Caines Corner
Caines Corner: Die Oscarverleihung

Caines Corner: Die Oscarverleihung

Orientierungslosigkeit bei der 84. Oscarverleihung?
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von (LeanderCaine)
Billy Crystal, der wahrscheinlich beliebteste Moderator der Oscar-Verleihungen, feiert sein fulminantes Comeback. Die Oscarverleihung tut das aber leider nicht. Es ist offensichtlich, dass der Mut zu experimentellen und außergewöhnlichen Filmen fehlt. Man könnte sagen, dass „The Artist“ in schwarz/weiß ist bzw. ohne Dialoge auskommt. Und aus Frankreich stammt der Film noch dazu. 5 Oscars – unter anderem in den Königskategorien für Film, Regie und bester Darsteller sind der Lohn. Wenn man etwas genauer hinschaut, dann versteht man, dass „The Artist“ nur deshalb belohnt wurde, da er nicht in einer Fremdsprache präsentiert wird, sondern eben ein Stummfilm ist. Der Film markiert die Wende von Stumm- zum Tonfilm. Heutzutage haben wir eine ähnliche Revolution, nämlich die Umstellung von analogem Film ins digitale Zeitalter. Die Geschichte wiederholt sich. Wer sich mit dem neuem Medium nicht beschäftigt, könnte auf der Strecke bleiben.

Hugo Cabret“ ist trotz gleich vieler Oscars wie „The Artist“ eindeutig der Loser des Abends, da er nur in technischen Kategorien ausgezeichnet wurde. Martin Scorsese muss aber seiner Kunst niemanden mehr beweisen. Ähnlich sieht es auch Woody Allen, der gar nicht zur Verleihung kommt, da er dem Konkurrenzdenken nichts abgewinnen kann. Den Drehbuchoscar für „Midnight in Paris“ bekommt er trotzdem. Ein Film wie ein Werbespot für Paris gewinnt mit einer Story, die niemandem weh tut.

Bei den Darstellerpreisen freute ich mich besonders für Christopher „Sie müssen Shakespeare im klingonischen Original lesen“ Plummer, der mit 82 Jahren einen neuen Altersrekord aufgestellt hat. Diese Anerkennung gilt seinem filmischen Lebenswerk. Der Abend gehörte aber der „eisernen Lady“ Meryl Streep, die mit dem 3. Oscar und 17 Nominierungen ebenfalls einen fixen Platz in der Filmgeschichte einzementiert hat. Sie genoss ihre 45 Sekunden sehr, da sie meinte, dass das bestimmt ihr letzter Auftritt als Gewinnerin bei den Awards sei. Alexander Payne, der bereits für „Sideways“ mit dem Oscar belohnt wurde, hat wie einst Javier Bardem seiner Mutter den 2. Oscar für das beste adaptierte Drehbuch für „The Descendants“ gewidmet.

Sandra Bullock überraschte bei der Verleihung des Oscars für den besten nicht englischsprachigen Film mit ihren ausgezeichneten Deutschkenntnissen. Mit „Nader und Simin - Eine Trennung“ gewann erstmals ein Werk aus dem Iran. Die Macher hoffen auf eine Beruhigung der aktuellen politischen Krise und würden sich freuen, wenn ihr Film etwas dazu beitragen könnte.

Was bleibt von der Verleihung noch in Erinnerung? Adam Sandler und „Diamantenfieber“, der Testvorführungsfilm zu „Der Zauberer von Oz“, Chris Rock und das „Millionenhonorar“ für die Synchronisation von Animationsfilmen und die sympathische Emma Stone, die mit dem etwas steifen Ben Stiller einen Preis überreichte. In Zeiten von Orientierungslosigkeit geht man in Hollywood lieber einen Schritt zurück als einen neuen nach vorne zu wagen. Vielleicht geht's ja der Filmindustrie bald genauso wie Jean Dujardin in „The Artist“, der sich bis zuletzt weigert dem Tonfilm eine Chance zu geben. Mit welchem Gefühl verbindest Du die 84. Oscarverleihung?
Der Autor
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LeanderCaine


Forum

  • Billy Crystal

    Ich fand Billy Crystal in den Oscarfilmen (Filmzusammenschnitt am Anfang) ziemlich gelungen. Aber das hatte er ja früher auch immer. Im Gesicht ist Mr. Crystal aber im Gegensatz zu früher etwas auseinandergegangen ;)
    treadstone71_02519ad8f6.jpg
    02.03.2012, 13:17 Uhr
  • Nipplegate

    Also ich fand das Kleid von Jennifer Lopez eine Wucht. Die war nur wenige Millimeter von einem „Nipplegate“ entfernt ;))
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    28.02.2012, 14:51 Uhr
  • Sandra lebte eine Zeit in Köln

    Dass Sandra Bullock so gut Deutsch kann, liegt daran, dass sie als Kind einige Zeit in Köln lebte und bis heute dort Verwandte hat. So gesehen überraschen ihre Deutschkenntnisse weniger. Das Drehbuch zu "Midnight in Paris" finde ich ausgesprochen gelungen - es beschwört jene Magie herauf, die das Kino seither so besonders gemacht hat. Warum muss ein Drehbuch jemandem "weh tun", damit es einen Preis verdient? Meryl Streep ist die Königin unter den Schauspielerinnen ihrer Zeit - sie hätte sich nahezu jeden Oscar, für den sie nominiert war, auch verdient. Deshalb freue ich mich auch sehr mit ihr und für sie, dass sie diesmal wieder ausgezeichnet wurde.
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    28.02.2012, 08:23 Uhr
    • Österreich

      Sandra Bullock hat sogar eine Zeit lang in Salzburg gelebt. Und deutsch hat sie ja glaube ich sogar schon bei ihrer Oscar-Dankesrede gesprochen.
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      28.02.2012, 08:56 Uhr