Bilder: KGP Kranzelbinder Gabriele Production Fotos: KGP Kranzelbinder Gabriele Production
  • Bewertung

    Über Freundschaft und eine Millionenwette

    Exklusiv für Uncut vom K3 Film Festival
    „The Million Dollar Bet“ feierte vor wenigen Wochen seine Premiere auf der Viennale. Gestern folgte die österreichische Premiere auf dem K3 Festival in Villach. Ein weiterer perfekter Film für das Oberthema des Festivals „Nähe“. Einerseits im Kontext Zwischenmenschlichkeit, andererseits bei der titelgebenden Wette und der gesamten Geschichte, die auf wahren Begebenheiten basiert.

    Hank (Douglas Smith) und Jack (Justin Cornwell) sind durch Glücksspiel, besser gesagt Poker, in Las Vegas reich geworden und müssen sich nicht mehr mit den alltäglichen Problemen, in erster Linie einem Nine-to-Five-Job, herumschlagen. Langeweile stellt sich jedoch schnell ein und so kommt Hank in den frühen Stunden eines neuen Tages auf eine Idee, mit der er Jack herausfordern will.

    Eine Strecke von 70 Meilen (122 Kilometer) will er in 24 Stunden zurücklegen, was einem dreifachen Marathon gleicht. So wetten sie mit einem hohen Wetteinsatz. Falls Hank diese gewaltige Distanz nicht innerhalb der festgelegten Frist bewältigen sollte – was mehr als 400 Umrundungen seines Wohnblocks entspricht – würde Jack einen Gewinn von einer Million Dollar einstreichen. Unmöglich kann Jack bei diesem exzentrischen Vorhaben seines völlig untrainierten Freundes absagen…

    Eine weitere abstruse Geschichte aus Las Vegas

    An Las Vegas haften viele Themen, Schlagwörter, Phrasen. Ganz weit vorn: Was in Las Vegas passiert, bleibt auch in Las Vegas. Ab und zu schafft es eine Geschichte doch aus der Stadt der Sünde heraus. „The Million Dollar Bet“ ist eine solche Erzählung, die perfekt zu dieser Stadt passt. Alles ist auf Superlative ausgelegt - das Ziel, die Einsatzsumme, nicht zu vergessen das Leben am Limit und die Herausforderung der Gesundheit, abgerundet von einem atmosphärischen Vakuum, welches viele Filme zuvor zeichneten. Werke wie „The Cooler“, oder auch „Leaving Las Vegas“ kommen in den Sinn, die das verführerische Nachtleben festhalten und es gleichzeitig mit der intensiveren Zurückgezogenheit in den äußeren Verästelungen der Stadt konterkarieren. Es passt zu der Aussage des Regisseurs nach dem Film, dass sich am amerikanischen Kino orientiert wurde.

    Was zuerst wie ein Spiel oder schlecht gemeinter Witz beginnt, stellt sich im Laufe der Geschichte als immer intensivere Tortur für beide Parteien heraus. Obgleich wir erfahren, dass dieses Vorhaben tödlich enden könnte, bleibt die Komponente der Gefahr oder Intensität jedoch weitestgehend unausgespielt. Ganz andere Situation und auch ganz anderer Film, gibt „127 Hours“ vor dem Hintergrund das perfekte Gegenbeispiel ab. Hier werden zähneknirschende Momente, Situationen maximaler Erschöpfung und traumatisierende Szenen vereint und schaffen ein spürbar intensiveres Erlebnis. „The Million Dollar Bet“ ist hingegen der deutlich angenehmere Film, in dem auch etwas Platz für Humor ist.

    Während Hank seine Runden dreht, spielen sich die unterschiedlichsten Mini-Geschichten ab: Hamburger essen im Schnellrestaurant, das Beobachten der Nachbarn und auch der Auftritt einer leicht senilen älteren Dame sorgen immer wieder für Abwechslung und fügen sich natürlich in die Geschichte und das Setting ein. Ganz leicht machen diese Momente den Eindruck einer harmloseren Version von „Pulp Fiction“, als das wohl beste Beispiel für die Verschmelzung kleinerer Geschichten.

    Der ganz große Unterschied dabei ist, dass „The Million Dollar Bet“ deutlich minimalistischer konzipiert ist und sich auch bewusst gegen Überladung entscheidet. Hier gibt es weder übertriebene Schicksalsmomente à la Deus ex Machina oder das Bemühen, ikonisches Kino zu kreieren, noch handelt es sich um ein tiefergehendes Psychogramm voller Bedeutungszuschreibungen. Sicherlich ließe sich die Frage stellen, warum Hank sich so ein superlatives Ziel aussucht - und vermutlich ließe sich auch ein Zugang finden. Der ausschlaggebende Punkt ist, dass der Film diese und weitere ähnlich gelagerte Fragen zu keiner Zeit breit tritt, um sich künstlich am Leben zu erhalten. Statt affektierten Bemühungen bleibt es kurz und bündig - lakonisch, um es in der Gesamtheit festzuhalten.

    „The Million Dollar Bet“ gibt damit nicht nur einen sehenswerten Indiefilm ab, sondern bringt auch das K3 Filmfestival zu einen gelungenen Abschluss. Mit einer großen Bandbreite an verschiedenartigen Filmproduktionen war es ein spannendes Festival, das in den meisten Fällen zum Staunen einlädt.
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    (Michael Gasch)
    08.12.2024
    23:22 Uhr