Guardians of the Galaxy Vol. 3
Selbst nach über 30 veröffentlichten Spielfilmen scheint im Marvel Cinematic Universe kein Ende in Sicht. Für eingefleischte Fans ein Segen, für all jene, die sich mehr Abwechslung im Superhelden-verseuchten Blockbustersektor wünschen ein Fluch. Doch sogar im sonst immergleichen Erzählkosmos Marvels lässt sich eine Heldentruppe finden, die normalen Konventionen strotzt: die „Guardians of the Galaxy“.Die rebellischen Weltraumpiraten genießen eine Sonderstellung im MCU, im Gegensatz zu ihren Superheldenkollegen mussten sie sich nie dem größeren Ganzen unterwerfen, sondern durften Abenteuer bestreiten, die kompakt und in sich geschlossen waren. Dieser erfrischend unnachgiebige Erzählsprit kommt nicht von irgendwo, sind die „Guardians“-Filme doch unverkennbare Produkte ihres Machers James Gunn. Gunn ist Ziehkind von Trash-Poet Lloyd Kaufman und dessen Kultfirma Troma, ein Punk im Geiste eben und zugleich ein waschechter Auteur. Selbst im Hause Disney ließ sich Gunn kaum verbiegen und verstreute seinen markanten Stil quer über die computergenerierte Galaxis. Nun geht der 56-Jährige, der mittlerweile auch bei Hauptkonkurrent DC die Strippen zieht, einen Schritt, vor dem sich seine Marvel-Kolleg*innen scheuen: er bringt sein Schaffen zu einem konsequenten Ende. Mit dem dritten „Guardians of the Galaxy“-Film verabschiedet sich der Regisseur nämlich endgültig von der mehrköpfigen Antiheldengang. Sein finales Adieu ist allen voran Waschbär Rocket Racoon (im Original: Bradley Cooper) gewidmet, dessen traumatische Vergangenheit unter die Lupe genommen wird. Die restlichen Mitglieder der „Guardians“, unter anderem „Star Lord“ Peter Quill (Chris Pratt), die taffe Gamora (Zoe Saldana), Baum-Alien Groot und Softie-Muskelprotz Drax (Dave Bautista), eilen ihrem pelzigen Freund und Kollegen zur Hilfe, als dieser sich in einer Notlage wiederfindet. Ein sentimentaler Abschied vom Marvel-Kosmos, der mit gewohnt fetzigem Soundtrack zu emotionalen Höhenflügen bewegt. Herrlich frech und rotzig!
Sparta
Was war das Medienecho doch groß, als im vergangenen Jahr Berichte auftauchten, denen zufolge es am Set zum neuesten Film von Ulrich Seidl nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Laut Insiderangaben seien bei Dreharbeiten in Rumänien Kinderarbeitsgesetze hintergegangen geworden. Den jungen Darstellenden und ihren Eltern sei nicht ausreichend erklärt worden, dass der Film von Pädophilie handeln würde. Vorwürfe über Vorwürfe, die einem waschechten Enfant terrible wie Seidl gerne angehängt werden – selbst nachdem diese in unzähligen Statements dementiert wurden.Doch die unbequeme Grundthematik alleine hätte wohl gereicht, um hitzige Diskussionen auszulösen. Dieser nähert sich der Regisseur wie üblich mit ungefiltertem Blick. Vordergründig widmet sich seine aktuellste Arbeit, die das zugehörige Gegenstück zu Seidls Vorgänger „Rimini“ liefert, dem unscheinbaren Mittfünfziger Ewald (Georg Friedrich: sagt viel mit wenig Worten). Dieser ist der Bruder von Richie Bravo, dem Schlagerbarden und Protagonisten aus „Rimini“, fristet ein tristes Arbeiterdasein in Rumänien. Dann lässt er eines Tages alles, inklusive seiner Ehefrau, zurück und macht sich auf den Weg in ein abgelegenes Dorf. Dort werden Neigungen in ihm geweckt, vor denen er lange davonrannte: Ewald ist nämlich pädophil. Seidl findet zu seiner Figur und dessen innerer Zerrissenheit einen emphatischen Zugang, der einem gesellschaftlich so tabuisierten Thema selten gestattet wird. Ob die eine oder andere moralische Grenze überschritten wird, muss jeder Zusehende selbst für sich entscheiden. Der rohe Hyperrealismus des Gezeigten dürfte aber niemanden kalt zurücklassen.