Bilder: Warner Bros Fotos: Warner Bros
  • Bewertung

    The Great Gatsby

    Exklusiv für Uncut
    F. Scott Fitzgeralds 1925 erschienener Roman “The Great Gatsby” zählt zu bedeutendsten literarischen Werken des vergangenen Jahrhunderts. Es handelt sich dabei um eine Charakterstudie gleichermaßen wie um einen genauen und scharfsinnigen Befund der amerikanischen Gesellschaft zu dieser Zeit. Die Ausgangssituation: Der geheimnisvolle Millionär Jay Gatsby (Leonardo di Caprio) zieht in die unmittelbare Nachbarschaft seiner mittlerweile verheirateten Jugendliebe Daisy (Carey Mulligan) und versucht durch glamouröse Feste auf seinem pompösen Anwesen ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Als das nicht funktioniert, setzt er ihren Cousin Nick (Tobey Maguire) als Vermittler ein, Nick, dem Gatsby auf Anhieb sympathisch ist, will ihm zwar helfen, hat bei der Sache allerdings kein gutes Gefühl…

    Regisseur Baz Luhrmann ist für seinen opulenten Stil und seine innovative Herangehensweise an historische Stoffe, bekannt. Wie schon in seinen früheren Werken „Romeo and Julia“ und „Moulin Rouge“ vertraut Luhrmann in seiner Umsetzung vor allem auf Bildkraft und Musik. Luhrmann steht nicht für biedermeierliche Rückschau auf eine vergangene Epoche, seine Arbeit ist frisch und modern, er stellt bewusst Analogien zur Gegenwart her, was sich besonders in den ausgewählten Songs zeigt. Hier hat er Künstler verpflichtet, die aktuell als „sophisticated“ gelten und die es durchwegs schaffen, den Geist der Zeit und die Stimmung der Vorlage in die heutige Gegenwart zu transponieren. Wenn Daisy, Nick und Gatsby sich am Strand treffen und die Zeit dabei vergessen, dann kann nur Lana del Rey dazu über die Vergänglichkeit der Liebe singen. Wenn Gatsby und Daisy mit seinem gelben Rolls Royce die Straßen von New York entlang rast, dann erzeugt „Love is blindness“ – interpretiert von Jack White – die passende Unruhe einer indifferenten Bedrohung. Dass Luhrmann seinen Film in 3D gedreht hat, ist nur die logische Folge. Er will die Zuseher an einem besonderen Ort haben und der ist für ihn mittendrin im Geschehen.

    Leonardo di Caprio ist über weite Strecken ein überzeugender Gatsby, wenn gleich es ihm leichter zu fallen scheint, dessen verletzliche und sensible Seite hervorzukehren. Gatsbys Abgründe hält di Caprio eher im Verborgenen. Carey Mulligan gelingt es, der eindimensionalen Daisy aus dem Buch etwas mehr an Ambivalenz zu geben. Tobey Maguire ist als Erzähler ideal besetzt, er schafft es, diese sehr unscheinbare Figur zu einem kritischen Chronisten und stetigen Mahner zu etablieren. Die Newcomer Elizabeth Debicki und Joel Edgerton fügen sich mühelos in das Ensemble und sind ihren Kollegen in den meisten Szenen zumindest ebenbürtig.

    Doch nicht alles ist Luhrmann mit dieser Neuinterpretation gelungen: der erste Teil des Films mit den ausufernden Partyszenen erscheint zu lange und redundant. Hier wäre es hilfreich gewesen, der Vorlage etwas weniger sklavisch zu folgen und zu komprimieren, das ist eine Spur zuviel hipper Dekadenz, die etwas ermüdend wirkt. Die zweite Schwäche ist inhaltlicher Natur – so richtig schlau wird man aus Gatsby nämlich auch nach 142 Filmminuten nicht. Doch fairerweise muss man dazu anmerken, dass Fitzgeralds Roman selbst sehr viel offen lässt. Die Leerstellen füllt Luhrmann nicht aus und als Zuseher kann man das entweder als Unsicherheit und damit als Schwäche der Regie werten oder auch als bewussten Akt, um der Interpretation des Zusehers nicht vorzugreifen. Tatsache ist, dass die Figur Gatsby einen nach dem Film nicht so schnell loslässt, er übt eine ganz eigenartige Faszination auf den Zuseher aus.

    Alles in allem „The Great Gatsby“ ist ein wuchtiges Kinoerlebnis, für das Baz Luhrmann und sein Team in jeder einzelnen Szene das Maximum anstreben und das Medium Film optimal ausnutzen – von Vorteil ist es für den Filmgenuss aber sicherlich, Luhrmanns Stil prinzipiell wohlwollend gegenüberzustehen.

    And that’s it for now, old sports!
    heidihome_9fc566c28c.jpg
    (Heidi Siller)
    14.05.2013
    14:17 Uhr
    Autorin der monatlichen Kolumne „Heidi@Home“ rund ums Thema „Fernsehserien“.