Müll Mates
Müll Mates - Herkules in New York

Müll Mates - Herkules in New York

Bevor er zum Actionstar avancierte, beeindruckte Arnold Schwarzenegger vor allem durch seine bizarren Leinwandauftritte. Besonders sein erster filmischer Gehversuch als „Herkules in New York“ zählt zu den Perlen der Trashfilmgeschichte.
muellmates_3bf155b38b.jpg
von (Müll Mates)
Lieber P,

am 11. April läuft „Sabotage“ in den österreichischen Kinos an. Ein Film mit dem Arnold Schwarzenegger, das sage ich schon jetzt, seine Filmkarriere revitalisieren wird. Das wäre doch der perfekte Zeitpunkt Schwarzeneggers trashige Filmanfänge in den Blickpunkt zu rücken.

Begonnen haben Schwarzeneggers – oder wie es der legendäre Pepi Schicklgruber sagen würde: Schwatteneggers – erste filmischen Erfahrungen in den 60ern gleich mit einer Hauptrolle. Im Film „Herkules in New York“ aus dem Jahre 1969 spielt er Herkules. Auch wenn die steirische Eiche selbst in seiner Autobiographie „Total Recall“ die beste Eigenschaft des Filmes jener Tatsache zuschreibt, dass er in den USA jahrelang nicht gezeigt wurde“ und „in der Versenkung“ verschwand, sollte man „Herkules in New York“ auf keinen Fall gering schätzen. Damit überspringt Schwarzenegger nämlich seine eigentlichen Filmanfänge der 70er Jahre (die bestimmt eine eigene Kolumne Wert wären...), wo er durchwegs in Rollen von mehr oder weniger stereotypen Bodybuildern gecastet wurde. Und obwohl Krafttraining in „Hercules in New York“ keine Rolle spielt – ungeachtet dessen, dass Bobybuilding-Posen antiken Statuen ähneln – ist es bestimmt einer seiner, wenn nicht der autobiographischste Film. Schwarzenegger spielt darin nämlich einen Herkulesverschnitt, der den Olymp wegen seines täglich gleichen Alltags ablehnt und sich schließlich auf der Erde in New York wiederfindet. Ähnliches kann von der realen Person gesagt werden, die aus dem kleinen Österreich in Richtung Vereinigte Staaten aufbrach, um unter anderem ein aufregenderes Leben zu haben.

I'm tired of the same old faces, the same old things,
J

Knock knock!

Haha, danke für das Zitat! Wenn ich das lese denke ich dabei aber zuerst einmal nicht an Trash. Vielmehr verbindet der kleine Filmwissenschaftler in mir den Film natürlich sofort mit dem französischen Philosophen Gilles Deleuze. Und damit, dass „Herkules in New York" eine wunderbare Visualisierung seiner Theorie über Disziplinar- und Kontrollgesellschaft ist. Der Olymp (der im Film ja bekanntlich in einem lautstark von Autos umkreisten Park in New York liegt), steht in diesem Fall für die Disziplinargesellschaft. In dieser starren, „gußeisenformenen“ Gesellschaft gibt es immer „se sem old sings“, wie Arnie so schön mitleidserregend sagt. Die Gesellschaft kontrolliert ihre Individuen mit Hilfe der starren Formen ihrer Ausbildungsbetriebe, der immer gleich bleibenden Arbeit sowie mittels eines geregelten Alltags. Wenn man nicht in das System passt, oder es hinterfragt, wird man von der Gesellschaft (oder in diesem Fall vom Übervater Zeus) verstoßen. Also emigriert Herkules nach New York, wo er sich plötzlich mitten in einer Kontrollgesellschaft befindet. Diese Gesellschaftsform, die laut Deleuze im 20. Jahrhundert – zumindest in der westlichen Welt - die Disziplinargesellschaft ablöste, kontrolliert ihre Individuen mittels „Modulation“. Anstatt starrer Strukturen gilt nun das Motto der Veränderung und des lebenslangen Lernens. Und lernen muss Schwarzenegger (einmal abgesehen von Englisch) in diesem Film genug. Und obwohl Mr. Universum überhaupt nicht in diese Welt passt, wird er trotz seiner Andersartigkeit nicht abgestoßen, sondern die Gesellschaft macht sich sogar sein abweichendes Verhalten zunutze und übt dadurch Kontrolle aus. Somit kann der Migrant dank seiner besonderen, außerhalb dieser Gesellschaft erworbenen (göttlichen) Fähigkeiten, sogar nützlich für sie sein. Zum Beispiel, indem er mit einem Typ im Bärenkostüm kämpft. Wie man sieht ist ein Film wie dieser (wie auch viele andere „schlechte“ Filme) also auch für die Filmtheorie nicht ganz unbrauchbar. Aber nun genug davon! Denn eigentlich ist „Herkules in New York“ vor allem aufgrund seines Trashfaktors Kult.

