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Heidi@Home: 1 plus 1 macht fünf

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Zum Re-Run der ersten deutschsprachigen Patchwork-Serie: Ich heirate eine Familie
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von (Heidi@Home)
Sollte diese Kolumne einmal jung und hip gewesen sein, könnte diese Ära heute zuende gehen, denn ich möchte mich mit einer Familienserie beschäftigen, die 1983 erstmals im deutschsprachigen TV zu sehen war und vielleicht einen etwas spießigen Ruf hat, ältere Leser können sich erinnern, ich spreche von „Ich heirate eine Familie“. ZDF neo wiederholt die Serie ab 25. Dezember in einem Feiertagsmarathon.

Aber man sollte „Ich heirate eine Familie“ nicht unterschätzen, handelt es sich dabei doch um eine Serie, die erstmals im deutschen Sprachraum auf breitenwirksame Art und Weise das Thema Patchwork-Familie und die damit verbundenen Zweifel und Ängste, aber auch die Chancen, Perspektiven und Glücksmomente thematisiert hat. Zur Ausgangssituation: Angi (Thekla Carola Wied), eine geschiedene Frau mit drei Kindern lernt auf einer Party Werner (Peter Weck) kennen, einen Junggesellen mit Vorleben, der ihr überraschend schnell einen Heiratsantrag macht. Nun muss sie mit der Wahrheit herausrücken und erzählen, dass sie nicht alleine ist… und nachdem der Titel ohnehin schon alles verrät, ist es kein Geheimnis, dass Werner sich entschließt, die Herausforderung anzunehmen.

Offenbar gab es Anfang der achtziger Jahre einen enormen Bedarf danach, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen, war es doch eine Zeit, in der Scheidungen langsam selbstverständlicher wurden und es auch kein Tabu mehr war, erneut zu heiraten und eventuell noch weitere Kinder mit einem neuen Partner zu bekommen. Von den Zusehern wurde die Schilderung einer solchen neuen Familiensituation als authentisch erlebt, wenngleich die Sichtweise hier natürlich eine überwiegend positive ist. Drehbuchautor Curth Flatow verarbeitete darin autobiografisch seine persönlichen, sehr guten Erfahrungen. Die Serie setzt sich auch relativ offen mit anderen, zumindest in Familiensendungen wenig präsenten, Lebensmodellen wie offenen Beziehungen oder bewusst entschiedener Kinderlosigkeit auseinander, das alles wurde von Peter Weck, der auch Regie führte, sehr locker und humorvoll inszeniert.
Ein weiteres Erfolgsrezept der Serie ist die Gestaltung ihrer Nebenfiguren, die sehr fein und liebevoll gezeichnet sind und denen man ebenso gerne zusieht, wie den Hauptcharakteren: da sind Angis mondäne Freundin und ihr schusseliger Mann, die sie verkuppeln wollen, hier Werners mütterliche Hausangestellte, die Sorgen hat, dass Werner der großen Familie nicht gewachsen ist, dort Werners bester Freund, ein Easy-Going Typ, der schnell zu einem Freund für die Kinder wird. Reizvoll ist sicherlich auch, dass Werner als Wiener sozusagen aus einem anderen Kulturkreis stammt, denn der Schauplatz der Serie ist Berlin.

Vielleicht habe ich ja dem einen oder anderen jetzt Appetit auf „Ich heirate eine Familie“ gemacht – und falls nicht: seid froh, dass ich nicht über die zweite Sendereihe geschrieben habe, die ZDF neo dieses Jahr zu Weihnachten aus den Archiven holt: die Ballettserie „Anna“.