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Heidi@Home: Der Kaisermühlen Blues auf dem Weg zum Kultstatus

Heidi@Home: Der Kaisermühlen Blues auf dem Weg zum Kultstatus

Fast 25 Jahre nach der Erstausstrahlung gibt es das erste Fantreffen in Wien Donaustadt
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von (Heidi@Home)
Anlässlich des ersten (!) Treffens der Fans des „Kaisermühlen Blues“, einer Wiener TV-Serie, die vor fast 25 Jahren erstmals ausgestrahlt wurde, möchte ich mich heute mit dieser Produktion befassen, die offenbar in vielen Köpfen immer noch enorm präsent ist.

Das Drehbuch zur Serie wurde von Autor Ernst Hinterberger verfasst, der zwanzig Jahre zuvor mit der Produktion „Ein echter Wiener geht nicht unter“, für Furore und auch einen Skandal sorgte. Damals verzeichnete der ORF zahllose Protestanrufe, weil die Sprache der Hauptfigur „Mundl“ für viele schockierend ordinär war. Der „Blues“ erzeugte dann weniger Aufregung, obwohl er in Sachen Derbheit den „Mundl“ sehr weit hinter sich ließ. Die Zeiten hatten sich zweifellos geändert.

Im Gegensatz zur Sackbauer-Saga, die eine Familiengeschichte in Favoriten, also im Süden Wiens, erzählt, ist der „Blues“ eine Milieustudie, die in Transdanubien angesiedelt ist und das Leben der Bewohner eines großen Gemeindebaus schildert. Die allererste Szene, in der der sozialistische Bezirksrat Gneisser an der alten Donau sitzt und von den Schönheiten der Gegend spricht, mutet auch für viele Binnenland-Wiener exotisch an: sind die beiden Bezirke über der Donau doch für viele ebenso unbekanntes Gebiet wie für die Zuschauer aus den Bundesländern oder aus Deutschland. Hier, in der Donaustadt, ist auch der Sitz der UNO-City, was der Fußballer Burschi zu folgendem Resümee bringt: „Menschenfresser bräuchten wir noch und Eskimos, weil sonst haben wir durch die Scheiß-UNO eh alles da.“

Kaisermuehlen Blues

Hier bekommen alle ihr Fett weg: die Alltagsrassisten wie Joschi, die ihren eigenen Frust vor allem im Hetzen gegen Menschen mit Migrationshintergrund kanalisieren. Aber auch die engstirnigen Mieter, die sich am behinderten Franzi stören, der meint er wäre die „Fünfer“-Straßenbahn. Ebenso die Gemeindebau-Spionin, die - ausgestattet mit einem Fernglas - die anderen Bewohner überwacht, Gerüchte streut und oft genug in bösartiges Weise das Leben ihrer Mitmenschen erschwert. Aber auch die Vertreter der Großparteien, obwohl parteipolitisch diametral entgegengesetzt, doch einig in Sachen Korruption und Freunderlwirtschaft. Später taucht noch der aalglatte freiheitliche Bezirksrat Hermann Vysloczil auf. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig. Natürlich sind diese Bezirkspolitiker keine großen Fische, doch sie zeigen in ihrem überschaubaren Wirkungskreis wie Politik eigentlich nicht gemacht werden sollte, oft genug aber trotzdem verstanden wird. Dem gegenüber stehen Menschen, die sozial zwar ebenso benachteiligt sind und zu kämpfen haben, dennoch aber versuchen, sich ihren Humanismus und ein gewisses positives Bild auf das Leben zu bewahren.

Ist das nun alles komplett überzogen, eine einzige Karikatur? Natürlich arbeitet die Serie mit dem Stilmittel der Übertreibung, die feine Klinge sucht man bei Hinterberger immer vergebens und die sehr derbe Sprache, die teilweise sehr offensiven Szenen muss man schon irgendwie mögen, um Gefallen an der Serie zu finden. Aber: im Kern wird schon der Nerv getroffen, der ländliche Charakter von Kaisermühlen wird gut porträtiert und das Leben im Gemeindebau – wo man sich sehr offen die Meinung sagt, man sich gegenseitig aber auch unterstützt – wird recht zutreffend geschildert. Und gerade das Thema Fremdenfeindlichkeit versus Integration ist heute noch genauso aktuell wie es damals war. Wer mir aber immer noch nicht glaubt, was die Authentizität betrifft: dann geht halt einmal auf einen Kaffee ins „Bauchstich“ in der Schüttaustraße. Oder doch lieber zum nächsten Fantreffen des Kaisermühlen-Blues am 18. Juni dieses Jahres, bei dem auch Schauspieler der Serie dabei sein sollen.
Die Autorin
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Heidi@Home


Forum

  • Kult

    Das der Kaisermühlen Blues auf dem Weg zum Kultstatus würde ich nicht sagen. Die Serie hat schon Kultstatus. Hab ich immer sehr gern geschaut.
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    02.05.2016, 09:56 Uhr