Filmkritik zu Nasty Baby

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Semi-Autobiographisches eines Hipsters

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Das homosexuelle Paar Mo und Freddy (Sebastián Silva, auch Regisseur des Filmes) leben in einer großen Wohnung in New York. Sie sind beide Künstler: Mo baut seine eigenen Möbel, Freddy ist Multimedia-Artist. Vor allem Freddy will, dass sie mit der Hilfe - sprich Leihmutterschaft - ihrer Freundin Polly (Kristen Wiig) ein Kind bekommen. Doch dies stellt sich schwerer als geplant dar, da die Qualität Freddys Sperma zu Wünschen übrig lässt und sich Mo noch unsicher ist.

    Der Film fängt den Alltag der beiden Protagonisten mittels Handkamera, vielen nahen Einstellungen und Schärfenverlagerungen ein. Dieser Stil ist momentan im „alternativen“ Kino, so scheint es, hoch in Mode. In „Nasty Baby“ kann man allerdings nicht negieren, dass er durchaus funktioniert, also Authentizität erwirkt.

    Überhaupt ist „Nasty Baby“ wieder ein schönes Beispiel dafür, dass egal welches Milieu porträtiert wird, sobald sich der Film mit viel Wissen und Detailtreue mit ihm auseinandersetzt, kann jedes Publikum darin Anschluss finden. Meistens werden in dieser Art von Film Menschen, die in ihrer finanziellen und sozialen Lage weitaus schlechter gestellt sind, abgebildet. In „Nasty Baby“ hingegen geht es um modisch gekleidete Hipster, deren beinahe größtes Problem ein Nachbar, der zu früh den lauten Laubbläser benutzt, ist – doch nimmt er den Zuschauer in diese Lebenswelt mit!

    Freddy hat nicht nur aber vor allem in Bezug auf den Nachbar Aggressionsprobleme zu bewältigen. Die hauptsächliche Location des Filmes, die Wohnung des Paares, ist die tatsächliche Wohnstätte des Regisseurs und Hauptdarstellers. Überhaupt wirkt der Film wie ein zumindest zum Teil autobiographisches Werk. So wie Freddy seinen Babywunsch in einem Kunstprojekt verarbeitet, könnte der Regisseur mit dem Film seine Aggressionsprobleme verarbeitet haben. Denn kurz bevor alles nach einem Happy-End inklusive Schwangerschaft ausschaut, explodiert das aggressive Verhalten Freddys, wobei am Ende die Moral der gesamten porträtierten Szene in Frage gestellt wird.
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    (Josko Boschitz)
    09.02.2015
    16:07 Uhr