. Das von dir erwähnte Abfeiern von Randomness zeigt sich dabei auch technisch. Dabei sticht vor allem die kontinuierliche Ignorierung der Achse ins Auge. Denn was jeder Filmstudent im Schnitt zu vermeiden lernt, setzt Regisseur Mark L. Lester wohl gezielt ein. Und so sorgen gezählte 28 Achsensprünge für teilweise völlige Desorientierung im Geschehen (Exkurs: Ein Achsensprung ist ein Filmschnitt, mit dem eine imaginäre Handlungsachse, beispielsweise zwischen zwei Gesprächspartner, übersprungen wird). Dazu kommen noch 12 nicht gerade schön anzusehende Zooms - und teilweise sogar Zooms in Zooms. Und so fährt ein Auto schon mal von links nach rechts, nur um im nächsten Bild wieder von rechts nach links zu fahren. Arnie schießt irgendwo hin und irgendwo fallen Typen mit aufgeklebten Bärten um, die Soldaten des südamerikanischen Fake-Landes Val Verde verkörpern sollen. Ja genau: jenes Val Verde, in dem auch „Predator“ spielt und das unter anderem in „Stirb langsam 2“ vorkommt - eben Filme, die auch von Steven E. De Souza geschrieben oder von Joel Silver produziert wurden. Dass Arnie aus einem fliegenden Flugzeug in knietiefes Wasser springt und 80s-Parade-Bösewicht Bennet alias „Freddie Mercury des Actionkinos“ ein klimperndes Kettenhemd trägt, das sich bei genauerer Betrachtung als Strickpulli entlarvt, passt da nur ins Konzept. Fun Facts über Fun Facts - ich glaube man merkt bereits, dass wir große Fans des Films sind...
Why don't they just call him Girl George? P
„Phantom Kommando“ – eine Eskalation von einem Film. Bereits der Anfang gibt die Richtung vor und passt wie kein zweiter zu unserer Kolumne. Denn es ist bezeichnenderweise ein Müllwagen, der eine Überhöhung auf sämtlichen Ebenen eröffnet. Das von dir erwähnte Abfeiern von Randomness zeigt sich dabei auch technisch. Dabei sticht vor allem die kontinuierliche Ignorierung der Achse ins Auge. Denn was jeder Filmstudent im Schnitt zu vermeiden lernt, setzt Regisseur Mark L. Lester wohl gezielt ein. Und so sorgen gezählte 28 Achsensprünge für teilweise völlige Desorientierung im Geschehen (Exkurs: Ein Achsensprung ist ein Filmschnitt, mit dem eine imaginäre Handlungsachse, beispielsweise zwischen zwei Gesprächspartner, übersprungen wird). Dazu kommen noch 12 nicht gerade schön anzusehende Zooms - und teilweise sogar Zooms in Zooms. Und so fährt ein Auto schon mal von links nach rechts, nur um im nächsten Bild wieder von rechts nach links zu fahren. Arnie schießt irgendwo hin und irgendwo fallen Typen mit aufgeklebten Bärten um, die Soldaten des südamerikanischen Fake-Landes Val Verde verkörpern sollen. Ja genau: jenes Val Verde, in dem auch „Predator“ spielt und das unter anderem in „Stirb langsam 2“ vorkommt - eben Filme, die auch von Steven E. De Souza geschrieben oder von Joel Silver produziert wurden. Dass Arnie aus einem fliegenden Flugzeug in knietiefes Wasser springt und 80s-Parade-Bösewicht Bennet alias „Freddie Mercury des Actionkinos“ ein klimperndes Kettenhemd trägt, das sich bei genauerer Betrachtung als Strickpulli entlarvt, passt da nur ins Konzept. Fun Facts über Fun Facts - ich glaube man merkt bereits, dass wir große Fans des Films sind...
