Berlinale 2007
Berlinale Tag 8

Berlinale Tag 8

Am achten Tag der Berlinale wollten alle nur eine sehen: Jennifer Lopez. Die „Wächter des Tages“ statteten Berlin am Abend einen Besuch ab...
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von (Harry.Potter)
Erinnert Ihr Euch noch an diesen russischen Film, der vor ein paar Jahren im Kino zu sehen war? Er hieß „Wächter der Nacht“, die erste von insgesamt drei Fantasy-Romanen von Sergei Lukyanenko. Eine ganz eigenwillige Mischung aus Vampirfilm, Actionfilm, Thriller, Weltverschwörung mit mehreren Realitätswelten (siehe Matrix) und der Symbolik von Licht und Finsternis. Der zweite Film „Wächter des Tages“ wurde heute in Berlin der Presse gezeigt und läuft morgen als ein „Berlinale Special“ im International-Kino für das Publikum. Anders als bei „300“ gestern, gab es hier aber keine Buh-Rufe, sondern sogar Applaus. Ähnlich wie im ersten Film hat Timur Bekmambetov die Geschichte rund um die Wächter, die die Balance zwischen Licht und Finsternis sicherstellen, durchaus beeindruckend inszeniert und eine würdige Fortsetzung gedreht.

Deutlich mehr und sogar lautstarke Buh-Rufe und Gelächter gab es dafür beim eigentlichen Hauptanziehungspunkt des heutigen Tages: „Bordertown“, dem neuesten Film von Jennifer Lopez. Sie spielt darin eine Journalistin, die eine Mordserie in einer mexikanischen Grenzstadt aufklären soll und dabei die Ungerechtigkeit der westlichen Welt erkennt und zu einer besseren Menschin wird. Bei aller Aktualität des Themas und den wahren Begebenheiten, auf denen der Film aufbaut, konnte sie mit ihrer Schauspielkunst nur Gelächter, aber keine Anerkennung ernten. „Kunst“ ist hier nämlich leider zu wörtlich, also im Sinne von „künstlich“ zu verstehen, womit sie eigentlich der Sache, für die sie den Film gedreht hat, einen Bärendienst erwiesen hat, womit wir uns wieder in Berlin wiederfinden. Vielleicht ist das der Grund, warum der Film hier gezeigt wird??? ;-)

Jennifer Lopez strahlte bei der Pressekonferenz jedenfalls über beide Ohren und hatte trotz ihrer lausigen Performance im Film die Sympathie der versammelten Herren auf ihrer Seite. In einem eleganten schwarzen Kostüm mit schwarzen Stöckelschuhen und einer dezenten, aber eleganten Goldkette um den Hals, erschien sie zur Pressekonferenz. Ein Kollege von mir erzählt mir während der Konferenz, er sei ja nur hier, um einen Blick auf ihren Hintern zu erhaschen. Ein Hinweis auf die Motive für die überwältigende Zahl der Teilnehmer an der Pressekonferenz.

Abseits all dessen ging es aber doch auch um das wichtige Anliegen des Filmes, nämlich auf das Schicksal hunderter Frauen aufmerksam zu machen, die in dieser kleinen Ortschaft in den letzten Jahren verschwunden oder tot aufgefunden worden sind. Sie werden vergewaltigt und dann umgebracht und die Politik sieht zu. Eine Frau, die ihre Tochter durch ein solches Gewaltverbrechen verloren hat, ist auch hier und berichtet von den Zuständen dort. Es steht außer Zweifel,dass es eine gute Sache ist, die Öffentlichkeit auf diese Missstände aufmerksam zu machen und ein Film mit einer prominenten Schauspielerin ist ein guter Ansatz dafür. Aber über das Wie gibt es noch viel zu diskutieren.... Interessant war auch, dass bei der Pressekonferenz keine einzige Frage an Antonio Banderas gestellt wurde.... Ich mußte, als ich seine Stimme gehört habe, sofort an den „gestiefelten Kater“ aus „Shrek 2“ denken, dem er in der englischen Originalfassung seine Stimme geliehen hatte. Banderas wirkt auch in Natura sehr sympathisch, natürlich, gut gelaunt, aber eher kurz angebunden am roten Teppich. Kaum aus der Limo ausgestiegen, geht er schnurstracks in den Berlinale Palast. Harald hatte kaum Zeit, ein Foto zu schießen...

Immer wieder kommt es übrigens vor, dass Filme erst ganz knapp vor der Premiere auf der Berlinale fertig werden. Wie ich heute erfahren habe, hat Regisseur Christian Petzold seinen hier präsentierten Film „Yella“ erst wenige Tage vor der Premiere fertig gestellt und bis zuletzt an seinem Schluss gefeilt. Der Film wurde aber trotzdem ins Festival aufgenommen, obwohl er noch nicht fertig war. Eine Vorgehensweise, die durchaus üblich ist. So wurde zum Beispiel „The Road To Guantanamo“ letztes Jahr bis 48 Stunden vor der Premiere noch geschnitten und frisch aus dem Kopierwerk nach Berlin geschafft.

So geht ein weiterer Tag hier in Berlin zuende. Nur noch zwei Tage, bis die Preisträgerinnen und -träger feststehen werden. Für den „Goldenen Bären“ gibt es seit gestern einen neuen Favoriten, „Irina Palm“. Karl Markovics ist immer noch gut im Rennen um die beste männliche Hauptrolle, aber jede Vorhersage ist nur eine Einschätzung, Genaues werden wir am Samstagabend wissen. Doch bis dahin ist es schon deutlich weniger lange, als es zu Beginn des Festivals noch gewesen war.