(k)ein fall für r2pi
@schifferl: danke für die nette rückmeldung zu den oscar-posts – es ist erfreulich zu hören, ob etwas überhaupt gelesen wird und vielleicht sogar auf interesse stößt. :)))
zur sache:
zum auswahlmodus der golden globes siehe http://www.goldenglobes.com/sites/default/files/media/golden_ globe_awards_eligibility_descriptions_0.pdf – auf vergleichsweise mageren acht seiten werden die consideration rules abgehandelt, also die wählbarkeitskriterien für film und TV-sendungen, von der auflistung der kategorien zu „category definitions“ (erwartet nicht erleuchtet zu werden:
„1. musical: a. eine komödie oder ein drama mit songs, die zusätzlich zum dialog die handlung vorantreiben.“
boah, hätt ich mir nicht gedacht. über die unterscheidung zwischen „drama“ und „comedy“ jedoch kein wort. da wird man sich noch länger über „category confusion“ und „category fraud“ die haare raufen); weiter geht’s mit dem ausschluss von voice-only-performances und von cameo-auftritten, in denen einer sich selber spielt, regeln für animations- und foreign language film, screening rules (alle mitglieder der HFP müssen eine einladung zu einem offiziellen screening im großraum los angeles erhalten haben), regeln für TV-kandidaten und – heureka! – auf seite sechs endlich die „award procedures“:
ähnlich wie bei den oscars ein teilnahmeformular für die jede produktion ausfüllen und bei der HFPA einreichen. dann wird eine HFPA reminder list mit allen qualifizierten kandidaten ausgeschickt (heuer bis zum 21.12.2015), aus denen jedes wahlberechtigte aktive mitglied bis zu fünf nominierungskandidaten (gereiht nach präferenz) auswählen soll. der ausgefüllte wahlzettel wird direkt an die accounting firm (ernst & young) weitergeschickt: mit der heiligen versicherung, weder selbst für den film/die company/deren agenten (undsoweiter) gearbeitet oder aktiv an der produktion mitgewirkt zu haben, noch ein familienmitglied, alle erhaltenen geschenke über einem wert von 95 dollar brav aufzulisten und sich seine meinung wirklich selber und ohne einflussnahme von außen gebildet zu haben.
nominiert werden in jeder kategorie – das wäre die erste stufe – die fünf kandidaten mit den meisten stimmen auf den wahlzetteln. dabei werden wie erwähnt auch die verschiedenen platzierungen beachtet (der erste platz erhält 5 punkte, der zweite 4 punkte usw.) – allerdings nur für den fall eines gleichstands an stimmen (preferential ballot extra-extralight, sozusagen).
es folgt stufe zwei: nach bekanntgabe der nominierungen wird der finale wahlzettel mit je fünf kandidaten pro kategorie an alle wahlberechtigten versendet – daraus ist jeweils ein kandidat auszuwählen und der ausgefüllte stimmzettel wieder direkt an ernst & young zu schicken (deadline für das einlangen bei den wirtschaftsprüfern ist der 6.1.2016). im falle eines stimmengleichstandes gewinnt der kandidat der beiden, der mehr stimmen im nominierungsprozess auf sich vereinen konnte. sollte trotzdem noch immer ein gleichstand bestehen, werden für die betreffende kategorie zwei preisträger gekürt.
wie man sieht, ist weder der nominierungsprozess noch das final voting auch nur annähernd so aufwändig und ausgeklügelt wie bei den oscars – die hollywood foreign press association/HFPA besteht ja nur aus etwa 90 in los angeles ansässigen filmjournalisten aus 55 ländern (aus österreich mit dabei sind barbara gasser, elisabeth sereda und hans j. spürkel); laut statuten dürfen pro jahr maximal fünf neue mitglieder aufgenommen werden. allerdings scheint der aufnahmeprozess in den „auslandspresseverband hollywood“ nicht weniger intransparent zu sein (siehe: http://www.vulture.com/2015/01/who-exactly-picks-the-golden-g lobes-winners.html) als die nominierungskriterien – oder auch die vergabe der awards selbst (allen heiligen schwüren der rechtschaffenheit zum trotz):
1968 führten gerüchte über unlautere praktiken zu einem mehrjährigen stop der lukrativen TV-übertragung durch NBC (so sollen die globes-gewinner durch lobbyismus bestimmt worden sein; außerdem wurden allfällige preisträger darüber informiert, dass im falle ihres nicht-erscheinens bei der award ceremony ihre globes anderen kandidaten zugesprochen würden). 1982 sollte pia zadora ihren globe als „new star of the year“ – trotz starker konkurrenz, und trotz ihres filmdebüts als kinderstar bereits 17 jahre zuvor – nur der finanzkraft ihres gatten zu verdanken gehabt haben (der multimillionär flog die wahlberechtigten mitglieder in sein casino ein), 2011 soll sony den wahlberechtigten HFP-mitgliedern die nominierung von the tourist als best musical/comedy mit einem vollbezahlten trip nach las vegas versüßt haben. wie gesagt: alles nur gerüchte...
wer in den globes – immerhin der zweitwichtigste filmpreis – ein verlässliches oscar-„barometer“ vermutet und sich goldene tipps für sein oscar-quiz erhofft, sei gewarnt: hier stehen glitz, glamour und allgemeine popularität der nominierten viel zu sehr im vordergrund, während bei der academy film, filmbusiness und -handwerk eine entscheidende rolle (mit)spielen. aber dafür weiß die goldenglobes-website mehrfach und eindrücklich auf die generöse wohltätigkeit der HFPA hinzuweisen – immerhin bringt die TV-übertragung der verleihungszeremonie so viel geld ein, dass allein im vergangenen jahr zwei millionen dollar in scholarships, stiftungen oder etwa die young artist foundation flossen.
(zur „category confusion“ morgen mehr.)