Filmkritik zu Jurassic World

Bilder: Universal Pictures International Fotos: Universal Pictures International
  • Bewertung

    Vorhersehbare CGI-Leistungsschau

    Exklusiv für Uncut
    Die Handlung setzt 22 Jahre nach der Jurassic-Park-Katastrophe im Jahr 1992 ein. Humorvoll wird mit einem T-Shirt an Teil eins und den tödlichen Zwischenfall erinnert. Der Typ, der das Shirt trägt wird als geschmacklos bezeichnet. Selbstreferenzielle humorvolle Anspielungen sind mehrfach zu finden. Aber nur auf Teil eins. Zwei und drei werden negiert und „Jurassic World“ kann als direktes Sequel zu „Jurassic Park“ gesehen werden. Hier beweist Beinahe-Regieneuling Colin Trevorrow ein gutes Gespür für die Dino-Reihe. Mittlerweile wurde John Hammonds Vision Wirklichkeit: Der Park hat seine Tore geöffnet und wird täglich von Besuchermassen gestürmt. Doch nur weil etwas anfangs neu und faszinierend ist, heißt das nicht, dass das Publikum nicht schnell wieder das Interesse verliert. Und so müssen die Betreiber des Parks weiterhin sensationsgierig um das Publikum buhlen. „Niemand ist heutzutage mehr von einem Dinosaurier beeindruckt.“ Dieses Zitat aus „Jurassic World“ gibt die Richtung vor. Denn es hat im doppelten Sinne seine Gültigkeit. Die Zusehenden möchten eben entertained werden – sowohl die Parkbesucher, als auch das Kinopublikum. „Größer, lauter und mit mehr Zähnen“ lautet das Motto. Und so steht wie bereits in Teil drei (immer noch der schwächste Teil der Reihe) ein im Labor generierter Supersaurier im Mittelpunkt.

    Vergnügungspark-Stil dominiert den Beginn des Films. Neugierig schaltet die Kamera auf Entdeckungsmodus und nimmt die Kinozuschauer mit auf eine Reise durch den Park. In Anlehnung an Teil eins wird gezeigt, was die Wissenschaft vollbracht hat, es wird präsentiert, wozu das (digitale) Kino im Stande ist. Es ist jene Faszination, die Kinderaugen leuchten lässt. Darum dürfen natürlich auch die Jurassic-Park-typischen Kinderdarsteller nicht fehlen. Diesmal sind es zwei Brüder – die Neffen der oft hilflosen und karrierefixierten Parkmanagerin. Die Kamera nimmt gerne ihre Perspektive ein. An dieser Stelle erkennt man klar Spielbergs Erbe. Die Managerin hat die weibliche Hauptrolle inne. Zunächst darf sie vor allem schreien und vom Helden gerettet werden. Dieser wird vom plötzlich übertrieben muskulösen Chris Pratt („Guardians of the Galaxy“) verkörpert. Natürlich ist die oft hilflose Frau von seiner im Kino schon lange überholten Männlichkeit beeindruckt. Er arbeitet im Park als Velociraptoren-Flüsterer. Das heißt, er dressiert Dinos wie Hunde. Velociraptoren sind nach über 20 Jahren Filmgeschichte plötzlich niedlich geworden. Ebenso niedlich wie die kleinen gesattelten Triceratops, auf denen Kleinkinder reiten dürfen. Die nostalgisch verklärte Saurier-Romantik wirkt absurd. Die Alten sind die guten, harmlosen Saurier, die weder Kinopublikum noch Parkbesucher großartig beeindrucken. Sie sind „gottgewollte“ natürliche Wesen. Das im Labor geschaffene Monster verkörpert das absolut böse. „All diese Dinosaurier sind künstliche Produkte“, relativiert der Ober-Wissenschaftler jedoch diese Sichtweise. Die guten „alten“ Dinos werden (vorerst) zu Opfern und Zuschauern degradiert. Sie werden vom neuen Superbiest attackiert. Es ist auch ein Kampf des CGI-Giganten gegen die Dinos aus dem Jahr 1992. Die alten scheinen keine Chance im Kampf gegen das Monstrum zu haben, doch setzen sich trotzdem zur Wehr – ein gelungener Kommentar (gewollt oder nicht) auf die letzten 20 Jahre Filmgeschichte. Die Ablösung von langsamen Spannungsaufbau durch blitzartige Visualisierung der Monster gehört hier ebenso dazu. Dennoch wirken die CGI-Effekte oft immer noch unausgereift. Sterbende Diplodociden sorgen zusätzlich für unfreiwillig komische Dino-Romantik. Aber einen gewissen Trash-Faktor hatte die Reihe ja bereits allerspätestens ab Teil zwei.

    Ansonsten findet man vieles, was man sich von Jurassic-Park erwartet: Natürlich geht das Experiment mit dem Supersaurier schief und natürlich bricht er aus und im Park bricht Chaos aus. Und natürlich sind die eigentlich völlig irrelevanten Kinder plötzlich alleine. Chris Pratt & Co punkten mit Coolness und Charme, sind aber in einer ebenso unnachvollziehbaren wie erschreckend vorhersehbaren Story gefangen, in denen sie oft nur lächerlich wirken können. Egal. Dafür gibt es für das Auge einiges zu sehen. Denn nachdem die tierischen Protagonisten der Reihe nach vor der Kamera präsentiert wurden, dürfen sie im High-Speed-Tempo für Chaos sorgen. Den Unterhaltungsfaktor kann man dem Film trotz vieler Kritikpunkte nicht absprechen.
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    (Patrick Zwerger)
    11.06.2015
    12:58 Uhr
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