Exklusiv für Uncut
Neun Jahre nachdem er seine „Mad Max“-Reihe weitergeführt hat, nimmt uns George Miller erneut mit auf die „Fury Road“ und liefert mit „Furiosa“ ein hervorragendes Prequel ab. Erzählt wird die Vorgeschichte von Immortan Joes Nr. 1 Imperator und wie sie dazu wurde, von ihrer Entführung aus dem Grünland bis zu ihrer folgenschweren Entscheidung. Die Einöde des postapokalyptischen Australiens wird dabei weiter erkundet; neben der „Citadel“ bekommen wir die bereits angeteaste „Bullet Farm“ und die spritspendende „Gastown“ endlich zu sehen. Bekannte Figuren werden ausgebaut und treffen auf neue, wie den Hauptantagonisten Dementus, beinahe schon unerkenntlich verkörpert von Chris Hemsworth. Der scheint den Spaß seines Lebens in der Rolle zu haben und dreht voll auf, charismatisch-verrückt samt ultradickem australischem Akzent. Und stiehlt dabei der Protagonistin, die manchmal eher in den Hintergrund rückt, in ihrem eigenen Film fast die Show. Anya Taylor-Joy („The Menu“, „Northmen“) und Alyla Browne als junge Furiosa (bald ebenfalls überzeugend zu sehen im Spinnenschocker „Sting“) treten dennoch gekonnt in die enormen Fußstapfen von Charlize Theron.
Nur weil man das Ziel kennt, muss der Weg dahin nicht langweilig sein. Begleitet von einem trommelnden Score (diesmal leider ohne eigenen Heavy-Metal-Laster), der wieder aus der Feder von Junkie XL stammt, mechanischer Soundkulisse und viel Motorengeheul jagt wieder eine Actionsequenz die nächste. An den konstanten Adrenalinkick des Vorgängers reicht das jedoch bei weitem nicht heran; dem stärkeren Fokus auf die Handlung geschuldet wird zwischendurch öfter das Tempo rausgenommen und eine Verschnaufpause eingeräumt. Nicht nur dadurch spürt man die mit 148 Minuten höhere Laufzeit deutlicher. Mitreißen tut‘s trotzdem; eine Verfolgungsjagd mit dem aufgemotzten Tankwagen alias „War Rig“ etwa in der Mitte des Films sticht besonders hervor. Aber insgesamt ist alles ein kleines bisschen zahmer und weniger aufgedreht. Auch optisch gibt es nicht annähernd etwas, das mit den Sandsturm aus „Fury Road“ mithalten könnte.
Das Produktion Design durfte sich jedenfalls wieder nach allen Regeln der Kunst austoben, nur kommt man bei all der Action wohl kaum dazu, sich all die detailreichen Kostüme und Requisiten genauer anzuschauen. Die Welt fühlt sich immer noch sehr real an. Die Action jedoch teilweise nicht mehr, was meinen einzigen aber schwerer wiegenden Kritikpunkt darstellt. Die vielen praktischen Effekte haben zuvor noch zu einem irren Realismus geführt, der das Erlebnis spektakulärer gemacht hat. Egal was jetzt real gedreht wurde und was aus dem Rechner stammt (da wird man sicher auf diverse Behind-the-Scenes-Videos warten müssen), es sieht oft einfach sehr glattgebügelt und künstlich aus. Das schmälert definitiv die Wirkung.
Trotzdem kann ich „Furiosa“ getrost weiterempfehlen, für Fans und welche die es werden wollen.