Müll Mates
Müll Mates - Die Freunde des schlechten Geschmacks

Müll Mates - Die Freunde des schlechten Geschmacks

Patrick und Josko widmen sich in der neuen Kolumne „Müll Mates“ ganz dem Thema Trashfilme.
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von (Müll Mates)
Lieber P,

wir sollten ein Kolumne machen... etwas über Trashfilme! Die Kolumne sollte wie ein Briefwechsel gestaltet sein: der eine schreibt etwas, der andere antwortet ihm. Anfangen könnten wir ja z.B. mit „Machete Kills“! Rodriguez' und Tarantinos Grindhouse-Projekt – „Death Proof - Todsicher“ und „Planet Terror“ – waren Filme die Trash sein wollten: z.B. mit pseudo-analogen Schlieren, die das Bild durchsetzen und zerschlissene Filmrollen symbolisieren sollen. „Machete“ – also der erste Teil – hingegen, ein Film der aus einem Fake-Trailer des Gindhouse-Projekts entstand, ist vielmehr ein echter Trashfilm; nicht nur aufgrund seiner geringen Produktionskosten (10,5 Mio. Dollar stehen hier entgegen den 67 Mio. der Grindhouse-Produktion). Und auch das Bild ist nicht mehr analog: denn das neue Low-Budget ist der Digitalfilm! So versteckt sich „Machete“ auch nicht hinter (pseudo-)analogen Kratzern, sondern zeigt stolz sein digitales, colorgegradetes Bild. Findest du nicht, dass auch der zweite Teil – „Machete Kills“ – ein gutes Beispiel für Trash ist?

Yippie-Kai-Yay Motherfucker,
J

Hi-Dee-Ho,

Jein! Ich finde vielmehr, dass „Machete Kills“ nur ein mittelmäßig gutes Beispiel ist, um unsere Trash-Kolumne zu eröffnen. Ja, in dem Film lassen sich einerseits eindeutig als Trash kategorisierbare Elemente erkennen. Beispielsweise sind da schlecht gemachte Splattereffekte (siehe Gummiköpfe und billig wirkendes CGI) und ein Drehbuch, das von Szene zu Szene versucht, sich selbst an Unsinnigkeiten zu übertreffen. Außerdem ändert sich Danny Trejos Gesichtsausdruck im Film so oft, wie Arnold Schwarzeneggers Akzent es während der 80er tut. Dennoch ist „Machete Kills“ als Trashfilm ebenso schizophren wie dessen Figur Mendez. Denn auch wenn das Produktionsbudget von 12 Millionen im Hollywood-Vergleich lächerlich erscheint, ist es im Gegensatz zu „eindeutigen“ Trashfilmen geradezu utopisch hoch. Wenn man nun zusätzlich noch davon ausgeht, dass Trash (was ja nichts anderes als Müll bedeutet) als Antikunst (also dem Gegenteil von Kunst, als Geschmack- und Talentlosigkeit in Reinkultur) gesehen werden kann, so muss man klar sagen, dass Rodriguez' neuestes Werk nicht als klarer Trashfilm betrachtet werden kann. Vielmehr als bis ins kleinste Detail durchgeplantes und meisterlich (schlecht) inszeniertes, popkulturelles, ironisches Zitat eines Trashfilms. Er erhebt vielmehr Antikunst zu Kunst.

Hercules doesn't need any money,
P

Lieber P,

Den Punkt damit, dass 12 Mio. Dollar natürlich nicht extrem wenig sind, muss ich dir lassen. Ansonsten ist Trash-Film doch viel mehr als nur tatsächlich (unabsichtlich) schlechter Film. Ich finde gerade in meiner filmwissenschaftlichen Bibliothek nichts dazu, deswegen muss Wikipedia herhalten. Das nennt „den bewusste(n) Einsatz (von) schlechte(n) Stilelemente(n)“ „kultivierten“ Trashfilm. Das klingt nach einer nicht wirklich gängigen Definition (um nicht zu sagen: Wikipedia ist wohl das einzige „Nachschlagewerk“, das einen „kultivierten Trashfilm“ kennt). Doch bedienten sich nicht schon Exploitation-Filme in den 70ern und 80ern absichtlich schlechter filmischer Mittel? Quasi der Mangel eines großen Produktionsbudgets wird umgekehrt und dann erst recht stümperhaft gedreht. Oder in späteren Low-Budget-Filmen, die ihre billigen, computergenerierten Spezialeffekte nach außen kehren. Oder ist das dann kein Trash mehr, sondern..?

