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    Hunt, Ethan Hunt

    Exklusiv für Uncut
    Ethan Hunt ist zurück – diesmal wieder mit Kurzhaarfrisur. Tom Cruise ist so mit dieser Figur verbunden, dass es eigentlich völlig egal scheint, wie er diese optisch unterschiedlich darstellt. Er spielt nicht nur die Hauptrolle, sondern ist seit dem ersten Teil auch Produzent der Filmreihe. So entscheidet er auch beinahe eigenhändig, wer die Filme inszeniert. Diesmal ist die Wahl auf Christopher McQuarrie gefallen, womit „Mission: Impossible – Rogue Nation“ – nach „Operation Walküre“ (Drehbuch), „Jack Reacher“ (Regie) und „Edge of Tomorrow“ (Drehbuch) – die vierte Zusammenarbeit der beiden markiert.

    Obwohl auf einem „Mission: Impossible“-Set angeblich nichts ohne Genehmigung des Superstars passiert, tragen die Filme immer klar die Handschrift des jeweiligen Regisseurs. Den ersten Teil inszenierte Brian DePalma, seinerseits bekannt dafür, Alfred Hitchcock in allen Variationen zu zitieren. Wohl auch deswegen ist sein „Mission: Impossible“-Film aus dem Jahre 1996 reichlich mit Hitchcock'schen Suspense-Momenten gespickt. „Mission: Impossible II“ wurde zu einem John Woo-Actionspektakel inklusive überrepräsentierten Slow-Motion- und Explosions-Komponenten. Im dritten Teil, dem ersten Spielfilm von J.J. Abrams, spezialisierte man sich – wie in seiner Fernsehserie „Alias“ – darauf, das Zusammenspiel von Arbeit und Privatleben eines Spezialagenten zu beleuchten. Und im bis dato wohl besten Teil, „Mission: Impossible – Ghost Protocol“, kam der Pixar-Humor von Animationsfilm-Mastermind Brad Bird nicht zu kurz.

    Auch im neuesten Teil konnte der Regisseur stilistisch seine Duftmarke hinterlassen. „Mission Impossible – Rouge Nation“ ist vor allem ein klug konstruiertes Verwirrspiel, für das McQuarrie seit seinem Oscar-Drehbuch für „Die üblichen Verdächtigen“ aus dem Jahre 1995 Spezialist zu sein scheint. Die Actionsequenzen sind zwar im Vergleich zu seinem letzten Regiefilm „Jack Reacher“ um einiges opulenter, aber mit derselben Ruhe gefilmt – J.J. Abrams Wackelkamera aus „Mission: Impossible III“ findet darin freilich keinen Einzug. Überhaupt wurde mit den Bildern inklusive vieler Hubschrauberaufnahmen darauf geachtet, auch die internationalen Schauplätze – es wurde in Rabat (Marokko), London und Wien gedreht – hervorragend einzufangen. Dass der Autor dieser Zeilen in Wien lebend ist, trägt natürlich zur Faszination bei.

    Im Gegensatz zu der noch bekannteren britischen James Bond-Agentenreihe agiert Ethan Hunt stets mit einem mehr oder weniger gleichbleibenden Team. Die Figuren von Ving Rhames (dabei seit Teil 1), Simon Pegg (seit Teil 3) und Jeremy Renner (seit Teil 4) sind wieder mit von der Partie. Warum nicht auch weibliche Teammitglieder der Reihe übernommen wurden (z.B. jene Figur aus Teil 3 gespielt von Maggie Q oder vor allem Jane dargestellt von Paula Patton aus dem vorangegangenen Teil), ist wohl nicht nur Terminkonflikten der Schauspielerinnen, sondern auch einer Hollywood-inhärenten sexistischen Logik geschuldet. Dafür gibt es ein neues Bond-... ähm: Hunt-Girl, nämlich Rebecca Ferguson. Diese spielt die britische Agentin Ilsa, welche sich undercover dem geheimnisvollen Syndikat angeschlossen hat. Dass sie immerhin eine bessere Frauenrolle als Bryce Dallas Howard in „Jurrasic Wolrd“ mimt, erkennt man nicht nur daran, dass ihre Figur bereit ist, die Stöckelschuhe stehen zu lassen, bevor sie sich vom Dach der Staatsoper abseilt.

    Für IMF-Agent Ethan Hunt und sein Team geht es diesmal nämlich gegen das mit internationalen Ex-Agenten agierende Syndikat, welche das IMF zerstören und durch Anschläge eine neue Weltordnung herstellen will. Ob Ilsa nun vom Syndikat bereits „umgedreht“ wurde oder nicht, bleibt wie vieles in der Story vorerst offen. Motivationen werden dem Zuschauer vorenthalten und zum richtigen Zeitpunkt offenbart. Die Auflösungen dieses, aber auch der anderen Storyelemente machen durchwegs Sinn und Spaß. Der letzte Teil des Films bewegt sich so am Rande eines Mindgame-Movies und überspannt den Boden dabei nur fast. Schließlich überzeugt „Mission Impossible – Rouge Nation“ als gut konstruierter Agententhriller mit reichlich Action.

    *** SPOILER ***

    Dass am Ende allerdings der Bösewicht vom Team in einem Glaskasten gefasst wird, der sich anschließend mit Gas füllt, zeugt nicht von gutem Geschmack. Die Parallele zu einer Gaskammer kann „Operation Walküre“-Drehbuchautor McQuarrie nicht tatsächlich im Sinn gehabt haben. Zwar stirbt der Bösewicht in dieser Szene wohl nicht: Mit Ethan Hunt wird am Anfang des Films dasselbe gemacht, wobei die darauffolgende Szene zeigt, dass das Gas ihn nur in Ohnmacht fallen lässt. Bei dem Antagonisten gibt es aber eine solche Folgeszene nicht, vielmehr wird er danach nicht mehr gezeigt – was einen unangenehmen Beigeschmack hinterlässt.

    *** *** *** ***
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    (Josko Boschitz)
    24.07.2015
    00:01 Uhr