Es ist eine schwierige Entscheidung, wie weit man mit seinen Scherzen gehen kann und darf und vor allem, ob man es schafft, das sehr steife Publikum im Auditorium aufzulockern, ohne es zu verstören, aber auch nicht zu beliebig zu bleiben. Nun ja, es sind natürlich dieselben Leute, die man bereits einen Monat zuvor bei den Golden Globes beobachtet hat, damals haben sie oft gelacht und getrunken und am Tisch gelümmelt, aber bei den Oscars ist das anders. Der Rahmen ist feierlicher, ja fast förmlich, bei den Beteiligten herrscht wesentlich mehr Anspannung und Nervosität. Witze an der Grenze zur Geschmacklosigkeit, die bei den Globes gut funktionieren, machen die Stars bei den Oscars mitunter unrund bis aggressiv.
Wenn man auf der Bühne steht, um die Academy Awards zu hosten, dann ist das nicht der Ort für nerdige Indie-Späßchen, für Insider-Humor oder extreme Grenzüberschreitungen. Das musste Chris Rock 2005 schmerzlich zur Kenntnis nehmen, als er von Sean Penn für seine Witze über Jude Law gemaßregelt wurde (was Penn offenbar in diesem Jahr vergessen hat und selbst einen Gag eingestreut hat, der ihm sogar Rassismus-Vorwürfe einbrachte). Es wird weder goutiert, wenn der Moderator cool bis zur Teilnahmslosigkeit ist (James Franco 2011), noch wenn die Moderatorin hyperaktiv und schrill agiert (Anne Hathaway, ebenda 2011). Selbst wenn man souverän einen täglichen Late Night Talk abspult und eine dementsprechende Fanbase hat, heißt das nicht, dass subversive Jokes beim Publikum ankommen, wie David Letterman seit 1995 weiß.

Besser hat Billy Crystal dieses Geschäft vor allem in den 1990er Jahren verstanden, er war zwar vielleicht nicht für die innovativsten Witze bekannt, hat diese aber perfekt vorbereitet und mit beneidenswerter Lockerheit performt. Wenn man eine angeborene, sehr große Selbstsicherheit hat wie Whoopi Goldberg (auch in den Neunzigern) oder Ellen DeGeneres (unter anderem im vergangenen Jahr), dann ist das für diesen Job absolut von Vorteil. Bei seiner Moderation sollte man sich generell auf seine Stärken besinnen, weshalb Hugh Jackman mit seinen Tugenden, gut singen und tanzen zu können, zumindest Respekt erntete.

Ähnliches erwartete man 2015 auch von Serien-Star Neil Patrick Harris („Doogie Houser“ & „How I Met Your Mother“), der als Host verschiedener anderer Award-Shows bereits auf sich aufmerksam machte. Und dennoch: von ihm erhoffte man sich doch mehr als eine perfekt choreographierte Musicalnummer, die er auch ablieferte. Da sollte noch etwas anderes dahinter sein, sowas wie ein Barney Stinson light, bissig und am Punkt, aber dennoch sympathisch. Geht das überhaupt? Gerade beim Stand-Up und der Interaktion mit dem Publikum hatte Harris überraschenderweise seine Schwierigkeiten. Es war als würden seine Gags nicht richtig zünden oder ungehört verhallen. Jedenfalls war die Resonanz im Zuschauerraum eher verhalten, konstant heitere Stimmung im Saal wollte sich nicht so recht einstellen. Die erhoffte Offenbarung als Oscar-Host einer neuen Generation war Harris darum leider nicht.
Mein persönlicher Favorit bleibt damit immer noch Jon Stewart, der die Show in den Nullerjahren zweimal hostete. Und mein absolutes Highlight dabei, seine spontane (so schien es zumindest) Reaktion auf die Gewinner der Song-Kategorie 2006 mit dem Titel „It’s hard out here for a pimp“. Stewart ganz trocken, den Oscar-Triumph kommentierend: „You know what? I think it just got a little easier out here for a pimp!“
Wie fandet Ihr Neil Patrick Harris’ Performance?