Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Aufgefrischte Rechtschaffenheit

Kobergs Klarsicht: Aufgefrischte Rechtschaffenheit

Der inhaltliche Erfolg von Filmen wie „12 Years a Slave“ steht und fällt mit dem Publikum, das sie mit ihren Botschaften erreichen.
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von (DerKoberg)
Da strömen wir also in die Lichtspielhäuser, wir bildungsnahen Sozial-Liberalen der westlichen Welt und lassen uns bildgewaltig aufklären, über die Gräuel der Sklavenhaltung. Nichts, was wir nicht schon gewusst hätten, aber doch eine Unter-die-Haut-Erfahrung, wenn Chiwetel Ejiofor in Steve McQueens „12 Years a Slave“ ums Überleben und um die Freiheit kämpft.

Unmenschlichkeiten, denen der aufgeklärte, humanistische Geist ein Ende gesetzt hat – und ein Anlass dafür, uns selbstzufrieden auf die Schultern zu klopfen in seltener Einhelligkeit, dass dieser Teil unserer Geschichte zweifelsfrei unrecht war.

Sie hat etwas Verbindendes, die ausnahmslose Betroffenheit des Publikums beim Verlassen des Saals und das ist gut so, aber auch absehbar, stehen doch die ideologischen Grundthesen des Films außer Frage. Niemand würde heute noch offen bezweifeln, dass es verwerflich ist, Menschen wie Vieh zu halten.

Immer wieder werden eindrucksvolle Filme gemacht, mit großen Botschaften der Menschlichkeit. „Schindlers Liste“ etwa oder „Amistad“, die das Gerechtigkeitsempfinden ihres Publikums wachrütteln, aber letztendlich nur wieder emotional erlebbar machen, was uns im Grunde doch ohnehin bewusst ist. Ganz gleich, ob es die Verurteilung der Sklavenhaltung oder der Judenverfolgung oder eines anderen unübersehbaren Unrechts ist. Und immer wieder entsteht der Eindruck, dass diese Filme fast ausschließlich jene erreichen, die ihre ohnehin schon liberalen Werte wohlwollend bestätigt sehen.

Es macht schon Sinn, dass auch die Grundwerte, wie sie in der Erklärung der Menschenrechte festgehalten sind, von den großen Medien immer wieder zur Diskussion gestellt werden, auch wenn an ihnen – dem Himmel sei Dank – öffentlich kaum mehr gerüttelt wird. Freilich gäbe es da auch brennendere Themen mit echterem Aufrüttelpotenzial – „Hotel Ruanda“ hat sich einem solchen Thema gewidmet, damit aber vorhersehbar die Massen verfehlt. Trotzdem ist „12 Years a Slave“ ein wunderbarer Film, aber es bleibt zu hoffen, dass er nicht nur jene erreicht, die ihre ohnehin schon vorhandenen, wenn auch müde gewordenen liberalen Ideologien vor einem heroischen Setting aufs Neue beklatschen wollen.