Bilder: Constantin Film, A24, Leonine Fotos: Constantin Film, A24, Leonine
  • Bewertung

    Das Böse ist banal

    Exklusiv für Uncut
    Dieses für fünf Oscars nominierte Drama, das auf dem gleichnamigen Roman von Martin Amis basiert, erzählt die NS-Gräuel um 1940 in Auschwitz, ohne explizit den Horror der Vernichtungsmaschinerie zu zeigen. Der Fokus liegt auf dem Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß (Christian Friedel), seiner Frau Hedwig (Sandra Hüller) und seiner Familie bestehend aus fünf Kindern, die angrenzend an das Konzentrationslager in einem Einfamilienhaus mitsamt Kleingarten wohnen, wo sie ein geregeltes Leben führen. Hedwigs Aufgabe liegt auf der Erziehung der Kinder, dem Haushalt und der Pflege des Gartens, der beinahe unerträglich lange gefilmt wird, während das Morden im benachbarten Konzentrationslager Auschwitz sich nur auf einer imaginativen Ebene abspielt. Blind ist die Familie des Massenmörders Rudolf Höß für den Horror und das Leid, das sie als Täter(innen) Nationalsozialismus verursachten. Das macht den Film so beklemmend, indem er unkommentiert die klaren Alltags-Abläufe in diesem Haus zeigt. Nur Geschrei, Schüsse und aufsteigende Rauchschwaden deuten auf die Geschehnisse im Lager nebenan hin. Langandauernde schwarze Filmsequenzen und die eindrucksvolle Filmmusik generieren diese schwer erträglichen Situationen eingebettet in einem traditionellen, scheinbaren „Familienidyll“, das aber immer wieder gebrochen wird, als z.B. Hedwig mit ihrem Ehemann nicht nach Oranienburg umsiedeln will, wohin dieser versetzt wird. Als ob eine Zeit gezeigt wird, in der Frauen so etwas bereits selbständig und frei entscheiden konnten, abseits des Willen des männlichen Familienoberhaupts, ob sie mit oder andernorts von ihm leben wollen, und nicht im 2.Weltkrieg, in dem der Film handelt. Das verwunderte mich, dass dies in einer nationalsozialistischen, faschistischen Familienstruktur möglich war.

    Verstörend auch gegen Filmende, als es Rudolf Höß in einsamen Gängen reckt und er erbrechen muss. Dieses Ende lehnt sich nicht an die realen Biografien von Rudolf Höß an, der 1947 vor Gericht zum Tod verurteilt wurde und Hedwig Höß die nach den Holocaust-Massenmorden bis zu ihrem Tod im 90. Lebensjahr unbescholten in den USA weiterlebte. Niemals vergessen und nie wieder Faschismus, weiß ich nach diesem Film!
    (Dominika Krejs)
    02.03.2024
    18:32 Uhr