Why don't they just call him Girl George? P
Lieber P,
absolut! Und wenn du schon den Antagonisten ansprichst: Das Mainstream-Kino war immer schon dafür bekannt, abseits der gesellschaftlichen Norm stehende Individuen als Bösewichte einzusetzen. Bennett ist jedoch in einer solchen Art und Weise homoerotisch inszeniert, dass der Film seine scheinbare homophobe Ideologie offen Preis gibt. So (technisch) schlecht inszeniert man „Phantom Kommando“ halten kann oder muss, trotz allem sollte man die subversive Kraft der Überhöhung nicht minder Wert schätzen. Soll meinen: Auch, dass Schwarzeneggers John Matrix, eine Szene nachdem er, um sich zu verstecken, den Beifahrer-Sitz aus dem Fahrzeug gerissen hat, sich wieder in der selben Sitzhöhe wie die Fahrerin des Wagens befindet, sollte einen nicht daran hindern, zu sehen, dass der Film seine vermeintliche Weltanschauung mittels Übererfüllung der Genre-Erwartungen („Phantom Kommando“ liefert beispielsweise 88 Tote) unterläuft. Eben etwas, was man von anderen Filmen der meisten Beteiligten nicht sagen kann, welche das, was sie so erzählen, auch tatsächlich ernst meinen.
Fuck you, asshole, J
absolut! Und wenn du schon den Antagonisten ansprichst: Das Mainstream-Kino war immer schon dafür bekannt, abseits der gesellschaftlichen Norm stehende Individuen als Bösewichte einzusetzen. Bennett ist jedoch in einer solchen Art und Weise homoerotisch inszeniert, dass der Film seine scheinbare homophobe Ideologie offen Preis gibt. So (technisch) schlecht inszeniert man „Phantom Kommando“ halten kann oder muss, trotz allem sollte man die subversive Kraft der Überhöhung nicht minder Wert schätzen. Soll meinen: Auch, dass Schwarzeneggers John Matrix, eine Szene nachdem er, um sich zu verstecken, den Beifahrer-Sitz aus dem Fahrzeug gerissen hat, sich wieder in der selben Sitzhöhe wie die Fahrerin des Wagens befindet, sollte einen nicht daran hindern, zu sehen, dass der Film seine vermeintliche Weltanschauung mittels Übererfüllung der Genre-Erwartungen („Phantom Kommando“ liefert beispielsweise 88 Tote) unterläuft. Eben etwas, was man von anderen Filmen der meisten Beteiligten nicht sagen kann, welche das, was sie so erzählen, auch tatsächlich ernst meinen.
Fuck you, asshole, J
こんにちは J,
lass mich das mit der Weltanschauung nochmals aufgreifen und den Film in einen globalen Kontext setzen. Denn in diesem Zusammenhang komme ich zu einer politischen Komponente, die im Actionkino der 80er-Jahre allgegenwärtig ist. Immerhin darf man nicht vergessen, dass die Produktionszeit dieser Filme mit der Endphase des Kalten Krieges zusammen fällt. Eine Zeit, in der die USA unter der Führung von B-Movie-Star Ronald Reagan versuchten, den Jahre andauernden internationalen Schwanzvergleich mit der Brechstange zu gewinnen. Höher, schneller, weiter war das Motto der Innen- und Außenpolitik - und natürlich auch auf kultureller Ebene. Verdeutlicht wird dies in einer Publikation des einflussreichen amerikanischen Militärstrategen Ralph Peters. Laut Peters sind gerade jene Filme, die von der intellektuellen Elite verschmäht werden, die populärste Waffe der USA. Denn amerikanische Actionfilme werden überall auf der Welt gesehen – und sind leicht zu verstehen, da sie sich visueller Narrative bemächtigen, die keinen Dialog benötigen, da sie auf universell bekannten Heldenmythen basieren. Peters zufolge sei es somit die Aufgabe Hollywoods das Schlachtfeld vorzubereiten. „Fremde Nationen glauben wirklich, dass wir all das tun können, was man auf der Leinwand sieht“, schreibt er. Heißt also: Actionstars sollen durch ihre körperliche Überlegenheit das Selbstbewusstsein des eigenes Staates stärken und den amerikanischen Mann als überlegen auch in der kollektiven Wahrnehmung fremder Nationen verankern. Der Feind soll schon lange auf kultureller Ebene besiegt und zermürbt werden, bevor es noch zu einer Auseinandersetzung kommt. Die Waffen für diesen medialen Krieg nannten sich Schwarzenegger, Stallone, Lundgren & Co, schossen aus dem Boden der Hollywood-Kinolandschaft wie die Eierschwammerl bei Regenwetter und metzelten in explosiven Guy-on-a-mission-Trips allen möglichen kulturellen Stereotype ab – allzu absurd, dass es sich bei diesen Vorzeigekriegern des Land-of-the-Free oft selbst um Migranten handelte. Aber das passt ebenfalls in die Selfmade-Romantik jenseits des Atlantik. Auch der Filmwissenschaftler Georg Seeßlen greift die erwähnten Helden auf, die er als „neue Barbaren“ bezeichnet: Diese versuchen zwar kurz, sich sprachlich durchs Leben zu kämpfen, lassen aber bald nur mehr ihre Waffen sprechen. Verhandeln war gestern – in den 80ern zählt die Wiederentdeckung der maschinisierten Körperlichkeit. Und diese wird zusammen mit der Schönheit des Todes gefeiert, wie seit den 30er-Jahren in Deutschland nicht mehr. Gewalt wird ästhetisiert. Das Ziel der Mission selbst rückt in den Hintergrund, der Akt des Tötens übernimmt das „Commando“ – natürlich eingebettet in großem Unterhaltungskino, filmischer Randomness und ummantelt mit einem gehörigen Trashfaktor. Eine explosive Mischung?
