Filmkritik zu The Punisher

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    Das Realfilmdebüt des Punishers!

    Eldritch Advice
    Der „Punisher“ aka Frank Castle ist ein Charakter aus dem mannigfaltigen Comicuniversum von Marvel. Er debütierte 1974 als Antagonist in “The Amazing Spider-Man” #129. In dieser Ausgabe wollte er Spider-Man für den Mord an Norman Osborn zur Rechenschaft ziehen, ehe er herausfand, dass Spider-Man unschuldig ist - Schließlich tötet Frank Castle nur die Schuldigen, ein Ehrenkodex der fortan die wichtigste Charaktereigenschaft des „Punishers“ sein sollte. Da er bei den Fans gut ankam, erhielt er in den 80er Jahren seine eigene Comic Serie. In dieser wurde sein Charakter noch weiter vertieft. Wie in Comics so üblich wurde diese Herkunftsgeschichte im Laufe der Jahrzehnte leicht variiert und zeitlich angepasst, grundsätzlich aber handelt es sich beim „Punisher“ zumeist um einen Ex-Marine, dessen Frau und Kinder als Zeugen eines Mordes von der Mafia hingerichtet wurden. Der „Punisher“ ist ein Mann dem alles genommen wurde was er einst liebte und seither nur noch Rache kennt. Er verfügt über keinerlei Superkräfte, aber befindet sich als ehemaliger Elitesoldat am Maximum des menschlich Möglichen. In der „Modern Age of Comic Books“, die von düsteren und gesellschaftspessimistischen Graphic Novels wie „Watchmen“ oder „Batman: Die Rückkehr des Dunklen Ritters“ eingeläutet wurde, fand sich der „Punisher“ gut zurecht. So war es auch nicht verwunderlich, dass seine Geschichte 1989 zum ersten Mal für einen Realfilm adaptiert wurde.

    Seit fünf Jahren bringt der mysteriöse Punisher der kriminellen Unterwelt New Yorks Tod und Verderben. Niemand kann ihn aufhalten und keiner weiß wer er ist. Lediglich der erfahrende Polizist Lt. Jake Berkowitz hat eine Theorie um wen es sich dabei handelt könnte. Er vermutet, dass der Punisher niemand geringeres als sein ehemalige Kollege Frank Castle ist. Dieser fand vor fünf Jahren scheinbar den Tod, als seine Familie von der Mafia ermordet wurde. Während Berkowitz weiter in diesem Fall ermittelt, bricht in der Stadt die niemals schläft ein Krieg zwischen der Mafia und der Yakuza aus, ein weiterer Eintrag im „Kriegstagebuch“ des Punishers.

    Ich muss sagen … dieser Film alterte wie guter Wein.

    Mark Goldblatt ist uns eher durch seine hervorragende Arbeit als Filmeditor in Werken wie „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ oder „X-Men: Der letzte Widerstand“ ein Begriff. Regie führte er nur in zwei Filmen, „Dead Heat“ und „the Punisher“. Schade, denn er bewies in beiden Filmen, dass er durchaus auch das Talent zum Regisseur hat. In „the Punisher“ präsentiert uns Goldblatt ein vom Verbrechen gebeuteltes New York in dem Justiz und Polizei machtlos scheinen und nur der „Punisher“ für Gerechtigkeit sorgt. Eine Stimmung die auch im grandiosen Score von Dennis Dreith perfekt dargestellt wird. Dieser Film fühlt sich einfach richtig an: Großartige Action Szenen, eine zusammenhängende Story und ein fabelhafter Schnitt … allesamt Eigenschaften an denen es vielen modernen Actionfilmen und Comicadaptionen fehlt. Umso bitterer ist, dass es aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten der Produktionsfirma es zu keinem US-Kinostart kam und der Film in seinem wichtigsten Markt lediglich Direct-to-Video erschienen ist.

    Die Besetzung lässt keinerlei Wünsche offen. Der routinierte Louis Gossett Jr. bringt als Lt. Berkowitz etwas Menschlichkeit in einen ansonsten schonungslosen Film. Die primären Antagonisten werden von Jeroen Krabbé und Kim Miyori mit viel Engagement und Charisma verkörpert. Selbst die Kinderdarsteller sind nicht nur wichtig für die Rahmenhandlung, sondern schaffen es darüber hinaus nicht negativ aufzufallen. Die Rolle des Titel(anti)helden fiel auf Dolph Lundgren und dieser weiß als „Punisher“ vollends zu überzeugen. Er brilliert nicht nur durch seinen adäquaten Look, sondern darüber hinaus durch seinen Martial Arts Hintergrund und sein, bis heute vollkommen unterschätztes, schauspielerisches Talent. Damit schafft er es davon abzulenken, dass der ikonische weiße Totenkopfes auf der Brust des „Punishers“ in dieser Verfilmung fehlt. Bis vor kurzem galt Lundgren für mich noch als die ideale Verkörperung dieses Charakters. Erst Jon Bernthal gelang es 2016 ihn von der Spitze abzulösen.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    „The Punisher“ war zu seiner Zeit weder ein finanzieller Erfolg noch wurde er von der Kritik gefeiert. Die späten 80er und frühen 90er waren immer noch von Action Filmen geprägt die zwar durchaus brutal waren, aber durch witzige Einzeiler etwas aufgelockert wurden. Auflockerungen die in dieser Comicadaptionen keinen Platz gefunden haben. Dolph Lundgrens „Punisher“ verfährt mit seinen Gegenspielern so wie mit einer ungeliebten Tätigkeit die unbedingt erledigt gehört. Er empfindet keinerlei Spaß am Töten und tut dies nur weil der Kampf gegen die Unterwelt, nach dem Tod seiner Familie, sein einziger Lebensinhalt ist. Dies spiegelt den Charakter des „Punishers“ perfekt wider und der Film ist damit sehr nah an seiner Comicvorlage.

    Es handelt sich hierbei um ein verstecktes Juwel aus einer Zeit bevor Marvel die Kinokassen beherrschte und im Mainstream angekommen ist. Ein geradliniger, rasanter Actionstreifen der einem aber auch genügend Pausen gewährt um als Zuseher die grandios choreografierten, ästhetischen Kämpfe genießen zu können. Etwa 89 Minuten lang währt dieser Ausflug in das dystopische New York eines Filmes der seiner Zeit gut zwei Jahrzehnte voraus war. Action- sowie Comicfans empfehle ich es sich dieses Werk zu Gemüte zu führen, dabei aber unbedingt zur ungeschnittenen Unrated Fassung zu greifen. Ich selbst habe „The Punisher“ durch und durch genossen und erachte diesen Film daher eines freitäglichen Filmabends würdig.

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
    https://goo.gl/oYL4qZ
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    (Thorsten Schimpl)
    24.11.2017
    19:53 Uhr