Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Mind the Gap

Kobergs Klarsicht: Mind the Gap

Wer über Filme schreibt, vergisst gerne einmal auf die Intentionen des Publikums.
derkoberg_e0b93f0909.jpg
von (DerKoberg)
In Magazinen und Foren, die sich der Welt der digitalen Spiele widmen, kommt es immer wieder zu Diskussionen, ob sich die Meinungen professioneller Kritiker nicht häufig zu weit von der Wahrnehmung der Spielenden entfernt. Die einen geben sich Mühe, nach objektiven Gesichtspunkten zu nachvollziehbaren Urteilen zu kommen und die anderen spielen, was ihnen in der jeweiligen Situation Spaß macht. Im Umgang mit Filmen ist eine derartige Diskussion kaum wahrnehmbar, ich möchte aber behaupten, dass sie fruchtbar wäre.

Filme werden in erster Linie als Unterhaltungsmedien konsumiert und von professioneller Seite vorrangig als Kunstwerke beurteilt. Die Kluft zwischen Kritiker-Lieblingen und Kassenerfolgen ist also wenig erstaunlich – und natürlich auch in Ordnung. Filme können so vieles sein und aus so vielen Perspektiven beurteilt werden. Die Frage ist aber häufig: Für wen? Wenn eine Tageszeitung wie Kleine oder Krone Kritiken veröffentlichen, dann will die Mehrheit der Leserinnen und Leser – so meine Vermutung – eine Entscheidungshilfe bei der Planung eines unterhaltsamen Abends. Der Anteil derer, die auf der Suche nach lohnendem Kunstgenuss die Kino-Seiten der Tageszeitungen durchforsten, ist wahrscheinlich ein geringer. Also für wen wird
geschrieben?

Gleichzeitig ist es sprachlich versierten Menschen aber auch viel einfacher zu erklären, warum Hanekes „Das weiße Band“ ein großartiger Film ist, als warum man sich das Youtube-Video von der Arschbombe auf den zugefrorenen See noch drei Mal angesehen hat. Beides bewegt Menschen und wenn es um zahlen geht hat die Arschbombe die Nase weit vorne, genau wie „Hangover 3“ oder „Fack ju Göhte 2“.

Natürlich ist es nicht die Aufgabe der Schreiberlinge, der Meinung der Massen zu entsprechen. Gerade die unerwarteten Positionen regen zum Nachdenken an. Aber die Intentionen der Leserschaft und des Kinopublikums können durchaus eine Grundlage für kritische Überlegungen sein. Auch Spiele haben einen künstlerischen Anspruch. Aber sie sind eben auch technische Produkte und sie sollen unterhalten. Und alle drei dieser Ebenen werden in Kritiken diskutiert und miteinander in Verbindung gesetzt. Trotzdem gibt es natürlich auch dort die Kluft zwischen Kritiker- und Spielermeinung, aber der Prozentsatz der Spielenden, die sich tatsächlich an den Kritiken orientieren ist wohl weit höher als jener der Kinogänger. Den einen oder anderen Denkanstoß können wir uns dort also durchaus holen.
Der Autor
derkoberg_e0b93f0909.jpg
DerKoberg


Forum

  • Nicht leicht

    Wie schwierig es ist, Kritiken zu schreiben, sieht man erst, wenn man selber eine schreibt. Zumindest mir ging das so. Zwar habe ich eigentlich immer sofort ein paar Grundgedanken im Kopf, was ich über den jeweiligen Film alles gerne mitteilen möchte, doch wenn es darum geht, das auch zu Papier zu bringen, kann sich das doch recht lange ziehen. Denn dann kommt schon öfter mal die Frage, ob der Satz für einen Leser eigentlich interessant ist, ober ob ich da gerade eine „No na“-Bemerkung schreibe. Zu beachten, für wen der Film eigentlich gedacht war, ist – meiner Meinung nach – dann besonders bei der Bewertung wichtig. Ich versuche dabei immer, den Film mit anderen im gleichen Genre zu vergleichen.
    Mit der Zeit sieht man Filme dann schon mit etwas anderen Augen und es fallen einem schon Dinge auf, die für eine gute Kritik vielleicht wichtig sind - doch es wird dadurch aber nicht unbedingt leichter, diese dann auch zu schreiben.
    schifferl_8ecab76654.jpg
    27.09.2015, 20:37 Uhr
  • Gute Nachdenkanregung

    Für uns, die wir immer wieder Filme rezensieren, ist diese Kolumne eine sehr wertvolle und gute Nachdenkanregung. Schließlich meinen es Filmkritiker ja prinzipiell immer gut mit ihrer Leserschaft, auch wenn sie sich einem FIlm aus künstlerischer Perspektive nähern. Besonders auf Filmfestivals passiert das immer wieder: frenetischer Kritikerjubel, Desinteresse beim Publikum oder umgekehrt: Überhäufung mit Preisen, Fassungslosigkeit beim Publikum. Ich persönlich halte es bei meinen Rezensionen meistens so, dass ich genau jenen "Stakeholder-Value" des Kinobesuchers berücksichtige, der einfach einen tollen Kinoabend erleben will. Und so mancher Preisträger fiel daher bei mir durch und umgekehrt - deshalb.
    uncut_profilbild_558ce708a7.jpg
    23.09.2015, 19:54 Uhr
  • Subjektivität...

    Man darf keineswegs den Fehler machen und allen Kritikern trauen, da bin ich auch schon darauf gekommen, vor allem, was den Spiele bzw. Gaming-Sektor angeht. Ich habe mir häufig Videos eines gewissen Youtubers angesehen, der gewisse Games einfach nur in der Luft zerissen hat. Tja, und was ist? Ein paar Wochen später, widerspricht er sich selbst und findet das Spiel auf einmal selbst genial. Es gab kürzlich auch erst einen Bericht darüber, dass Youtuber und Blogger oft bezahlt würden, um gewisse Meinungen zu vertreten. Wenn man dann ein Spiel auch noch gratis bekommt, lobt man es natürlich gleich viel mehr. Generell orientiere ich mich bei Filmen schon an den Kritiken, verstehe aber auch, dass Filme wie Hangover 3 bestimmt gewissen Gruppen von Leuten gefällt, mir aber nicht. Es kam aber auch schon vor, dass Filme, die voll schlecht bewertet wurden, mir auf einmal gefallen haben und das richtig. Also muss man immer für sich selbst entscheiden, was man sich antut, und ob es die Zeit wert ist :-) Oft erkennt man eh schon am Cast, dem Regisseur oder am Trailer, ob man den Film mag oder nicht.
    1546434165-129608-zoom-500x600_c2da3c7708.jpg
    23.09.2015, 18:24 Uhr