Filmkritik zu Pasolini

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    Abel Ferrara und der Tod der narrativen Kunst

    Exklusiv für Uncut
    Pier Paolo Pasolini war einer der bedeutendsten italienischen Filmemacher überhaupt. Er starb am 2. November 1975. Abel Ferrara, dessen bekanntestes Werk noch immer „Bad Lieutenant“ ist, nimmt sich den letzten Tagen des Regisseurs an. Er liefert eine Interpretation von Pasolinis letzten Stunden – eine von vielen. Ein Mord, motiviert durch Schwulenhass, beendete das Leben des Ausnahmekönners – so die offizielle Version. Glaubt man Verschwörungstheoretikern und vor allem einem engen Freund Pasolinis, stecken aber ganz andere Motive dahinter: Er soll zu viel von den Machenschaften einflussreicher Unternehmer, Politiker und vom italienischen Geheimdienst gewusst haben. Auch in Ferraras „Pasolini“ wird dies angedeutet. „Wir sind alle in Gefahr“, sagt er einmal. Doch der Mord bleibt hier Homophobie und privaten Verstrickungen geschuldet. Wie auch immer: Die Art des Ablebens steht hier ohnehin nicht im Mittelpunkt.

    Vielmehr dreht sich alles um den Protagonisten: Willem Dafoe als Pier Paolo Pasolini. Provokativ, missverstanden, aufmüpfig, visionär, radikal, intellektuell. In Dafoes Gestik, in Dafoes Worten spiegelt sich Pasolinis ambivalentes Wesen perfekt wider. Ferrara hätte wohl keinen besseren Pasolini finden können. Optisch ähnelt der Schauspieler dem Italiener sogar.

    Der von Pasolini selbst angesprochene Tod der narrativen Kunst blitzt immer wieder auf. Die Szenen sind eine fragmentarische Aneinanderreihung von Ereignissen der letzten Tage. Treffen mit Freunden, ein Interview, Dialoge mit der Mutter. Nebenbei arbeitet er an seinem nächsten Projekt: Eine moderne Suche nach dem Messias. Szenen verdeutlichen wie dieser Film aussehen hätte können, wirken allerdings etwas bieder. Ferrara selbst zeigt sich in der Inszenierung wenig innovativ, wäre es aber definitiv gerne. Er kopiert manches, was man auch bei Pasolini findet. Oder versucht es zumindest. Sein Anspruch an das eigene Werk ist vielleicht das eigentliche Problem des Films.

    „Pasolini“ bewegt sich zwischen Zitat, Reinszenierung und Neuinterpretation. Ferraras im Ansatz versuchter Mord an der narrativen Kunst hätte sicher noch konsequenter umgesetzt werden müssen, um „Pasolini“ zu einem wahren Kunstwerk zu machen. Der Versuch ist dennoch lobenswert. Insgesamt fehlt aber die Tiefe. Zu vieles wird angeschnitten, zu wenig ausgeführt. Dennoch ist „Pasolini“ alleine schon aufgrund seines Hauptdarstellers sehenswert.
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    (Patrick Zwerger)
    22.11.2015
    22:01 Uhr
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