Filmkritik zu Fresh

Bilder: Fox Searchlight Fotos: Fox Searchlight
  • Bewertung

    Liebe geht durch den Magen

    Exklusiv für Uncut vom Sundance Film Festival
    Auch wenn im Rahmen des Sundance Film Festivals oft sehr hochkarätige Premieren anstehen, so liegt mir doch das Programm der Midnight-Schiene, in der Neuerscheinungen aus dem Horror- und Thrillerbereich vorgestellt werden, fast am meisten am Herzen. Einer dieser Filme ist das Regiedebüt von Mimi Cave, die im Horrorthriller „Fresh“ die aktuelle Onlinedatingkultur aufs Korn nimmt. In den Hauptrollen sind Marvel-Star Sebastian Stan und die britische Newcomerin Daisy Edgar-Jones zu sehen. Das Genrewerk wird in den USA von Hulu vertrieben und soll hierzulande im Frühling beim Streamingriesen Disney+ erscheinen.

    Die Mittzwanzigerin Noa hat die Nase voll vom Daten. Auch wenn sie es immer wieder auf verschiedenen Datingportalen versucht, scheint sie einfach kein Glück zu haben. Gleichzeitig ist sie froh, sich nicht von einem Mann abhängig machen zu müssen, führt sie doch abseits davon ein glückliches Leben und hat ihre beste Freundin Millie stets an ihrer Seite. Als sie eines Tages im Supermarkt mit dem charmanten Steve zusammentrifft, ist es dann doch um sie geschehen. Zögerlich geht sie mit dem Chirurgen eine Beziehung ein. Nachdem Steve Noa auf einen Überraschungsurlaub einlädt, beginnt dessen gutmütige Fassade allerdings zu bröckeln und dahinter kommt nichts Gutes zum Vorschein...

    Der Übergang von Liebeskomödie zum absoluten Horrortrip wird im Film durch den Titledrop nach dreißig Minuten spektakulär eingeläutet. Dieser Switch gelingt Sebastian Stan (Captain America, I Tonya), der in der Rolle des Steve schlagartig vom Sunny Boy zum kaltblütigen Psychopathen wechselt, auf unglaublich überzeugende Art und Weise, es scheint als würde er in diesem Jahr mit ungewohnt mutigen Rollen (zum Beispiel bald als Rocker Tommy Lee in „Pam & Tommy“) endlich sein volles Potential als Schauspieler zeigen zu können.

    „Fresh“ geizt nicht mit Splatter und Gore-Elementen und findet trotzdem eine gute Balance zwischen abstoßenden und ästhetisch ansprechenden Bildern, was der rundum gelungenen Kinematographie von Pawel Pogorzelski und den damit perfekt abgestimmten Needledrops zu verdanken ist.

    Ohne zu viel zu verraten, kann der Film vor allem als Kritik an den oftmals ungleichen Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen und gelesen werden, und thematisiert dabei auch toxische Besitzansprüche innerhalb von Beziehungen. Durch seinen beißenden Humor und der elektrisierenden Chemie der beiden Hauptdarsteller tut sich das Werk aus einer Menge von ähnlichen Genrearbeiten hervor und könnte durchaus in den nächsten Jahren zum Genreklassiker avancieren.

    Ein schockierendes Erstlingswerk mit ordentlich Biss!
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    (Julia Pogatetz)
    22.01.2022
    20:02 Uhr