Fine chariot, but where is your horses?
P

Lieber P,

Das könnte man ja auch wieder auf die reale Ebene heben: das Österreich der Nachkriegszeit, in welchem der junge Arnold aufgewachsen ist, als Disziplinar- und die USA Mitte des 20. Jahrhunderts als Kontrollgesellschaft – ja, das gefällt mir gut! Aber du hast recht: back to trash. Eine Stärke des Trashfilms ist es unter anderem, dass er extrem unlogische Schlüsse ziehen kann und dabei trotzdem irgendwie liebenswürdig bleibt. Nur weil „Herkules in New York“ eine mythologische Figur der antiken Griechen (Herakles) als Protagonisten hat – der wohlgemerkt den Namen aus der römischen Mythologie trägt –, macht es nur wenig Sinn, dass der ganze Film mit einer zur Herstellungszeit zeitgenössischen griechischen Volksmusik auf der Soundtrack-Ebene durchzogen ist. Ebenso sind die Namen der restlichen im Film vorkommenden Gottheiten eine Mischung aus der Religion der antiken Griechen und Römer. So ist der Göttervater zwar Zeus, seine Frau aber nicht Hera, sondern Juno. Die „Sirtaki“-Ebene der Tonspur wird durch Schwarzeneggers souveräne Unmöglichkeit Emotion darzustellen konterkariert. James Cameron muss wohl schon damals die Idee geboren haben, den Steirer als Roboter in einem Film einzusetzen.

Ha, ha, ha. You have strucked Hercules – no one strucks Hercules!
J

Buen dia J,

Genau diese Unsinnigkeiten auf der Handlungsebene gepaart mit Schwarzeneggers bizarrem Auftritt, die penetranten Lautstärkeschwankungen sowie die dilettantische Kameraführung machen den Film zu einem Must-see der Trashfilmgeschichte. Wobei man natürlich auch bedenken muss, dass sich die Rezeption des Films seit den Erfolgen Schwarzeneggers nochmals grundlegend verändert hat. Das zeigt wieder einmal, dass der Begriff „Trash“ stets in enger Wechselbeziehung mit dem Publikum steht. Und dieses kann ein und denselben Film in unterschiedlichen Jahrzehnten vollkommen anders rezipieren. Elemente über die man heute lacht, wurden vom zeitgenössischen Publikum wohl nur als langweilig und schlecht wahrgenommen. Trashig war Herkules natürlich schon immer, aber zum Kultfilm wurde er erst in Verbindung mit dem Werdegang seines Hauptdarstellers. Wie unbedeutend Schwarzenegger damals für die Filmlandschaft war, erkennt man unter anderem daran, dass er als Arnold Strong in den Credits steht und sogar in den USA nachsynchronisiert wurde - erst viele Jahre später kam eine OV auf den Markt. Aber die Attraktion aus dem Steirerland rückte im Laufe der Zeit immer mehr in die (US-)Öffentlichkeit. Doch bevor Arnie zu Terminator und Gouvernator wurde, hat er sich noch eine Zeit lang als oberkörperfreies Ausstellungsstück in trashigen Szenen verwursten lassen - vor allem in den 70ern [Fortsetzung folgt]

To show them how to throw the discus,
P
Mehr dazu auf Uncut:
Herkules in New York
Der Autor
muellmates_3bf155b38b.jpg
Müll Mates


Forum

  • Köstlich

    Auch ich gehöre zu den Verteidigern von HERKULES IN N.Y.! Wobei die Erinnerung an dieses Meisterwerk der schlechten Kunst immer schwächer wird ...
    leandercaine_0fc45209c9.jpg
    19.03.2014, 00:06 Uhr