Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Fruchtbare Verwirrung

Kobergs Klarsicht: Fruchtbare Verwirrung

Offen gebliebene Fragen können dabei helfen zu verstehen, wie Filme kommunizieren.
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von (DerKoberg)
Als 2011 „The Tree of Life“ von Terrence Malick lief, waren im Annenhofkino Zettel aufgehängt. „Dieser Film folgt keiner Handlung im klassischen Sinn“, war da in etwa zu lesen. Offenbar hatten sich zu viele Unzufriedene an der Kasse empört und das Kino wollte vorbeugen. Vor weniger langer Zeit habe ich endlich in aller Ruhe „Mulholland Drive - Straße der Finsternis“ gesehen und wühlte mich während noch der Abspann lief durch Googles Suchergebnisse, weil ich wissen wollte, wie denn das zu verstehen sei.

Es gibt Filme wie „Inception“, bei denen ein bisschen mitgedacht werden sollte, um der Logik folgen zu können. Und es gibt Filme, die sich nicht die Mühe machen, lückenlos zu erklären. Das ist oft erst einmal wenig zufriedenstellend. Wenn in Geschichten mysteriöse Dinge passieren, wollen wir auch wissen warum. Aber diese Unzufriedenheit wirkt nach und die Fragen bleiben im Kopf.

Seitens der Filmschaffenden sind offene Enden und nachhaltig verwirrende Geschichten durchaus ein Wagnis. Wenn sich auch nach und nach kein rechter Sinnzusammenhang auftut, bleibt eventuell nur die Unzufriedenheit, befeuert durch einen Hauch von Ärger, die Bilder vielleicht einfach nicht verstanden zu haben. Und manchmal entsteht der Verdacht, dass da mit Metaphern und Anspielungen herumgeworfen wurde, die gar nicht so genau wissen, was sie wollen. Refns „Only God Forgives“ wäre da ein streitbares Beispiel. Oder – aktueller – „The Killing of a Sacred Deer“ von Yorgos Lanthimos, der schon mit „The Lobster“ wunderbar verstört hat.

Derartige Filme sind für ihr Publikum oft eine spannende Gratwanderung. Schnelle Urteile haben manchmal viel mit Tagesverfassungen zu tun und Kritiken orientieren sich immer wieder merkbar aneinander. Sie laden zum Streiten ein und genau darin liegt – wenn es denn so weit kommt – ein großer Teil ihres Potenzials. Plötzlich müssen Assoziationen erklärt und Szenen analytisch zerlegt werden. Das abschließende Urteil ist dann gar nicht mehr so wichtig, weil am Weg dahin so viel über Film als Kunstform nachgedacht wurde.