The D is silent,
J

Glück Auf,

Natürlich hast du in all diesen Punkten auch recht. So muss man zwischen unfreiwilligem Trash, wie etwa „Herkules in New York“, „Plan 9 from Outer Space“ oder auch „Diana“ und gezielt inszeniertem (laut Wikipedia „kultiviertem“) Trashfilm („Iron Sky“, „Atomic Hero“ oder „Sharknado“) unterscheiden. „Machete Kills“ ist natürlich zu zweiterer Gattung zu zählen. Dennoch erweitert der Film diese ohnehin nicht ganz eindeutige Einteilung um eine weitere Spielart: Den Trashfilm, der nur mehr ein Zitat eines Trashfilms ist. Die Exploitationsfilme der 70er und 80er würde ich im Gegensatz dazu jedoch im Bereich eines durchaus noch ernst gemeinten Genrekinos ansiedeln, das sich selbst nur bedingt als Trash sieht. Regie und Schauspieler waren dabei stets dilettantisch und es wurde versucht, eine affektive Wirkung auf das Publikum zu erzielen. Auf „Machete Kills“ treffen diese Charakteristika jedoch nicht zu. Sinnbildlich zur Abgrenzung zum Exploitationkinos ist etwa die Szene, in der die Puffmutter einen männlichen Sklaven um des Quälens Willen quält und anschließend tötet. Doch wirklich grausam, ekelig oder sonst was, ist die Szene nicht. Sie verstört den Zuseher nicht so, wie es etwa ein italienischer Naziploitation-Film getan hätte. Sie löst keine Gefühlsregung aus, an der sich der sadistische Zuseher erfreuen könnte. Es handelt sich vielmehr um ein Zitat eines Exploitationfilms. Denn immerhin ist Rodriguez ein Meisterregisseur, dessen gut eingesetztes Wissen um die Abgründe der Filmkultur und des schlechten Geschmacks wohl nur von Tarantino getoppt werden kann. Und dann sind da noch die Schauspieler. Da sind Leinwandgrößen wie Mel Gibson, Charlie Sheen, Antonio Banderas und Konsorten, die je nachdem wie es die Situation erfordert, ihr Bestes oder Schlechtestes geben können. Doch immer ist es große Schauspielkunst, die mit Trash nur noch wenig zu tun hat (Und ja: Lady Gaga ist natürlich Trash pur!).

Gepriesen seien die Skifahrer,
P

Lieber P,

Leinwandgrößen hin, Stars her: beispielsweise Charlie Sheen als Präsidenten oder Mel Gibson überhaupt zu besetzen, ist schon grundsätzlich subversiv. Da braucht der Film gar nicht mehr durch seine visuellen Grauslichkeiten zu schockieren, die „politische“ Ebene bleibt trotzdem! Es ist nämlich durchaus korrekt: die „Machete“-Reihe spielt zwar mit Eingeweiden, aber niemals so, dass einen diese wirklich zum Ekeln bringen.

Aber insgesamt wäre das doch schon mal ein guter Anfang für die Kolumne: schreiben wir nicht über „Machete Kills“, sondern wie unterschiedlich (definiert) Trashfilm sein kann. Wie er mit seinen unbeholfenen oder souveränen Dilettantismus unterhalten kann, wie er durch die Bildgewalt oder durch die Handlung gesellschaftliche Grenzen überschreitet. Ich finde wir sollten uns mit UNCUT.at in Kontakt setzen. Die könnten das publizieren...

Let off some steam,
J
Der Autor
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Müll Mates


Forum

  • Großartig!

    Auch das explosive Logo der Müll Mates. Ich will mehr!
    themovieslave_d00814b111.jpg
    25.01.2014, 16:02 Uhr
  • originelle Idee

    ... Und noch dazu mit viel Witz und Esprit umgesetzt! Yeah, M********er! ;-)
    uncut_profilbild_558ce708a7.jpg
    23.01.2014, 08:07 Uhr
  • Daumen hoch!

    Das hat mir sehr gefallen, freue mich auf mehr!
    lex217_0d8e49e998.jpg
    22.01.2014, 17:43 Uhr
  • Genial

    Jungs, ich freue mich sehr über Eure neue Kolumne und hoffe auf zahlreiche ähnlich Trash-Beiträge :-)
    leandercaine_0fc45209c9.jpg
    22.01.2014, 16:41 Uhr