Berlinale 2008
Berlinale Tag 9

Berlinale Tag 9

Es ist soweit: Die letzten Filme des Wettbewerbs sind gelaufen. Nun ist die Jury am Zug.
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von (Harry.Potter)
Es ist vollbracht! Alle Filme der Sektion „Wettbewerb“, die in der Konkurrenz um die begehrten goldenen und silbernen Bären mitmachen, sind gelaufen! Jetzt heißt es für die Jury, sich zu entscheiden, wen sie hier mit einer Auszeichnung nachhause schicken und wen nicht. Wenn ich zurück blicke auf diese 9 Tage hier, dann würde ich meinen, sie wird es relativ einfach haben, jene Hand voll Filme heraus zu picken, die unter all den Beiträgen des Wettbewerbes heraus ragten: da wäre einmal der großartige, aber sehr schwierige Film „There will be blood“ von Regisseur Paul Thomas Anderson, dem kein anderer Film im Wettbewerb meiner Meinung nach auch nur annährend in so vieler Hinsicht das Wasser reichen konnte. Er überzeugt mit großartigen Schauspielern vor der Kamera und mit einem grandiosen Regisseur und einem tollen Kameramann dahinter. Sein Schnitt, seine Musikauswahl, einfach alles ist an diesem Film herausragend und er würde es wirklich verdienen, ausgezeichnet zu werden. Bleibt nur der Unsicherheitsfaktor, ob die Berlinale-Jury wirklich eine deklarierte US-Produktion mit dem immer noch als anspruchsvoll und differenziert bekannten Bären auszeichnen wird.

Ein Argument, das für die zwei weiteren Favoriten sprechen würde: „Happy-Go-Lucky“ von Mike Leigh hat nicht nur allen Journalisten hier einen Herzenswunsch erfüllt und uns die tagelang herbeigesehnten Minuten herzhaften Lachens geschenkt, sondern überzeugt mit seinem geradlinigen Erzählstil, seiner erfrischend-frechen Inszenierung und einem tollen Drehbuch, ganz zu schweigen von der Hauptdarstellerin Sally Hawkins, die ich ebenfalls für eine Favoritin für den Darstellerinnenpreis halte. Neben dieser erfrischenden Komödie ist da noch der deutsche Beitrag „Kirschblüten“ erwähnenswert, in dem Elmar Wepper sich für den Bären ins Spiel gebracht hat und der auch als Film hier überzeugen konnte. Ob die Jury sich aber wie schon öfter auch heuer für einen deutschen Film als Preisträger entscheidet, wird hier unter den Kolleginnen und Kollegen zwiespältig bewertet.

Mein persönlicher Favorit „Elegy“ wird hier unter den Journalistenkolleginnen eher gemobbt, weil sie dem Film vorwerfen, aus den sexuellen Fantasien eines alt gewordenen Mannes, wie sie in der Romanvorlage ausführlich vorkommen, könne kein wirklich guter Film werden. Dabei übersehen sie aber zwei Dinge: erstens hat die Regisseurin Isabelle Coixet bei der Adaption des Romans nur soviel an Erotik in den Film übernommen, wie wirklich notwendig und richtig war, angesichts der Liebesgeschichte, die der Film ja eigentlich erzählt. Die Szenen, die vorkommen, sind wunderschön gefilmt und die Dialoge zwischen Kepesch und seinem Freund, wo es um das Thema Sex geht, waren sehr humorvoll und keineswegs respektlos. Zweitens ist der Film gerade dadurch, dass Professor Kepesch (B. Kingsley) im Film seine Leidenschaft für die körperliche Schönheit von Frauen mit seiner Geliebten Consuela teilen kann, so besonders dramatisch und mitreißend. Besonders dann, als Consuela ihre Krebsdiagnose erhält und sich wünscht, ein letztes Mal von ihrem ehemaligen Liebhaber fotografiert zu werden, bevor die Ärzte einer ihrer Brüste entfernen müssen.

Weil wir gerade beim Thema Feminismus sind: es wundert mich, dass noch niemand gefordert hat, man möge die Hauptpreise des Festivals geschlechtergerecht vergeben und von Bärinnen und Bären sprechen. Welches Geschlecht hat er eigentlich, dieser putzige Kerl in Gold und Silber? Es ist so schwer heraus zu finden, ob „er“ eigentlich ein solcher ist oder nicht. Gut möglich aber, dass es ihm so geht wie der Oscar-Statue: sie ist geschlechtsneutral.

Wie auch immer: zwei schöne Damen hätte es heute bei der Pressekonferenz zu treffen gegeben: Natalie Portman und Scarlett Johansson. Leider war der Andrang zur Pressekonferenz so groß, dass ich es, obwohl ich von der Pressevorführung schnurstracks hinüber gelaufen bin ins Hyatt, nicht mehr eingelassen wurde. So wie mir erging es noch einer großen Zahl anderer Journalistinnen und Journalisten, die vor der Türe auf dem Monitor das Ganze verfolgen mussten. Ich entschied mich dafür, meine Erinnerung an Natalie Portman von vor 2 Jahren wieder hervor zu holen und die Nicht-Begegnung mit Scarlett Johansson zu verschmerzen, anstatt mich in dieser Traube von Leuten zerdrücken zu lassen. Die Zeit hat gereicht, um mit Harald einen Ausflug über die Dächer der Stadt zu machen im Riesenrad unweit des Festivalgeländes, wo wir auch gleich unseren Podcast von heute gedreht haben, den ihr Euch unten anschauen könnt.

Der Autor
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Harry.Potter

Forum

  • Danke fürs Mitmachen!

    All jene, die bei unserem Gewinnspiel mitgemacht haben, möchte ich danke sagen. In rund 45 Minuten beginnt hier in Berlin die Gala, wo wir erfahren, wer nun die Gewinner sein werden. Ich melde mich später noch via Podcast und Schlussbericht .
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    16.02.2008, 18:47 Uhr