I lied,
P
lass mich das mit der Weltanschauung nochmals aufgreifen und den Film in einen globalen Kontext setzen. Denn in diesem Zusammenhang komme ich zu einer politischen Komponente, die im Actionkino der 80er-Jahre allgegenwärtig ist. Immerhin darf man nicht vergessen, dass die Produktionszeit dieser Filme mit der Endphase des Kalten Krieges zusammen fällt. Eine Zeit, in der die USA unter der Führung von B-Movie-Star Ronald Reagan versuchten, den Jahre andauernden internationalen Schwanzvergleich mit der Brechstange zu gewinnen. Höher, schneller, weiter war das Motto der Innen- und Außenpolitik - und natürlich auch auf kultureller Ebene. Verdeutlicht wird dies in einer Publikation des einflussreichen amerikanischen Militärstrategen Ralph Peters. Laut Peters sind gerade jene Filme, die von der intellektuellen Elite verschmäht werden, die populärste Waffe der USA. Denn amerikanische Actionfilme werden überall auf der Welt gesehen – und sind leicht zu verstehen, da sie sich visueller Narrative bemächtigen, die keinen Dialog benötigen, da sie auf universell bekannten Heldenmythen basieren. Peters zufolge sei es somit die Aufgabe Hollywoods das Schlachtfeld vorzubereiten. „Fremde Nationen glauben wirklich, dass wir all das tun können, was man auf der Leinwand sieht“, schreibt er. Heißt also: Actionstars sollen durch ihre körperliche Überlegenheit das Selbstbewusstsein des eigenes Staates stärken und den amerikanischen Mann als überlegen auch in der kollektiven Wahrnehmung fremder Nationen verankern. Der Feind soll schon lange auf kultureller Ebene besiegt und zermürbt werden, bevor es noch zu einer Auseinandersetzung kommt. Die Waffen für diesen medialen Krieg nannten sich Schwarzenegger, Stallone, Lundgren & Co, schossen aus dem Boden der Hollywood-Kinolandschaft wie die Eierschwammerl bei Regenwetter und metzelten in explosiven Guy-on-a-mission-Trips allen möglichen kulturellen Stereotype ab – allzu absurd, dass es sich bei diesen Vorzeigekriegern des Land-of-the-Free oft selbst um Migranten handelte. Aber das passt ebenfalls in die Selfmade-Romantik jenseits des Atlantik. Auch der Filmwissenschaftler Georg Seeßlen greift die erwähnten Helden auf, die er als „neue Barbaren“ bezeichnet: Diese versuchen zwar kurz, sich sprachlich durchs Leben zu kämpfen, lassen aber bald nur mehr ihre Waffen sprechen. Verhandeln war gestern – in den 80ern zählt die Wiederentdeckung der maschinisierten Körperlichkeit. Und diese wird zusammen mit der Schönheit des Todes gefeiert, wie seit den 30er-Jahren in Deutschland nicht mehr. Gewalt wird ästhetisiert. Das Ziel der Mission selbst rückt in den Hintergrund, der Akt des Tötens übernimmt das „Commando“ – natürlich eingebettet in großem Unterhaltungskino, filmischer Randomness und ummantelt mit einem gehörigen Trashfaktor. Eine explosive Mischung?
I lied,
P