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    Die Schönheit des Infernos

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Katia und Maurice Krafft reisten gemeinsam über Jahrzehnte hinweg von Vulkan zu Vulkan, jagten Ausbrüchen hinterher und sammelten dabei geologische Daten und Filmmaterial. Es ist die Geschichte zweier Personen, die aufgrund ihres geteilten Interesses zueinanderfinden und gemeinsam ihrer Berufung nachgehen. 1991 starb das französische Forscherpaar gemeinsam mit circa 40 anderen Personen bei einem Ausbruch den Vulkans Unzen in Japan.

    Herzog bildet aus den bisher unveröffentlichten Archivaufnahmen der Kraffts ein Portrait des Paares, das gleichermaßen Dokumentation wie Hommage ist. Dabei geht er mit seiner idiosynkratischen Art an den Film heran und entwirft gewissermaßen zwei Perspektiven. Einerseits der Blickwinkel der Kraffts mitten im Geschehen: wenn Katia ihren Ehemann filmt, der im silbernen Hitzeschutzanzug nur wenige Meter von einem gleißenden Lavastrom entfernt steht, hat man das Gefühl mit ihnen am Rande des Infernos zu stehen. Andererseits zieht Herzog immer wieder eine Metaebene ein. Er kommentiert aus dem Off das Geschehen und reflektiert über seine Herangehensweise an den Film. So erklärt er gleich zu Beginn, dass es sich dabei nicht um eine Biografie handelt, sondern um eine Zelebration der Bilder. Ganz explizit drückt er seine Bewunderung für das filmische Auge und die künstlerische Vision aus, die die Kraffts im Laufe ihrer dokumentarischen Arbeit entwickelten. Man hört aus Herzogs Erzählungen eine gewisse Verwandtschaft zwischen ihm und Katia und Maurice Krafft heraus, insbesondere wenn er von der Leidenschaft und der Waghalsigkeit spricht, mit der die beiden ans Werk gehen. Gerade diese geistige Nähe macht Herzog zum idealen Vermittler zwischen dem Zuseher und der Welt der Kraffts.

    Die Aufnahmen der Eruptionen, Glutwolken und Lavaströme allein würden beinahe einen einstündigen Film rechtfertigen, so grandios sind die Bilder. „The Fire Within“ geht jedoch darüber hinaus. In vertrauter Manier mit klassischer Musik unterlegt und ergänzt von seinen essayistischen Monologen, entsteht durch die Synthese von Herzogs Ästhetik und dem Archivmaterial der Kraffts ein ganz spezielles Erlebnis.

    So ist der Film mehreres zugleich: ein Nachruf auf zwei Wissenschaftler, eine Würdigung des Talents zweier Filmemacher und eine Exploration der eindrucksvollsten und schönsten Bilder, die die Natur zu bieten hat.
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    (David Schrittwieser)
    13.11.2022
    20:15 Uhr