Bilder: Filmladen, Ascot Elite Filmverleih, Wild Bunch Fotos: Filmladen, Ascot Elite Filmverleih, Wild Bunch
  • Bewertung

    Späte sexuelle Befreiung

    Exklusiv für Uncut vom Sundance Film Festival
    In ihren Filmen beschäftigt sich Regisseurin und Drehbuchautorin Sophie Hyde (52 Tuesdays, Animals) immer wieder mit Beziehungsdynamiken und bricht dabei gerne mit konventionellen Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Normen. So auch in ihrer neuen Komödie „Good Luck To You, Leo Grande“, die kürzlich im Zuge des Sundance Film Festivals uraufgeführt wurde. Als Protagonistin des Films konnte keine geringere als zweifache Oscarpreisträgerin Dame Emma Thompson gewonnen werden, in der Rolle des charmanten Callboys Leo Grande ist der irische Schauspieler Daryl McCormack (Peaky Blinders) zu sehen.

    Nancy Stokes, eine verwitwete Lehrerin in Rente, wartet nervös im Hotelzimmer. Nachdem sie ihr Leben lang ihre eigenen Bedürfnisse unterdrückt hat und sich ihrem langweiligen Alltag gefügt hat, will sie nach dem Tod ihres Mannes endlich neue Lebensfreude entdecken. Obwohl sie sehr lange über das Engagieren eines Sexarbeiters nachgedacht hat, kommen Nancy Bedenken als der junge, gutaussehende Leo Grande schließlich den Raum betritt. Mit seinem Charme gewinnt er schnell das Vertrauen der Mittfünfzigerin, die unbedingt das erste Mal in ihrem Leben einen richtigen Orgasmus erleben möchte. Ihre eigene Unsicherheit steht ihr beim Vorhaben allerdings im Weg, während Leo von Nancys Eigenheiten fasziniert zu sein scheint.

    Der Film beschränkt sich komplett auf die Treffen zwischen den beiden Hauptfiguren und findet fast ausschließlich in den Räumlichkeiten des Hotels statt, was wohl den Dreharbeiten inmitten der Hochphase der Pandemie im Vereinigten Königreich zu verschulden ist. Das reduzierte Setting funktioniert als Kammerspiel nichtsdestotrotz wunderbar und vermag es die beiden Protagonisten gekonnt ins Scheinwerferlicht zu stellen.

    Die physische und emotionale Entblößung von Nancys Charakter erfolgt graduell und geht mit ihrem zunehmenden Selbstbewusstsein, das sie durch die intimen Treffen mit Leo dazugewinnt, einher. Der Film beschäftigt sich dabei mit Themen wie Selbstliebe, (falschen) Schönheitsidealen und Sexarbeit, und demonstriert, dass es nie zu spät ist, aus alten Mustern auszubrechen und seinen eigenen Körper kennen und lieben zu lernen.

    Ein wunderbar unterhaltsamer Film, der mit viel Selbstironie und Augenzwinkern tiefgehendere gesellschaftliche Probleme aufgreift.
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    (Julia Pogatetz)
    23.01.2022
    18:29 Uhr