Filmkritik zu Dark Shadows

Bilder: Warner Bros Fotos: Warner Bros
  • Bewertung

    Depp der Vampir

    Exklusiv für Uncut
    Die gemeinsamen Filme von Tim Burton und Johnny Depp zeichnen sich immer wieder ebenso durch Märchenhaftigkeit, wie durch den Entwurf einer schrillen Gegengesellschaft aus, in deren Mittelpunkt eine skurrile Figur steht. Dabei geht der Trend der Filme aber immer mehr in Richtung pures Unterhaltungskino. Auch in ihrem neuesten Film setzen sich Stil und Trend fort. Kurz zur Handlung: Johnny Depp wurde im 18. Jahrhundert von einer eifersüchtigen Hexe in einen Vampir verwandelt und zwei Jahrhunderte lang in einem Sarg eingesperrt. Durch Zufall wird er befreit und landet mitten in den bunten 70ern, wo auch die sagenumwobene Spezies der Hippies noch ihr Unwesen treibt.

    Was aufgrund dieser Ausgangslage folgt ist nicht schwer zu erraten: Situationskomik vom feinsten, da Depp alias Vampir Barnabas Collins von einer absurd-komischen Situation in die nächste stolpert. Es kommt zu einem Konflikt der Epochen und zu einem Konflikt der Lebenswelten. Wer ist verrückter als der andere? Der Vampir, die Hippies, die Adeligen, die biederen Bürger, oder Alice Cooper? Die Spielfiguren in diesem Kulturenkonflikt sind stark stereotypisiert und oft als Witzfiguren in Szene gesetzt. Kein Klischee wird ausgelassen und kein Witz scheint dabei zu einfach oder zu billig zu sein. Johnny Depp tritt dabei als seelenlose Hülle auf, die von einem kulturellen Missverständnis in das nächste stolpert - erwartungsgemäß ist „Dark Shadows“ wieder einmal ein Film, der exakt auf den Schauspieler zugeschnitten ist. Interessant ist dabei jedoch, wie Depp seine Rolle interpretiert. Denn während Vampire seit Bram Stoker unweigerlich mit purer Sexualität assoziiert werden, mimt Depp einen blassen Untoten, der seine Lust überlebt zu haben scheint. Somit brechen er und Burton - ob absichtlich oder nicht sei dahingestellt - mit einer uralten Tradition. Denn auch wenn die Handlung des Films mitteilt, dass Barnabas sexuell aktiv ist, kauft man Depp das nicht ab. Diese Ambivalenz zwischen Innen und Außen macht ihn zur tragischen Figur des Films. Vielleicht wollte Burton hier aber auch eine radikale Antwort auf den gefühls- und triebbetonten Twilight-Vampirhype geben. In Dark Shadows steht im Gegensatz dazu die teils episodisch anmutende Gaglastigkeit im Vordergrund, was teilweise wohl nicht ganz zufällig wie eine Seifenoper anmutet.

    Immerhin basiert der Film auf der gleichnamigen US-amerikanischen „Gothic Soap Opera” Dark Shadows, die zwischen 1966 und 1971 ausgestrahlt wurde. Burton und seinem Drehbuchautor gelang es dabei einen auf einzelnen Gags aufbauenden Fernsehstil zu adaptieren - jedoch zu Lasten der Story. Auch wenn es eine durchgehende Handlung gibt, ist diese nur mäßig befriedigend. Das Ziel ist nicht Spannungsaufbau oder künstlerische Verwirklichung, sondern das ständige Erreichen einer neuen Stufe auf der Absurditätsleiter. Die Unterhaltung des Kinopublikums steht dabei im Vordergrund. Nicht zuletzt aufgrund des von Danny Elfman kuratierten Best-Of 60s-70s Soundtrack und der begnadeten Optik, fällt dies aber nicht allzu stark ins Gewicht. Der dabei verwendete visuelle Stil stellt einen interessanten Mix aus Düsterem und grellen Farben dar. Oder in anderen Worten: es sieht aus, als wie wenn der Hutmacher Sleepy Hollow besuchen würde.

    Dark Shadows ist eine verrückte Seifenoper zwischen Realität und Fantasiewelt. Ein Film mit viel Wortwitz, Slapstick und Situationskomik, dem noch dazu ein toller Look verpasst wurde. Im Mittelpunkt steht dabei - wie bereits bei Alice - der Mainstream-Unterhaltungswert, was einige Burton-Fans enttäuschen könnte. Johnny Depp hat als Vampir wieder einmal Narrenfreiheit und der ganze Film wurde um ihn herum aufgebaut. Auch wenn das in „Dark Shadows“ noch funktioniert, darf man trotzdem gespannt sein, wie lange es noch dauern wird, bis es langweilig wird einer Depp-One-Man-Show beim blödeln zuzusehen.
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    (Patrick Zwerger)
    08.05.2012
    16:10 Uhr
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