Filmkritik zu The Second Act

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    Le deuxième acte – Quentin Dupieuxs humorvolle und bissige Gesellschaftssatire

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Nach seinen Erfolgen mit „Daaaaaaali!“ und „Yannick“ im Jahr 2023 kehrt Quentin Dupieux mit „Le deuxième acte“ zurück, seinem mittlerweile 13. Spielfilm. Der Film, der im malerischen Périgord gedreht wurde, bringt eine hochkarätige Besetzung auf die Leinwand: Léa Seydoux, Louis Garrel, Vincent Lindon und Raphaël Quenard. Trotz seiner üblichen Begeisterung für das Gespräch mit der Presse, kündigte Dupieux dieses Mal an, keine Interviews zur Vermarktung des Films zu geben. „Ich habe Lust zu schweigen“, erklärte er, „denn dieser sehr geschwätzige Film sagt alles, was ich sagen möchte.“

    Dupieux ist bekannt für seinen absurden Humor und seine Vorliebe, das Publikum zu verwirren und gleichzeitig zu unterhalten. In „Le deuxième acte“ steht David (gespielt von Louis Garrel) im Mittelpunkt, der seinen Freund Willy (Raphaël Quenard) beauftragt, eine Frau namens Florence (Léa Seydoux) zu verführen, die ihm nachläuft, aber keinerlei Anziehung auf ihn ausübt. Schon in der Eröffnungsszene wird deutlich, dass Dupieux den Zuschauer auf eine meta-humoristische Reise mitnimmt, in der Themen wie Homosexualität, Transidentität und Behinderung nur oberflächlich und auf absurde Weise angesprochen werden, bevor sie von den Figuren selbst relativiert oder zensiert werden.

    Die eigentliche Pointe des Films liegt darin, dass Dupieux die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwimmen lässt. „Le deuxième acte“ spielt bewusst mit den Erwartungen des Publikums und führt eine Reihe von komplexen Themen an, die von Ruhm und Anerkennung über künstliche Intelligenz bis hin zu sexuellen Übergriffen reichen. Dabei wird die Filmindustrie ebenso wie die Gesellschaft im Allgemeinen auf subtile und ironische Weise kritisiert. Besonders bemerkenswert ist Dupieuxs Fähigkeit, diese oft schweren Themen in einen leichten, humorvollen Rahmen zu packen. Die Metaebene, die er von Beginn an einführt, sorgt dafür, dass der Film nicht nur als einfache Satire funktioniert, sondern auch als Kommentar auf die moderne Film- und Unterhaltungsindustrie. Die Zuschauer werden in eine Welt geführt, in der die Grenze zwischen Ernst und Parodie stets verschwimmt. Das Publikum lacht an den richtigen Stellen, auch wenn der Humor oft bissig ist und zum Nachdenken anregt.

    Die schauspielerischen Leistungen sind herausragend, insbesondere die Fähigkeit der Darsteller:innen, nahtlos zwischen den verschiedenen Figuren und den Rollenwechseln in den langen Plansequenzen zu agieren. Dupieux nutzt bewusst absurde Schnitte und Musikaussetzungen, die bereits in seinen früheren Filmen zu sehen waren, um den Zuschauer immer wieder aus dem Filmgeschehen herauszuholen und gleichzeitig in die Handlung hineinzuziehen. Obwohl der Film in der zweiten Hälfte etwas an Tempo verliert, bleibt er spannend, da Dupieux das Publikum kontinuierlich in die Irre führt und nie genau verrät, wohin die Geschichte gehen wird. Das Ende ist typisch für den Regisseur – überraschend und doch konsequent, ohne dem Anspruch, den Zuschauer mit einem positiven oder moralisch erbaulichen Gefühl zu entlassen.

    „Le deuxième acte“ ist ein Film, der mit seinem absichtlich absurden und ironischen Ansatz sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Dupieux gelingt es einmal mehr, durch seine eigenwillige Inszenierung die Grenzen des Kinos auszuloten und dabei Gesellschaft, Kunst und Ethik auf eine Weise zu verhandeln, die sowohl humorvoll als auch tiefgründig ist.
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    MYB
    (Melike Yağız-Baxant)
    25.10.2024
    11:29 Uhr