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Heidi@Home: And the Oscar for best host goes to...

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Do’s and do not‘s als Gastgeber der Academy Awards – und wie sich Serienstar Neil Patrick Harris geschlagen hat
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von (Heidi@Home)
Die Oscar-Verleihung in Hollywood zu moderieren, hat ein bisschen was vom am-Songcontest-teilnehmen hierzulande. Wenn man es richtig anstellt, kann es sehr förderlich für die Karriere und die Brieftasche sein, das Risiko aber, einen Reinfall zu produzieren, ist relativ hoch. Ein Geheimrezept, wie man beim Publikum reüssieren kann, gibt es hier wie da nicht. Aber einiger Dinge sollte man sich als ModeratorIn der wichtigsten Filmpreise der Welt bewusst sein:

Es ist eine schwierige Entscheidung, wie weit man mit seinen Scherzen gehen kann und darf und vor allem, ob man es schafft, das sehr steife Publikum im Auditorium aufzulockern, ohne es zu verstören, aber auch nicht zu beliebig zu bleiben. Nun ja, es sind natürlich dieselben Leute, die man bereits einen Monat zuvor bei den Golden Globes beobachtet hat, damals haben sie oft gelacht und getrunken und am Tisch gelümmelt, aber bei den Oscars ist das anders. Der Rahmen ist feierlicher, ja fast förmlich, bei den Beteiligten herrscht wesentlich mehr Anspannung und Nervosität. Witze an der Grenze zur Geschmacklosigkeit, die bei den Globes gut funktionieren, machen die Stars bei den Oscars mitunter unrund bis aggressiv.

Wenn man auf der Bühne steht, um die Academy Awards zu hosten, dann ist das nicht der Ort für nerdige Indie-Späßchen, für Insider-Humor oder extreme Grenzüberschreitungen. Das musste Chris Rock 2005 schmerzlich zur Kenntnis nehmen, als er von Sean Penn für seine Witze über Jude Law gemaßregelt wurde (was Penn offenbar in diesem Jahr vergessen hat und selbst einen Gag eingestreut hat, der ihm sogar Rassismus-Vorwürfe einbrachte). Es wird weder goutiert, wenn der Moderator cool bis zur Teilnahmslosigkeit ist (James Franco 2011), noch wenn die Moderatorin hyperaktiv und schrill agiert (Anne Hathaway, ebenda 2011). Selbst wenn man souverän einen täglichen Late Night Talk abspult und eine dementsprechende Fanbase hat, heißt das nicht, dass subversive Jokes beim Publikum ankommen, wie David Letterman seit 1995 weiß.



Besser hat Billy Crystal dieses Geschäft vor allem in den 1990er Jahren verstanden, er war zwar vielleicht nicht für die innovativsten Witze bekannt, hat diese aber perfekt vorbereitet und mit beneidenswerter Lockerheit performt. Wenn man eine angeborene, sehr große Selbstsicherheit hat wie Whoopi Goldberg (auch in den Neunzigern) oder Ellen DeGeneres (unter anderem im vergangenen Jahr), dann ist das für diesen Job absolut von Vorteil. Bei seiner Moderation sollte man sich generell auf seine Stärken besinnen, weshalb Hugh Jackman mit seinen Tugenden, gut singen und tanzen zu können, zumindest Respekt erntete.



Ähnliches erwartete man 2015 auch von Serien-Star Neil Patrick Harris („Doogie Houser“ & „How I Met Your Mother“), der als Host verschiedener anderer Award-Shows bereits auf sich aufmerksam machte. Und dennoch: von ihm erhoffte man sich doch mehr als eine perfekt choreographierte Musicalnummer, die er auch ablieferte. Da sollte noch etwas anderes dahinter sein, sowas wie ein Barney Stinson light, bissig und am Punkt, aber dennoch sympathisch. Geht das überhaupt? Gerade beim Stand-Up und der Interaktion mit dem Publikum hatte Harris überraschenderweise seine Schwierigkeiten. Es war als würden seine Gags nicht richtig zünden oder ungehört verhallen. Jedenfalls war die Resonanz im Zuschauerraum eher verhalten, konstant heitere Stimmung im Saal wollte sich nicht so recht einstellen. Die erhoffte Offenbarung als Oscar-Host einer neuen Generation war Harris darum leider nicht.

