Eldritch Advice
Nach „Batman & Robin“ (1997) unterzog sich Arnold Schwarzenegger einer nötigen Operation um seine Herzklappe zu ersetzen. Obwohl Schwarzenegger sich für den riskanteren Eingriff entschied, der bei Erfolg dafür ein Leben ohne Blutverdünnungsmittel und weitere Einschränkungen versprach, sah man dies in Hollywood als Zeichen der Schwäche und stufte den Gesundheitsstatus der steirischen Eiche als zu riskant für stuntlastige Dreharbeiten ein. Der damals 50-jährige Actionstar, hätte es sich danach leicht machen können, wäre er einfach in Ruhestand gegangen, aber Aufgeben ist nun mal kein Wort, das sich in seinem Vokabular befindet. Nach einem gut zweijährigen Überzeugungskampf gelang es ihm 1999 mit „End of Days – Nacht ohne Morgen“ abermals, jene Menschen die an ihm zweifelten eines Besseren zu belehren; schließlich legte er sich in diesem Film mit dem leibhaftigen Teufel an, um der Menschheit einen sicheren Rutsch in das neue Jahrtausend zu ermöglichen.
New York im Jahre 1999; der Teufel ist auf die Erde zurückgekehrt um das nächste Jahrtausend für sich zu beanspruchen. Dazu muss er am 31. Dezember, um Mitternacht, den Antichristen zeugen. Seine auserwählte Braut ist von diesem Gedanken allerdings nicht gerade begeistert, und muss sich nicht bloß den Schergen des Leibhaftigen, sondern zudem den Häschern einer katholischen Splittergruppe erwehren. Ihr zur Seite steht lediglich Jericho Cane, ein Ex-Polizist, der nach dem Tod seiner Familie, vom Glauben abgefallen, nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
Ich muss sagen … überraschenderweise ist dieser Film sehr gut gealtert.
Als ich „End of Days“ im Dezember 1999 zum ersten Mal sah, haben mich die digitalen Spezialeffekte nicht sonderlich beeindruckt, obwohl mir der Film durchaus gefiel. Heute, fast exakt 20 Jahre später, muss ich gestehen, dass die Effekte überwiegend mehr als nur gut alterten. Lediglich die Explosionen und das Finale würde ich an der Grenze der willentlichen Aussetzung der Ungläubigkeit einstufen. Allerdings sollte man auch erwähnen, dass der Film über das stattliche Budget von 100 Millionen Dollar verfügte. Zwar bin ich mir sicher, dass ein Großteil davon in die Taschen der prominenten Besetzung wanderte, bedenkt man aber, dass „Matrix“ im selben Jahr „lediglich“ 63 Millionen Dollar kostete, hätte man sich für „End of Days“ durchaus ein imposanteres Finale erhoffen können. Dennoch gelang es dem Film einen Gewinn einzuspielen, selbst wenn er nicht der erhoffte Kassenschlager wurde, den sich das Studio erwünschte. Schwarzenegger kritisiert den Film dafür, dass er im Bezug auf die Beleuchtung zu düster ist; eine Kritik die ich zwar nachvollziehen kann, aber nicht teile. Im Gegensatz dazu vertrete ich die Meinung, dass es sich dabei um eine willentliche Entscheidung des Regisseurs Peter Hyams handelt. Zu keinem Zeitpunkt hat man in „End of Days“ das Gefühl etwas nicht deutlich genug präsentiert zu bekommen. Vielmehr vermittelt die Dunkelheit sowie die Abwesenheit satter Farben ein verstörendes Gefühl beim Publikum. Dies ist ein gutes Zeichen für einen Horrorfilm, in dem der Teufel am Untergang der Menschheit arbeitet. Diese Atmosphäre ist eine große Stärke von „End of Days“. Leider wird diese vom sehr generisch klingenden Soundtrack des Komponisten John Debney nur marginal unterstützt.
Auch wenn „Terminator“ und „Predator“ über gewisse Horrorelemente verfügen, hat Schwarzenegger in seiner Karriere bisher nicht in sonderlich vielen „klassischen“ Horrorfilmen mitgewirkt. So ist es durchaus erfrischend ihn in einem Film zu sehen, der primär ein Horror- und lediglich sekundär ein Actionfilm ist. Positiv hervorzuheben ist, dass Schwarzenegger nicht nur in den Actionszenen brilliert, sondern sich auch schauspielerisch mehr als nur wacker schlägt. Ihm gegenüber steht Gabriel Byrne, in einer hervorragenden Darbietung als der sagenumwobene Fürst der Hölle. Noch hervorragender wäre allerdings Udo Kier, die ursprüngliche Besetzung des Teufels, gewesen. Doch das Studio entschied sich dagegen die Hauptrollen mit zwei deutschsprachigen Schauspielern zu besetzen. So blieb für Kier nur eine Nebenrolle als satanischer Hohepriester, in der er zwar vollends überzeugen kann, aber dennoch verschwendet wirkt. Weniger überzeugend ist Robin Tunney als die auserwählte Braut des Teufels. Zwar ist sie eine solide Schauspielerin, doch fehlt es ihr am nötigen Charisma um neben Schwarzenegger und Byrne aufzufallen. Ebenfalls erwähnenswert ist der würdevolle Auftritt der, 2002 leider verstorbenen, Schauspiellegende Rod Steiger, sowie der, in einem Schwarzenegger-Film traditionellen, Cameo von Sven-Ole Thorsen.
Ist dieser Film einer Filmnacht an Silvester würdig?
Kurioserweise ist „End of Days“ einerseits kein traditioneller Schwarzenegger-Film, aber andererseits offensichtlich ein „Schwarzenegger-Vehicle“. So bietet diese Produktion sowohl jene Art von markanten Sprüchen und Actioneinlagen, für die der weltweit berühmteste Steirer bekannt ist, aber all dies eingewoben in einem eher gemächlichen und story-betonten Film. Das Dargebotene ist im Endeffekt sehr unterhaltsam, fühlt sich aber dennoch etwas zu lange an. Mit einer Laufzeit von ca. 117 Minuten überspannt man den Bogen deutlich. Eine Laufzeit von 90 bis 100 Minuten würde „End of Days“ deutlich besser zu Gesicht stehen, und hätte sich seinerzeit wohl auch positiv auf das Einspielergebnis ausgewirkt.
„End of Days“ ist einer jener Post-„Batman & Robin“-Filme von Schwarzenegger, die in den letzten zwei Jahrzehnten leider etwas in Vergessenheit geraten sind, sich aber wunderbar zum Wiederentdecken anbieten. Schwarzeneggers Kampf gegen den Teufel ist ein Kind seiner Zeit, und einer der letzten wahrhaftigen 90er-Jahre-Filme. Wer diese Zeit miterlebt hat, bekommt nicht bloß einen überdurchschnittlichen Horrorfilm mit Actionelementen geboten, sondern zudem eine Zeitreise in jene hektischen Tage vor dem Beginn des zweiten Jahrtausends. Darüber hinaus widmet sich der Film wichtigen Themen wie „ob Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist“ oder „welche Wahl man zwischen seinem Glauben und einer Glock 9mm treffen soll“. Obwohl „End of Days“ gerade im zweiten Kapitel etwas zu lange ist, handelt es sich dabei nach wie vor sowohl um einen starken Schwarzenegger- als auch um einen atmosphärischen Horrorfilm. Daher ist er einer Filmnacht an Silvester würdig!