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    Der legendäre Weltraumpirat zeigt sich im neuen Glanz!

    Eldritch Advice
    „Die Abenteuer des fantastischen Weltraumpiraten Captain Harlock“, beziehungsweise „Uchū Kaizoku Kyaputen Hārokku“ im japanischen Original, erschienen ursprünglich als Manga-Reihe von 1977 bis 1979. Die von Leiji Matsumoto erschaffene Weltraumoper spielt im Jahr 2977 in einer Zeit in der die Menschheit zwar technologisch am Höhepunkt angelangt, aber die Bevölkerung demzufolge von Lethargie geplagt ist. Kaum jemand wagt es sich der korrupten und unfähigen Regierung entgegenzustellen. Nur Captain Harlock und seine Gefährten widersetzten sich und kämpfen im Namen der Freiheit, an Bord ihres Weltraumschlachtschiffes „Arcadia“, sowohl gegen menschliche Unterdrücker als auch gegen die Mazonen, einem außerirdischen Volk das sich im Stillen auf die Invasion der Erde vorbereitet. Die Geschichte erfreute sich großer Beliebtheit und wurde deswegen von „Toei Animation“ bereits 1978 als 42-teilige Animeserie umgesetzt. Seither wurden die Abenteuer des Captain Harlock in zahlreichen unzusammenhängenden Serien sowie Filmen neu adaptiert. Gleich blieb allerdings immer der Charakter des Weltraumpiraten. Harlock war stets ein stoischer, nobler und gutherziger Rebell, dem die Freiheit der Erde als höchstes Gut galt. Zumindest war er dies bis „Toei Animation“ ihn für den 2013 erschienen animierten Kinofilm vollkommen neu interpretierte.

    In ferner Zukunft zog die Menschheit aus um fremde Galaxien zu besiedeln, nur um letztendlich feststellen zu müssen, dass es im Weltall nicht genügend Ressourcen gibt um die neu geschaffenen Zivilisationen aufrechterhalten zu können. In ihrer Verzweiflung machten die etwa 500 Milliarden Erben der einstigen Auswanderer sich auf den Weg zurück zur Erde. Wohl wissend, dass die einstige Heimat nicht allen Platz bieten kann, mündete dies in einen langen und blutigen Krieg, der als „Heimkehrer-Krieg“ seinen Weg in die Geschichtsbücher fand. Gewonnen wurde dieser von der „Gaia Sanction“. Diese erklärte die Erde zu einem heiligen Ort der nicht betreten werden darf und besiegelte damit auch das Schicksal der Menschheit; ein Schicksal dem sich nur der Weltraumpirat Captain Harlock und seine Gefährten widersetzen. Gemeinsam begeben sie sich auf eine gefährliche Mission die einen neuen Anfang verspricht.

    Ich muss sagen … in dieser Adaption wurde viel verändert.

    Zuallererst will ich erwähnen, dass ich grundsätzlich kein Freund von Computeranimationen bin und handgezeichnete Animationsfilme immer favorisieren werde. Dennoch muss ich anerkennen, dass „Toei Animation“ mit „Space Pirate Captain Harlock“ ein optisch beeindruckendes Werk geschaffen hat. Ich kann mich an keinen Film erinnern, der mich bezüglich seiner Darstellung des Weltalls derart faszinierte. Insbesondere die Raumschlachten bringen meine Augen immer wieder zum Leuchten. Sie sind nicht bloß perfekt inszeniert, sondern stellen darüber hinaus alles bisher Dargebotene in den Schatten. Obwohl ich nach wie vor das originale Design von Captain Harlock und seiner „Arcadia“ bevorzuge, stört es mich nicht, dass ihre neueste Darstellung sehr düster wirkt. Diese neu interpretierte Ästhetik passt zur Schwere der erzählten Geschichte. Eine Schwere, die sich auch im Score von Tetsuya Takahashi widerspiegelt. Hierbei lassen sich Parallelen zu Wagner erkennen, was nicht unüblich für das Captain Harlock Franchise ist. Immerhin wurde die Geschichte zu Wagners „Der Ring des Nibelungen“ bereits in der 1999 erschienen OVA „Harlock Saga“ als Weltraumoper adaptiert.

    Wie bereits erwähnt finden die meisten Abenteuer Harlocks nicht in der selben Kontinuität statt. Fans des Weltraumpiraten macht es demnach wenig aus, wenn eine neue Umsetzung vergangene Geschichte nicht aufgreift. Es ist auch grundsätzlich kein Problem, dass Harlock in diesem Film weder gegen die korrupte Regierung der Erde noch gegen Mazonen, sondern für einen neuen Anfang kämpft. Schließlich stimmt dies immer noch mit seinem Werten als Beschützer der Erde überein. Problemtisch sind allerdings andere an seinem Charakter vorgenommene Änderungen. Harlock wirkt seltsam gebrochen und daher für langjährige Fans absonderlich, fast so als würde eine fremde Person seine Kleidung tragen. Das Wieso und Weshalb wird in einer unerwarteten Wendung, die ich nicht verraten möchte, aufgelöst. Dieser Twist sorgte in der Fangemeinde gelinde gesagt für einen kleinen Aufruhr. Es ist klar ersichtlich, dass der Drehbuchautor Harutoshi Fukui die Charaktere der Vorlage lediglich sehr frei interpretierte. Viele Figuren stimmen daher nur noch namentlich und optisch mit ihren Vorbildern überein.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    Normalerweise bin ich als Purist die erste Person, die in einem solchen Fall lautstark: „Das ist nicht mein Captain Harlock!!!“ ruft. Hierbei handelt es sich aber um einen der wenigen Fälle, in der eine Adaption sich radikal von der Vorlage abwendet und es dennoch schafft, mich damit nicht zu erzürnen. Dazu ist die Geschichte einfach zu fesselt, die Optik zu perfekt und die Charaktere zu gut ausgearbeitet. Ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn Fans diese Umsetzung ablehnen, ich selbst muss mir aber eingestehen, dass es sich hierbei, auch abseits des Captain Harlock Franchises, um einen phänomenalen Science Fiction Film handelt. Mir ist es gelungen diese Adaptation als eine alternative Zeitlinie anzuerkennen. Wäre dieser Film besser, hätte „Toei Animation“ die ursprünglichen Charaktere einfach übernommen? Ja, es wäre wohl die beste Weltraumoper aller Zeiten geworden. Würde ich diesen Film als Einführung in die Welt des Captain Harlock empfehlen? Nein, beginnt lieber mit der Serie von 1978 oder den Manga. Auf diesen Weg könnt ihr verstehen wieso Captain Harlock über eine solch hingebungsvolle Fangemeinde verfügt. Keinesfalls will ich euch damit aber vom Genuss dieses Films abraten. Er ist eine magische Erfahrung, die es immer wieder schafft mich emotional zu berühren. „Space Pirate Captain Harlock“ mag zwar keine perfekte Adaption sein, ist jedoch ein großartiger Science Fiction Film und darüber hinaus eines freitäglichen Filmabends würdig.

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
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    (Thorsten Schimpl)
    08.12.2017
    16:35 Uhr