Die zweite Dokumentation, die um den Goldenen Bären konkurriert, wurde heute mit „Architecton“ von Viktor Kossakovsky der Öffentlichkeit gezeigt. Darin stellte er fest, dass die Art wie wir Häuser bauen nicht zukunftstauglich scheint. Das im Kino audiovisuell äußerst überwältigende Erlebnis blieb inhaltlich jedoch eher zurückhaltend.
Bild aus dem Film „Architecton“ (Filmverleih)Am Abend wurden im Berlinale Palast von der European Film Promotion epf die European Shooting Stars ausgezeichnet. Überreicht wurden die Preise von Corinna Harfouch, die ja in Matthias Glasners „Sterben“ heuer selbst im Wettbewerb zu sehen war. Zehn junge Schauspieltalente aus allen Ecken des europäischen Kontinents wurden von der fünfköpfigen Expertenjury (darunter die österreichische Regisseurin Barbara Albert) aufgrund ihrer nationalen Glanzleistungen und ihre aussichtsreiche Zukunft ausgewählt und dürfen sich vielleicht schon bald über Rollenangebote aus aller Welt freuen.
Direkt nach der Verleihung feierte schließlich „Langue Étrangère“ von Claire Burger Premiere. Die Geschichte über zwei Brieffreundinnen, die über einen Schüleraustausch zueinander finden und Gefühle füreinander entwickeln, behandelte nebenbei noch oberflächlich den Rechtsruck in der Gesellschaft und die deutsch-französische Freundschaft. Getragen wurde das Ganze hauptsächlich von den zwei hervorragenden Hauptdarstellerinnen Lilith Grasmug und Josefa Heinsius. Aber auch auch Nina Hoss war bei der Präsentation des Films mit in Berlin.
Panorama mit Schwartzman
Heute Nachmittag ging im Panaroma die europäische Uraufführung von „Between the Temples“ über die Bühne - der neue Film des New Yorker Indieregisseurs Nathan Silver. Prominent besetzt erzählt die Tragikomödie von einem 40-jährigen, jüdischen Kantor (Wes Anderson-Dauergast Jason Schwartzman) in einer Sinneskrise. Als eine Bekannte aus alten Tagen (Carol Kane) in sein Leben tritt, die Jahrzehnte verspätet ihre Bat-Mizwa nachzuholen versucht, kehrt wieder Schwung ins Leben ein. Ein warmherziger Film über religiöse Identität und persönliche Neu- beziehungsweise Wiedererfindung in der Midlife-Crisis. Der prominente Hauptdarsteller war gemeinsam mit Regisseur Silver und weiteren Teilen des Teams zur Premiere im Zoopalast angereist.
Eine weitere Überraschung hat das Panorama-Programm mit „Betânia“ zu bieten – einem portugiesischem Spielfilm mit dokumentarischen Anleihen, der mit viel Musik, pointiertem Witz und einer Bandbreite an Figuren die eigene Kultur repräsentiert. Lehrreich und wertvoll.
Bild aus dem Film „Betânia“ (Filmverleih)Berlinale Bigfoot Special
Deutlich wilder ging es im Berlinale-Special zu. „Sasquatch Sunset“, die neue Arbeit der Brüder David und Nathan Zellner (mit „Damsel“ 2018 im Wettbewerb vertreten), schien das Festivalpublikum im ähnlichen Ausmaß zu verstören wie zu amüsieren. Ganz ohne Dialog widmet man sich einer Familie von Sasquatches - so werden umgangssprachlich Abkömmlinge des Bigfoot-Mythos bezeichnet. Fast schon dokumentarisch beobachtet der Film die humanoiden Affenkreaturen bei ihren alltäglichen Scherzen, Schlamasseln und Sexabenteuern. Es wird gegessen, gefurzt und ums blanke Überleben gekämpft. Die Oberhäupter der Sasquatch-Familie werden von Jesse Eisenberg und Riley Keough dargestellt, die man unter den Bergen von Fell und Maske nicht vermuten würde. Ein absonderliches Erlebnis, an dem sich die Geister scheiden werden.
Bild aus dem Film „Sasquatch Sunset“ (Bleeker Street)