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    Zurück in den Wilden Westen

    Exklusiv für Uncut von den Filmfestspielen in Venedig
    Walter Hill ist ein wahres Urgestein der Genrefilm-Kunst. Mit Werken wie dem Buddy-Cop-Movie „48 Stunden“, der Sowjet-Komödie „Red Heat“ und dem Neo-Noir-Thriller „The Driver“ bescherte er dem Kino der Siebziger- und Achtzigerjahre mehrere Kultklassiker. In erster Linie sieht sich der heute 80-jährige Regisseur aber dem Westernfilm zugeschrieben und meinte in einem Interview einst sogar, dass ein jeder seiner Filme, ganz unabhängig vom Setting, auf die eine oder andere Weise dem Genre zugehörig sei. Seine Liebe zum Wilden Westen macht Hill auf seine alten Tage nun besonders deutlich: mit seinem neuesten Film „Dead for a Dollar“ liefert er nämlich einen ganz klassischen Western der alten Schule ab.

    Max Borlund (Christoph Waltz) wird dazu angeheuert, die bildhübsche Rachel (Rachel Brosnahan) aus den Klauen eines vermeintlichen Deserteurs zu befreien, der diese nach Mexiko entführt haben soll. Wie sich bald herausstellt, ist die junge Frau in Wahrheit aber kein Opfer. Tatsächlich handelt es sich bei Elijah (Brandon Scott) weniger um ihren Entführer als vielmehr ihren Lover. In der Hoffnung ihrem eigentlichen Ehemann zu entkommen, möchte sie mit ihrer neuen Liebelei nach Kuba durchbrennen. Auf dem Weg dorthin bekommen sie es aber mit einer gefürchteten Gangsterbande zu tun. Ein Umstand, der zu einer Wiederbegegnung zwischen Borlund und dem Bankräuber Joe Cribbens (Willem Dafoe) führt, den der Kopfgeldjäger einst erfolgreich hinter Gittern gebracht hatte. Cribbens ist seither auf Rache aus und als nun freier Mann dieser einem großen Schritt näher gekommen. Es bahnt sich ein unvermeidbarer Showdown an.

    Hills erster Spielfilm seit dem 2016 veröffentlichten Action-Thriller „The Assignment“ wird mit Sicherheit nie den Kultstatus seiner Frühwerke wiederholen können. Western-Liebhaber sollten aber im Normalfall trotzdem auf ihre Kosten kommen. Routiniert bedient sich Hill an den klassischen Zutaten und Tropen des Genres, moderne Akzente werden höchstens in Bezug auf die starke weibliche Protagonistin („The Marvelous Mrs. Maisel“-Star Rachel Brosnahan gibt eine gewohnt charismatische Figur ab) und ihrem afroamerikanischen Liebhaber gesetzt. In seiner Leichtigkeit erinnert der Film vielmehr an diverse B-Movies als beispielsweise an die großen Italowestern mit Clint Eastwood und Franco Nero. Teilweise wirkt das wie eine bewusste Hommage, teilweise in seiner Albernheit unfreiwillig komisch. Dennoch lässt sich schwer leugnen, dass hier jemand am Lenker saß, der sein Handwerk bestens versteht. Mit prächtigen Totalen, staubigen Szenerien und schmucken Kostümen transportiert Hill die dreckige Ästhetik des Westernfilms gekonnt ins 21. Jahrhundert. Und allein dieser Umstand macht diesen starbesetzten Ritt in den Wilden Westen trotz einiger Schwächen und Längen zu einem sehenswerten Alterswerk.
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    (Christian Pogatetz)
    03.10.2022
    21:26 Uhr