Müll Mates
Müll Mates - Uwe Boll

Müll Mates - Uwe Boll

Uwe Boll ist in aller Munde. Erstens, weil er verkündet hat, keine Filme mehr zu drehen. Und zweitens, weil sein eigenes Streaming-Portal „Bollflix“ in wenigen Tagen online gehen soll.
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von (Müll Mates)
Freilich nutzen die Müll Mates diese Gelegenheit, und versuchen eine erste Annäherung an das umfassende Lebenswerk dieses Meisters des schlechten Geschmacks.

Lieber P,
Uwe Boll möchte fortan als Restaurantbesitzer agieren und beendet angeblich seine Filmkarriere! Die Erschütterung hält sich bei den meisten in Grenzen, vielmehr gibt es eher Erleichterung bei Filmkritikern und -liebhabern, gilt er nämlich als schlechtester Regisseur der Gegenwart. Grund genug, dass wir uns in unserer Kolumne – immerhin ist ja deren Untertitel „Freunde des schlechten Geschmacks“ – etwas mit ihm beschäftigen. Einen guten Einblick in sein Werk gibt wohl seine „BloodRayne“-Trilogie. Erstens basiert sie, wie die meisten seiner Filme, auf Computerspielen. Zweitens versucht Boll stets klassische Genre-Filmen zu drehen und jeder Teil von BloodRayne kann schon anhand seiner zeitlichen Verortung einem bestimmten Genre zugeordnet werden: „BloodRayne“ ist ein Ritterfilm im Mittelalter, „BloodRayne 2 - Deliverance“ ist ein Western im US-Amerika des 19. Jahrhunderts und „BloodRayne - The Third Reich“ ist ein Kriegsfilm rund um eine Widerstandsgruppe in Nazi-Deutschland. Dies wiederum ist verpackt in einen weiteren klassische Typus der Filmgeschichte, nämlich dem Vampirfilm: Protagonistin in der BloodRayne-Trilogie ist Rayne, eine sogenannte Dhampir, sie ist also Halb-Mensch, Halb-Vampir. Welches Genre trifft der nunmehrige Restaurantbesitzer Uwe in den drei Filmen für dich am besten, lieber P?

A bastard's work is never done,
J
Glück auf J,
die Frage ist relativ leicht zu beantworten: Keines! Denn egal was Boll mit seinen Filmen auch versucht: Die Streifen sind und bleiben einfach nur schlecht. Während er in seinem mittelalterlichen Teil eins wenigstens noch einfachen dramaturgischen Grundprinzipien folgt, lässt er diese in Teil zwei und drei völlig vermissen. Es geht quasi einfach um nichts. Und dieses Nichts ist darüber hinaus auch noch unglaublich langweilig und dilettantisch inszeniert. Der erste Teil wird jedoch noch einigermaßen von den Schauspielern gerettet. Denn auch das ist typisch Dr. Uwe Boll: Egal wie schlecht seine Filme auch sind, schafft er es immer wieder namhafte Schauspieler und Schauspielerinnen für sich zu gewinnen. In Teil eins wären das Michelle Rodriguez, Michael Madsen, Ben Kingsley und „Terminator 3“-Terminatrix Kristanna Loken. Dieser Cast sorgt auch für den einzigen Unterhaltungswert der Reihe. Nicht aber durch die Inszenierung, sondern vielmehr, da man ständig das Gefühl hat, dass die Schauspieler ihre Rollen überhaupt nicht ernst nehmen. So hält beispielsweise Michael Madsen sein Schwert eher wie einen Golfschläger. Oder einen Strauß Blumen. Ein Jahr nach „Kill Bill“ hätte er das sicherlich eleganter lösen können. Aber eine andere Frage: Hast du schon einmal davon gehört, dass ein Filmemacher einen Film dreht, und gleichzeitig eine Parodie davon inszeniert.

What is the name of that imitator?
P
Lieber P,
es gibt wahrscheinlich neben Uwe Boll keinen einzigen Filmemacher, der dies zustande brachte. Er drehte nämlich den dritten Teil seiner BloodRayne-Reihe und „Blubberella“ tatsächlich gleichzeitig – und damit ist nicht nur im selben Jahr gemeint, sondern fand der Dreh wirklich zeitgleich statt. Die Filme bestehen hauptsächlich aus denselben Szenen, mit dem Unterschied, dass in „Blubberella“ die sexy Protagonistin Rayne (gespielt von Model Natassia Malthe) durch die übergewichtige Blubberella (Lindsay Hollister) ersetzt, sowie die Texte verblödelt und die Darbietung slabstickartiger wurden. Man muss sich den Dreh wohl ungefähr so vorstellen: Zuerst wurde eine Szene für ersteren Film gedreht und just danach (kein Kostüm-, oder Makeupwechsel; geschweige denn andere Crew oder Cast) die passende Szene aus zweiterem. Film als reine Fließbandarbeit: Uwe Boll macht es vor.


„Blubberella“ bezieht sich auch auf eine mittlerweile zur kompletten Farce verkommene Parodie-Kultur Hollywoods, in der Millionenproduktionen auf unterstem Niveau durch den Kakao gezogen werden, um aus ihnen noch mehr Profit zu schlagen. Ein gutes und damit filmisch äußerst schlechtes Beispiel aus den letzten Jahren: „Die Pute von Panem - The Starving Games“, welches die Hunger Games-Reihe „parodiert“. Dass es immer noch armseliger geht, kann wohl nur ein Uwe Boll zeigen. Pseudomäßiges Aufbrechen der Political Correctness resultiert bei ihm in Witzen über Dicke (Stichwort: fatshaming) und weißen Schauspielern, die mit dunkler Paste im Gesicht und profaner Sprache Schwarze darstellen sollen (Stichwort: blackfacing). Hier paart sich Fadesse mit Fassungslosigkeit.

Ich träume von einer Welt, in der Pinguine ohne Aufnahmeprüfung Polizisten werden können,
J
Grüezi J,

Fadesse und Fassungslosigkeit – das beschreibt das Seherlebnis von Boll-Filmen meist recht gut. Dabei ruft er eines immer wieder in Erinnerung: Schlechte Filme können auch einfach nur schlecht sein. Denn viel zu oft haben wir uns in den letzten Jahren miese Filme angesehen und uns köstlich dabei amüsiert. Bei Boll geht das meistens nicht. Während „Sharknado“ & Co Trash zu Unterhaltung machen möchten, stemmen sich Uwes Filme wie Bollwerke gegen diese Entwicklung. Er ist so etwas wie die letzte Bastion des schlechten Geschmacks, dessen wahrer Meister und Retter. Denn nicht umsonst wird Uwe Boll auch als legitimer Nachfolger Ed Woods bezeichnet. Wie auch immer: Boll bleibt wohl der Einzige, der seine Kritiker in einem Boxkampf niedergeschlagen hat sowie ziemlich der einzige Regisseur mit einem Doktortitel. Und: Uwe Boll ist wohl auch der Einzige mit einer eigenen Streaming-Seite! Ganz genau: „Bollflix“ soll in den nächsten Tagen online gehen. Alleine schon deshalb verdient sein umfassendes Lebenswerk sicherlich noch eine weitere Betrachtung. Und wer weiß, welche Schätze auf „Bollflix“ zu finden sein werden. Wir sind gespannt!

What is this? A center for ants?
P
Der Autor
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