Diagonale
Diagonale 2012 - Tag 3

Diagonale 2012 - Tag 3

Heute gab es tiefe Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele – in die Pädophilie. Manches ließ auf einen Lichtschimmer hoffen, doch nicht immer sind Dinge so, wie sie scheinen.
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von (marie_r)
Ein „freier“ Vormittag, denn meine Filme starten erst später. Als Nicht-Grazerin darf ein Weg natürlich nicht fehlen – der auf den Schlossberg. Allerdings ist der Weg zurück in die Stadt doch ein längerer, als gedacht, was fast dazu geführt hätte, dass ich den ersten Film versäume – „Stillleben“. Die Stimmung im Kino war anfangs noch fröhlich, einige unterhielten sich, viele lachten. Doch dann startete der Film und alles war mucksmäuschenstill. Alle starrten gespannt auf die Leinwand, sich immer fragend „Was wird als nächstes passieren?“. Sebastian Meise zeigt in „Stillleben“ Abgründe eines Familienvaters, die seit Jahren unentdeckt blieben. Nach dem Film gaben die beiden Autoren des Buches, Sebastian Meise und Thomas Reider, die für das Drehbuch zum Film den „Thomas Pluch Würdigungspreis“ erhielten, dem Publikum die Möglichkeit Fragen zu stellen.

Für mich allerdings war dies keine Option, weil es schon wieder weiter ging in den nächsten Film. Wieder Pädophilie, wieder Sebastian Meise und Thomas Reider, diesmal allerdings kein Spiel- sondern eine Dokumentarfilm – „Outing“. Er erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der sich offen dazu bekennt, pädophile Neigungen zu haben, die er allerdings nicht auslebt. Es gibt viele solche Fälle in Deutschland und nun eine erste Studie dazu: die Charitè Berlin bietet Menschen mit pädophilen Neigungen ihre Hilfe an, damit diese nicht zu Tätern werden. Das Ganze läuft unter dem Namen „Kein Täter werden“.

Vier Jahre lang haben Meise und Reider Sven (so nennen sie den Protagonisten des Films) begleitet. Vier Jahre in denen sich Wohnort, Verhalten, Sprechweise des Mannes verändert haben. Auch nach diesem Film standen sie zum Gespräch bereit und die Fragen waren vielzählig. „Wie geht man damit um?“, „Glaubt man diesem Menschen, dass er seine moralischen Vorstellungen einhält?“, „Wie hat sich euer Leben, eure Einstellung geändert?“, solche und ähnliche Fragen galten den beiden.

Nach einer kurzen Verschnaufpause, die ich nach diesem heiklen Thema dringend nötig hatte endete der Abend mit „Qvid Tvm“ von Mara Mattuschka und Reinhard Jud. Ein etwas experimentell angehauchter Spielfilm, der von einer Vermieterin, ihrer Tochter und den unterschiedlichsten Mietern erzählt. Nach dem Film standen viele der Hauptdarsteller und die beiden Autoren zum Gespräch bereit. Ein sehr lustiges, lockeres Gespräch über Geld, Kameraführungen, Kinder,...

Nach getaner Arbeit gönne ich mir noch etwas Ruhe, ein Glas Wein und Schlaf. Und morgen, nach der Preisverleihung, werden wir sehen, was in diesem Jahr die Diagonale geprägt hat.