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  • Bewertung

    Die Kamera als Beobachterin

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2013
    „La maison de la radio“ - also ein Radiogebäude in Paris - steht im Mittelpunkt dieses japanisch/französischen Dokumentarfilms. Und dieses Haus wird von der Kamera bis ins kleinste Detail zerlegt und im Schnitt intelligent wieder zusammen gesetzt. Was entsteht ist eine flüssige Erzählung des Arbeitsalltags und ein Porträt der einzelnen Arbeitsvorgänge des Radiosenders „Radio France“. Dabei werden von der Ideenfindungen, über Redaktionssitzungen, Audioaufzeichnungen, Interviews, Sportübertragungen, etc. die einzelnen Arbeitsprozesse gezeigt und auf die Leinwand gebracht. Damit dieser Film entstehen konnte, hat sich der Filmemacher Nicolas Philibert für ein halbes Jahr in diesem Radiogebäude verschanzt und in klassischer Direct Cinéma-Manier gefilmt, was ihm vor die Linse gekommen ist. Direct Cinéma bezeichnet eine Art des Dokumentarfilms, in der der Filmemacher selbst in den Hintergrund tritt und bei der die Leute vor der Kamera so agieren, als wäre sie nicht anwesend. Und da die Kamera lediglich einen beobachtenden Status hat, kommen normalerweise auch keine Interviews vor. Lediglich in zwei Szenen der Radio-Doku wird die Kamera direkt adressiert und so die Präsenz des Regisseurs in Erinnerung gerufen. Dies ist vor allem wichtig, um nicht zu vergessen, dass auch Leute, die ihren normalen Tätigkeiten nachgehen sich vielleicht dann doch minimal anders verhalten, wenn eine Kamera anwesend ist.

    „La maison de la radio“ ist somit ein interessanter und lehrreicher Dokumentarfilm, der auf wunderbare Art und Weise mithilfe seiner gut kuratierten Szenen einen spannenden Flow entstehen lässt. So wird das eigentlich unsichtbare Medium Radio bzw. alles was dahinter steckt, im Kino sichtbar gemacht. Dennoch funktioniert dieser schöne Bilderstrom nur etwas länger als eine Stunde. Danach hat man eigentlich schon alles gesehen und es werden kaum mehr neue Seiten der Radiobranche sichtbar. Und auch wenn es für den Filmemacher wohl sehr schwierig gewesen wäre, sich von irgendeinem der tollen Momente zu trennen, sind 103 Minuten einfach zu viel des Guten.
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    (Patrick Zwerger)
    12.02.2013
    23:57 Uhr
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