Filmkritik zu Wish I Was Here

Bilder: Constantin Film Fotos: Constantin Film
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    Wish I Was Here

    Exklusiv für Uncut
    Zehn Jahre hat uns der Regisseur Zach Braff nach dem Überraschungshit mit der Indie-Perle „Garden State“ auf seinen Zweitling warten lassen. „Garden State“ war ein Film über junge Erwachsene, die beginnen, sich in der Welt umzusehen und zurecht zu finden. „Wish I was here“ ist die logische Fortsetzung. Ein Film über Sinnsuche, ein Film über Familie und Beruf, ein Film über die Midlife Crisis.

    Aidan Bloom (Zach Braff) ist Mitte dreißig und ein eher erfolgloser Schauspieler, der allerdings nichts anderes kann oder machen möchte. Er ist außerdem Ehemann und Vater zweier Kinder, seine Frau Sarah (Kate Hudson) ist für den Broterwerb zuständig. Aidan lässt sich treiben. Er lebt für seinen Traum, aber wird langsam zu alt, um ein hoffnungsvolles Talent zu sein. Er redet sich ein, dass Sarah glücklich ist. Er schickt seine Kinder auf Wunsch (und Finanzierung) des Großvaters auf eine konservative jüdische Schule, weiß aber, dass dort nicht das gelehrt wird, was er ihnen tatsächlich vermitteln will. Da wird sein Vater Gabe (Mandy Patinkin) schwer krank. Und alles ändert sich. Aidan ist nun gezwungen, sein Leben erstmals wirklich in die Hand zu nehmen….

    „Wish I was here“ wurde teilweise durch die Crowdfunding Plattform Kickstarter finanziert, was Braff auch eine Menge an Kritik einbrachte. Braff begründet diese Entscheidung damit, dass er sich möglichst freie Hand bei seiner Arbeit wünschte. Das hat eine Menge Vorteile, vielleicht auch den einen oder anderen Nachteil. Die Vorteile sind, dass „Wish I was here“ die unverkennbare Handschrift seines Schöpfers trägt: Das bedeutet hippe Songs, intelligente Gags, wunderschön komponierte Szenen. Braff ist ein Künstler, was das Erschaffen von Stimmungen betrifft. Er zeigt seinen Zusehern die Braff-Welt und diese ist unwiderstehlich. Man merkt in jeder Einstellung, wie wichtig ihm die Botschaft seines Filmes ist. Dazu hat er durch die Bank sehr gute Schauspieler verpflichtet, auch seine beiden Filmkinder sind hier ausdrücklich zu erwähnen. Die schon etwas größere Joey King steht wohl am Anfang einer vielversprechenden Karriere.

    Kleiner Nachteil der Handlungsfreiheit: der Film ist etwas überladen. Aidans Sinnsuche. Sein schwerkranker Vater. Familienprobleme. Sein Außenseiter-Bruder. Die Comic Con. Das Hollywood Business. Schulunterricht zuhause. Hier hat sich Braff etwas zu viel vorgenommen, das ihm ein penibler Produzent vielleicht wieder von der Agenda gestrichen hätte. Manche Szenen laufen ins Leere und sind nicht stark genug, um für sich selbst zu stehen. Allerdings kann dieser Themenmix natürlich auch als Diagnose seiner selbst verstanden werden: so wie dieser Film überladen ist, ist es normalerweise auch das Leben von Thirtysomethings. Die Rush-hour des Lebens eben. Man hat alle Hände voll zu tun und weiß nicht, wo anfangen.

    Generell ist „Wish I (!) was here“ – hier spielt Braff übrigens auf die tatsächliche Anwesenheit im eigenen Sein an – aber vor allem eines: ein wunderschöner, selbstbestimmter, eindrucksvoller und hochästhetischer Film. Vielleicht rezitiert nicht jeder Robert Frost, wenn er seinen Pool repariert. Aber man könnte es tun. Man muss diesen Film nicht lieben. Aber man kann es guten Gewissens.
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    (Heidi Siller)
    17.09.2014
    20:32 Uhr
    Autorin der monatlichen Kolumne „Heidi@Home“ rund ums Thema „Fernsehserien“.