Exklusiv für Uncut
Quo vadis, Jurassic Park? Wohin steuert dieses Franchise? Eigentlich hätte Schluss sein sollen…Doch dann glänzte das in den Augen, was allzu oft der falsche Grund für eine Fortsetzung ist: die Dollarzeichen. Über 1 Mrd. USD Box Office sorgten bei Universal für die Entscheidung, das vermeintliche Ende zu ver- und stattdessen einen neuen Film nachzuschieben. „Jurassic Park: Die Wiedergeburt“ ist jetzt die siebte Installation der Reihe.
Rückblick und Einordnung: 1993 erhebt sich durch das Fenster eines Jeeps der monströse Schatten eines T-Rex-Kiefers. Mit „Jurassic Park“ schafft Steven Spielberg einen Meilenstein. Ein atmosphärisches Werk, das digitale und animatronische Effekte perfekt vereint. Nach diesem starken ersten Streich folgte der freie Fall ins Sequel-Loch. Weder Teil 2 (1997) noch Teil 3 (2001) reichen qualitativ an die hohe Messlatte heran und es vergingen viele Jahre...2015 schließlich der Reboot. Aus „Park“ wurde „World“, aus Jeff Goldblum wurde Chris Pratt und die einst wertvolle Idee verendet vollends im postmodernen Franchisekino – nach „Jurassic World“ (2015) und „Jurassic World: Das gefallene Königreich“ (2018) sollte „Jurassic World: Ein Neues Zeitalter“ (2022) der finale Akt des gesamten Zyklus sein. Und ein Stück weit stimmt das auch, schließlich ist „Die Wiedergeburt“ eine neue Geschichte – neue Insel, neues Team, neue Kreaturen. Was bleibt übrig? Renaissance oder Recycling?
Neues Team, neues Glück? Endlich neue Gesichter! Autor David Koepp setzte eine Spielberg-Idee um: „let's have all-new characters in an all-new location“. Mit dabei: Scarlett Johansson, für sie ein Kindheitstraum. Außerdem: Oscar-Preisträger Mahershala Ali („Moonlight“) Rupert Friend und ein gegenwärtig aufregender Schauspieler, Jonathan Bailey (Fiyero in „Wicked“). Natürlich haben alle Charaktere keine wirkliche Relevanz, die Charaktere erfüllen eher funktionale Rollen und reifizieren archetypische Rollenmodelle: die toughe Agentin, der vorsichtige Wissenschaftler der moralisch ambivalente Pharmavertreter. Die Teamchemie passt, die museale Exposition gelingt, welche Mission gilt es zu bezwingen? Der Ausgangspunkt real biologisch: gerade große Dinosaurier lebten dank starkem Herz lange. Deshalb die verdeckte Operation: Extraktion von Saurier-DNS zur Medikamentenherstellung, um menschliches Herzleiden zu verringern. Das Konzept evoziert eine Reihe bioethischer Fragen – etwa zur Instrumentalisierung prähistorischer Körper als biopolitische Ressource und zur Pharmakologisierung natürlicher Lebensprozesse. Der Film unterlässt jedoch eine explizite Thematisierung dieser Diskurse. Nach einem Bootsunglück mit Zivilisten stranden schließlich alle Akteure auf einer einsamer Insel und erleben die übliche Jagd um Überleben.
Nach dem Jurassic-World-Beinahe-Fiasko also auch eine komplett ausgetauschte Crew – mit vielversprechender Vita. Primär verantwortlich ist Gareth Edwards, aufregender Blockbuster-Sci-Fi-Regisseur (unterschätzt: „The Creator“ und einer der besseren Star Wars-Werke: “Rogue One“). Er hat ein Gespür für Monster, steht für vortreffliches Worldbuilding und liebt den originalen Jurassic Park. Viele dieser Markenzeichen suchen wir in „Die Wiedergeburt“ vergeblich. Laut eigenen Angaben war der kreative Spielraum begrenzt und das merkt man in jeder Sekunde. Es ist kontrolliertes Blockbuster-Kino mit wenig Mut. Ob der D-Rex diesen Durchschnitt retten kann, bleibt fraglich. Für Monster-Fans ist der deformiert-mutierte T-Rex namens Distortus Rex sicherlich ein Highlight. Nachdem also authentische Saurier niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken, versucht man sich an wilden Monsterkreationen, in diesem Fall eine Mischung aus H.R. Gigers Alien-Xenomorph und Original-T-Rex.
Visuell profitiert der Film von Gareth Edwards gesteigertem Interesse an taktilen Bildwelten. Anstelle digitaler Glätte tritt eine semi-dokumentarische Ästhetik. Es sind keine Hochglanzwelten, keine hygienischen Settings. Stattdessen: Dreharbeiten in der Natur, an echten Locations (hier vor allem in Thailand), sowie Dreck und Abnutzung an allen Produkten und Körpern und Wesen. Und das sieht man definitiv und das tut dem Franchise gut. Weg aus der steril-futuristischen Welt der Steve-Jobs-Bösewichte und Freizeitparks, zurück in die Dschungelgefahr mit Schweiß, Blut und Abenteuer. Eine wohltuende Rückbesinnung: Menschen in lebensfeindlicher Saurier-Umgebung. Hervor stechen die stark inszenierten Wasser-Szenen. Erstens die Mesosaurus-Verfolgung (mit klaren „Jaws“-Anleihen) und zweitens die T-Rex-Attacke gegen ein familiär besetztes Schlauchboot, die aus der Buchvorlage für den ersten Teil übernommen wurde.
Doch viele gute Ansätze verlaufen im Sand. Altbekannte Muster dominieren. Am Drehbuchtisch besetzt David Koepp den Platz, der den Klassiker aus 1993 schrieb, der mit 4 Himbeer-Nominierungen jedoch schon negativ auffiel. Ja, die Story ist in diesem Kontext relativ neu. Nicht jedoch die Teamzusammensetzung, auch nicht die Tatsache, dass sich eine Familie mit Kindern durch den Saurier-Urwald schlagen muss. Und auch nicht die ellenlange Liste an Szenen voller Nostalgie und Hommage. Wenn das Franchise überleben will, muss es langsam auf andere Fundamente setzen als auf die ewig gleichen Nostalgie-Erinnerungen von vor 30 Jahren.
Fazit: Die Frage nach dem narrativen und ästhetischen Kurs der „Jurassic“-Reihe ist spätestens seit dem Original von 1993 eine Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen schöpferischer Vision und ökonomischer Verwertungslogik. Mit dem siebten Teil des Franchise, „Jurassic Park: Die Wiedergeburt“, wird dieses Spannungsverhältnis erneut zugunsten der kommerziellen Reproduktion verschoben. Das Werk trifft zwar den abenteuerlich-schaurigen Ton der Franchise-Wurzeln, doch scheitert an der inhärenten Spannung zwischen Innovation und Franchise-Erhaltung. Was bleibt, ist eine cineastische Reanimation – technisch kompetent, ideell jedoch leblos. Statt mutiger Neuerfindung gibt’s eine Ehrenrunde durchs Spielberg-Erbe. Weder Totalausfall noch mutiger Reboot, sondern solides Popcorn-Kino im Autopilot-Modus. Die Frage bleibt: Wohin steuert dieses Franchise? Ist das noch Evolution oder schon kreatives Aussterben?