Mein persönlicher Favorit bleibt damit immer noch Jon Stewart, der die Show in den Nullerjahren zweimal hostete. Und mein absolutes Highlight dabei, seine spontane (so schien es zumindest) Reaktion auf die Gewinner der Song-Kategorie 2006 mit dem Titel „It’s hard out here for a pimp“. Stewart ganz trocken, den Oscar-Triumph kommentierend: „You know what? I think it just got a little easier out here for a pimp!“

Wie fandet Ihr Neil Patrick Harris’ Performance?
Die Autorin
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Heidi@Home


Forum

  • ORF Pausenprogramm

    Ich muss zugeben, dass ich auch schon bessere Oscarmoderationen gesehen habe, als die von Neil Patrick Harris. Aber wie schon richtig angemerkt hatte er natürlich viel weniger Sendezeit für sich als früher, wo die Show deutlich länger gedauert hat.

    Was mich aber diesbezüglich sehr gestört hat, ist die Übertragung des ORF. Grundsätzlich finde ich die Moderation in den Pausen von Nadja Bernhard und Alexander Horwath ja auch gelungen und informativ. Es ist aber nur das Pausenprogramm der Oscarverleihung und nicht umgekehrt. Horwath hat einige male einfach nicht zur reden aufgehört während im Hintergrund die Oscarverleihung schon wieder längst weitergegangen ist. Und so hat man einige Teile der eh schon kurzen Moderationen von Neil Patrick Harris gar nicht mitbekommen.

    Pro Sieben war hier diesmal leider auch keine Alternative. Ich habe es am Anfang versucht, aber gerade bei der interessantesten Moderation am Anfang hatten die einen längeren Ausfall bei der Übertragung.
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    24.02.2015, 19:28 Uhr
  • Harris

    Ich habe mir die Oscars nicht live angesehen, aber beim Autofahren am nächsten Morgen bereits im Radio einige negative Rückmeldungen über Neil Patrick Harris gehört. Hat er etwa wirklich Nicole Kidman als Mann vorgestellt? Um gottes Willen! Ich habe mir dann zuhause ein paar Videos angesehen und fand ihn leider auch nicht gerade atemberaubend. Solche Auftritte können leider einer Karriere einen Dämpfer geben. Ob er wohl bald wieder in einer Awardverleihung der Gastgeber sein wird? Das wage ich leider zu bezweifeln. Ich verstehe jedoch nicht, dass er so eine Leistung bringen konnte. Es müsste doch sicher Proben der Verleihung geben und auch jemanden, der Rückmeldungen darüber gibt. Wie dann so etwas passieren kann wie bei der diesjährigen Verleihung, verstehe ich nicht ganz.
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    24.02.2015, 13:52 Uhr
  • Für alle Zeit vorbei

    Auch meine Favoriten sind Billy Crystal und Jon Stewart. Neil Patrick Harris war eine große Enttäuschung. Was sollte dieses endlose Grinsen nach den (eben teils nicht zündenden) Pointen? Das sah richtig verzweifelt aus teilweise. Abgesehen von der ersten Gesangsnummer hatte er meiner Meinung nach echt null zu bieten, sehr sehr schade.

    Ich denke aber auch, dass die Zeiten vorbei sind, in denen der Host wie einst Billy Crystal die Show so regiert. Die Zeit der Hosts wird immer mehr beschnitten, früher gab es noch zehn, fünfzehn Minuten lange Sequenzen am Anfang, wo ein guter Gag den nächsten jagte. Heute wird alles immer sauberer, kürzer und damit fader. Ich glaube nicht, dass sich Highlights wie Crystal nochmal wiederholen werden, die Sendung hat sich einfach davon weg entwickelt.

    Ach, ich fand auch Seth McFarlane ziemlich gut und das begleitende "Konzept". Ich summe heute noch manchmal "We saw your boobs" vor mich hin ;-)
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    24.02.2015, 10:17 Uhr
    • Spannende Analyse

      Und eine gute Beobachtung, dass die Krise des Hosts vielleicht mit der veränderten Rolle bzw. dieser nicht-Festlegung, was vom Host erwartet wird, zu tun haben kann.

      Die Zeitfrage spielt definitiv auch eine Rolle!
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      24.02.2015, 12:53 Uhr