Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Bereichernde Verwirrungen

Kobergs Klarsicht: Bereichernde Verwirrungen

Es wird immer unklarer, was eine Hauptdarstellerin ist, was eine Komödie und was eine Dokumentation. Und das ist gar nicht einmal so schlecht.
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von (DerKoberg)
Ich habe mich an dieser Stelle schon mehr als einmal darüber gewundert, dass Jennifer Lawrence für „Silver Linings“ einen Oscar als beste Hauptdarstellerin gewinnen konnte, wenn sich doch gemessen an Hauptdarsteller Bradley Cooper ganz klar im Hintergrund stand. Vielleicht ist das so wie mit österreichischen Machos, habe ich mir gedacht, die ihre Gattin als „die Chefin“ bezeichnen und ihr trotzdem nur zu Muttertag kurz Aufmerksamkeit schenken. Aber warum war Christoph Waltz Auftritt in „Django Unchained“ dann eine Nebenrolle?

Dann hat Chris Rock bei der diesjährigen Oscarverleihung sinngemäß gemeint: Wenn ihr mehr Schwarze bei den Oscars sehen wollt, macht doch eine eigene Kategorie für „Bester schwarzer bester Freund“. Und im gleichen Atemzug hinterfragte er dann die Sinnhaftigkeit der Geschlechtertrennung bei den besten Haupt- und Nebendarstellern. Wenn Frauen gleich gut schauspielen können, wie Männer, warum brauchen sie dann eine eigene Kategorie? Die Überlegung ist gar nicht so abwegig. Bei der Diagonale gibt es ja auch nur einen großen Schauspielpreis. Und den hat dieses Jahr mit Erni Mangold eine Frau gewonnen.

Jetzt hat aber auch „Der Marsianer - Rettet Mark Watney“ den Golden Globe als beste Komödie gewonnen. Oder als bestes Musical. Ich denke aber, er war als Komödie eingereicht. Das hat zwar was mit den Strategien bei der Einreichung zu tun, aber von ein paar guten Schmunzlern einmal abgesehen, hätte ich den Film doch als Action-Drama verstanden. Kompliziert.

Dass wir Österreicher und –innen uns diesen Verwirrungen gerne anschließen, hat gerade eben die Diagonale gezeigt. Als bester Spielfilm wurde ein Film ausgezeichnet, in dem sich ein Schauspieler und eine Musikerin einen Briefwechsel von verliebten Literaten vorlesen (Die Geträumten). Und im Kurzdokumentarfilm-Programm lief ein Film, der in einer inszenierten Geschichte die Wiener Kunstszene parodierte (Supercargo). Ich kenne mich da nicht mehr aus und die Profis tun es auch nicht. Auf der Seite www.filminstitut.at wird „Die Geträumten“ beispielsweise als Dokumentarfilm geführt.

Gerade im künstlerisch kreativen Bereich sind derartige Verwirrungen aber doch etwas Herrliches. Sie zeigen wie offen und durchlässig die Grenzen zwischen Genres, Wahrheitsebenen und sogar Tätigkeitsbeschreibungen sein können. Und so entstehen Filme, die erst bei der Einreichung für Wettbewerbe festlegen müssen, was sie denn eigentlich sind. Das mag eine etwas romantische Darstellung der Tatsachen sein, aber wenn man so will, spielen hier Produkte menschlicher Kreativität mit dem Definitionszwang des Systems. Da kann man sich durchaus was abschauen.
Der Autor
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DerKoberg


Forum

  • Mischmasch

    Natürlich hat es etwas Gutes, wenn Grenzen verschwimmen. Immer kann ich aber leider nichts damit anfangen. So versuchen manche Filme zu viel auf einmal zu sein und sind dabei weder Fisch noch Fleisch... und ein großes Mischmasch. Ich bin schon sehr gespannt auf den Film "Der Marsianer", denn ich habe ihn bis jetzt noch nicht gesehen - und laut Story und Bildern wirkt er ja wirklich eher wie ein Abenteuer-Weltraum-Film, anstatt einer Komödie. Vielleicht liegt diese neue Mode auch daran, dass das Rad nicht neu erfunden werden kann - viele Ideen schon einmal so da waren und Vieles einfach nichts Neues mehr ist. So würfelt man einfach ein paar Kombinationen zusammen und schaut, was dabei heraus kommt. Man muss ganz klar offen für neue Wunder sein. Vielleicht werde ich dabei ja auch noch überrascht.
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    17.03.2016, 20:07 Uhr