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Heidi@Home: Normal People

Heidi@Home: Normal People

Die Serienversion des Kultbuches „Normale Menschen“ von Senkrechtstarterin Sally Rooney
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von (Heidi@Home)
Da gibt es diese irische Autorin, Sally Rooney, knapp dreißig Jahre alt, die einen absoluten Hype ausgelöst hat als 2017 ihr Debütroman „Gespräche mit Freunden“ erschien. Ein Jahr später veröffentlichte sie ihr zweites Buch „Normale Menschen“, das ebenso in Rekordzeit zum Kultbuch avancierte und dann ziemlich schnell vom Streamingdienst Hulu in Kooperation mit BBC Three verfilmt wurde. Und zwar als zwölfteilige Serie, in Szene gesetzt von zwei verschiedenen Regisseuren.

Worum geht es? Marianne (Daisy Edgar-Jones) und Connell (Paul Mescal) besuchen die Abschlussklasse einer Schule in einem kleinen Dorf in Westirland. Beide sind außergewöhnlich intelligent, haben aber einen komplett unterschiedlichen Background. Marianne stammt aus einer gleichermaßen wohlhabenden wie dysfunktionalen Familie. Der Vater ist abwesend, die Mutter lieblos, ihr Bruder sogar hasserfüllt. Connell kommt aus beinahe ärmlichen Verhältnissen: auch er lebt ohne Vater, dafür aber mit seiner sehr warmherzigen und lebensklugen Mutter, die bei Mariannes Familie putzt. Marianne ist in der Schule eine Außenseiterin, Connell ist sehr beliebt.

Sind die beiden „normale Menschen?“. Es gibt ja den Spruch „Normal scheinen nur die Menschen, die du nicht gut kennst.“ Und der Titel ist auf alle Fälle ironisch zu rezipieren. Wollen Teenies und junge Erwachsene überhaupt normal sein? Ja und nein, vermutlich. In diesem Spannungsverhältnis befinden sich Marianne und Connell und alles was sie tun. Die Prämisse als beide eine Liebesbeziehung eingehen ist: Niemand darf davon erfahren. Warum, das weiß man nicht so genau. Denn obwohl Marianne aussieht als wäre sie in ihrer ganzen Fragilität und ätherischen Schönheit geradewegs einem Jane Austen Roman entstiegen, schreiben wir tatsächlich das Jahr 2011. Mit Internet, Globalisierung und so. Eigentlich ist es komplett egal, wer mit wem warum zusammen ist, oder sollte es zumindest sein.

Normal People

Aber nun ja: Marianne und Connell sind ein bisschen wie die beiden Königskinder, die nicht zueinanderkommen können. Sie machen sich selbst und gegenseitig das Leben schwer. Und daran ändert sich auch nichts, als die beiden aufs College nach Dublin wechseln. Ihre Wege führen sie zusammen, dann trennen sie sich wieder, etc. pp. Ein bisschen so wie in dem U2-Song, die ja auch aus Irland stammen. Erzählt wird sehr langsam, in wunderschönen, stimmungsvollen Bildern. Marianne und Connell haben hingebungsvollen und sehr explizit dargestellten Sex, der allerdings keinen Voyeurismus bedienen will, sondern es im Gegenteil schafft, die Intimität dieser Momente zu vermitteln. Dann wiederum führen Marianne und Connell bedeutungsvolle Gespräche, die vielleicht nicht ganz zu jungen Erwachsenen passen.

Viel Handlung gibt es nicht, da halten sich die beiden Regisseure an die literarische Vorlage, in der sich das meiste in den Köpfen der Protagonisten abspielt. Das Grübeln, das Hadern, das Ringen mit sich selbst und dem Leben. Was in einem Buch zugegebenermaßen einfacher zu gestalten ist als in einer Coming-of-Age-Serie. Man kann also sagen: Mit Mut zur Lücke und Mut zur Leerstelle ist hier eine alles andere als konventionelle Teen(ie)-Serie entstanden. Das ist erstaunlich, gerade in diesem leider oft ungeheuer oberflächlichen Genre. Und das ist begrüßenswert, weil es konventionellen Sehergewohnheiten zuwiderläuft und sowas meist spannend anzusehen ist. Dass die Serie nicht vollständig mit ihrer literarischen Vorlage mithalten kann, liegt vermutlich trotzdem auf der Hand.



„Normale Menschen“ wurde gerade für zwei Golden Globes – beste Miniserie und beste Hauptdarstellerin – nominiert. Die Serie ist auf Amazon Prime Starplayz zu sehen. Und wie gesagt: ein Buch gibt es auch.
Die Autorin
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Heidi@Home


Forum

  • Spitzenserie

    Das Buch hab ich nicht gelesen, aber sie Serie hat mir sehr gut gefallen. Aufwühlen, atemberaubend, aber nie „zu“ perfekt.
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    10.02.2021, 14:38 Uhr