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  • Bewertung

    Peruanische Peinlichkeiten

    Exklusiv für Uncut
    Was haben folgende Trilogien gemeinsam: Der Pate, Zurück in die Zukunft, X-Men und Spider-Man? Zweifellos sind das keine Animationsfilme und nein, natürlich gibt es keine weibliche Hauptfiguren. Mit Blick auf die Filmreihendynamik lässt sich ein anderer Nenner finden: der gravierende Qualitätsrückgang im dritten Teil. Ohnehin ist verwunderlich, dass es diese Exemplare immerhin zu einer (!) hochwertigen Fortsetzung geschafft haben. Selbst das ist nicht selbstverständlich, denken wir an Jurassic Park oder Matrix. Doch spätestens die Drittinstallation erlebte in allen oben genannten Trilogien ein mittelschweres Fiasko. Und damit herzlich willkommen in Peru, dem Heimatland der Kultkinderfigur Paddington. Seine neueste Tour nach Südamerika reiht sich ungehindert ein in diese Werkpalette mit zwei wahrlich wertvollen Beiträgen und einem filmischen Fehlschlag.

    Dabei fing alles so gut an. Drei Jahre nach dem ersten Film („Paddington“, 2014), in dem wir Paddingtons Herkunft kennenlernten und seine ersten Londoner Streifzüge voller Slapstick und Sentimentalität beobachten durften, toppte „Paddington 2“ sogar seinen Vorgänger. Alle waren zufrieden, die Paddington-Puristen, die Filmkritik und das Familien-Kinopublikum. Davon kann bei „Paddington in Peru“ keine Rede sein. Sogar der charmanten, kleinen Braunbären tritt in den generischen Blockbustersumpf.

    Bis auf einen kleinen Bruch um den Wechsel von Sally Hawkins zu Emily Mortimer als Mary Brown: Auftritt der bekannten Köpfe. Hugh Bonneville als Henry Brown, die Kinder Judy und Jonathan, Julie Waters und Jim Broadbent in Sidekicks. Neu dabei sind Olivia Colman als Mutter Oberin und Antonio Banderas als Indiana-Jones-Verschnitt Hunter Cabot. Inhaltlicher Hintergrund ist die angekündigte Reise nach Peru. Mutter Oberin betreut Paddingtons geliebte Tante Lucy in einem Seniorenheim für Bären und informiert ihn per Brief über Lucys schlechten Gemütszustand. Deshalb reist Familie Brown mit Paddington nach Peru, nur um Lucys Verschwinden festzustellen. Sogleich entspinnt sich ein klassisches Suchen-und-Finden-Abenteuer, verwoben mit der geheimnisvollen Goldstadt El Dorado, die gleichzeitig im Visier umtriebiger Leute ist.

    Nicht nur der Cast übertreibt es an der ein oder anderen Stelle. Die Grenze zum Overacting und peinlichem Humor wird mehrfach überschritten. Momente des witzigen Paddington-Slapsticks lassen sich an weniger als einer Hand abzählen, für Kinder steckt einfach nicht genug drin. Alles darüber hinaus würde wohl heutzutage als „cringe“ tituliert werden, einschließlich irritierender Space Odyssey-Referenzen und verstörender Gesangseinlagen. Werner Herzog, dessen „Aguirre“ und „Fitzcarraldo“ als Inspiration genannt wurden, würde nur müde lächeln. Dafür ausschlaggebend sind Drehbuch und Regie, Änderungen auf Regie- und Autorenstuhl sind entscheidende Einschnitte. Paul King, verantwortlich für die ersten beiden Teile ist nur mehr als Story-Creative an Bord, dafür sehen wir das mittelprächtige Regie-Erstlingswerk von Dougal Wilson. Vorhersehbare Stränge, kaum Herz, ein Zuviel an dubiosen Wandlungen, episodenhafte Dramaturgie und schwach motivierte Charaktere, die Liste der unzureichenden Aspekte ist lang. Nur das orange-goldene Ende und Paddingtons Knuffigkeit, an der dieser Film aber keine Anteile hat, bewahrt vor einem totalen Reinfall.

    Fazit: Keinesfalls ist „Paddington in Peru“ ein Ladenhüter. An den Kassen ist der peruanische Ausflug mit dem erfolgreichsten UK-Kinostart seit vier Jahren ein bewährter Erfolg – und das noch vor seiner Veröffentlichung in den Staaten. Paddington tapst also auf seinen lukrativen Spuren, der Honigtopf ist prall gefüllt und nimmt noch breitere Dimensionen an. Ein vierter Teil, eine TV-Serie und ein West End-Musical sind angekündigt. Nach den Gesetzen der kapitalistischen Marktlogik vielleicht nachvollziehbar, cineastisch droht aber die Versenkung. „Paddington in Peru“ kommt nicht im Ansatz an seine überzeugenden Vorgängerfilme ran, ist generisch, kalkuliert und stellenweise peinlich. Von der auf Zelluloid gepressten, charmanten Liebenswürdigkeit ist nicht viel übrig.
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    (André Masannek)
    03.02.2025
    16:52 Uhr
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