Filmkritik zu Ambulance

Bilder: Universal Pictures International Fotos: Universal Pictures International
  • Bewertung

    Action-Bilderrausch voll Pathos und Munition

    Exklusiv für Uncut
    Michael Bay hat sich in der Filmgeschichte schon mit einigen großen Blockbustern einen Namen gemacht, gleichzeitig aber inzwischen auch (so wie viele andere Regisseure auch) das eine oder andere Mal daneben gehaut. Berechtigterweise hat ihm seine Fangemeinde das aber immer wieder verziehen und sich ganz sicher - und auch zurecht, soviel sei vorweg genommen - auf sein neuestes Werk gefreut. Und in der Tat werden in diesem Film die Erwartungen sehr vieler ganz sicher erfüllt, wahrscheinlich aber ebenso viele auch enttäuscht. Wobei man diese Gruppe auch fragen könnte, warum sie sich immer noch etwas Anderes von Michael Bays Filmen erwarten, zum Beispiel durch und durch zumindest theoretisch logische Handlungsabläufe oder Dialoge, die diesen Namen auch verdienen (also es spricht oder schreit nicht nur einer und der andere rennt oder schießt). Manch einer, der Bays Filme noch nicht kennt erwartet sich vielleicht auch mehr inhaltlichen Variantenreichtum als die mehrmalige Wiederholung der an sich selben Materialschlacht, nur eben in einem anderen Straßenzug.

    Seine Fans oder zumindest jener Teil des Publikums, das sich auf eine ganz typische Weise einfach unterhalten will, werden auch diesmal zufrieden sein. Schließlich kann man ihm nach wie vor nicht absprechen, ein Meister des Klotzens und schneller Actionszenen zu sein. Auch seine ganz typische US-amerikanische Bildersprache ist hier wieder in voller Pracht zu bewundern: Hubschrauber, die über den Himmel fliegen, Close-Ups auf die FBI- und Polizei-Schriftzüge, roter Lippenstift bei der Hauptdarstellerin, der einfach nie verwischt oder nach der fünften Reanimation im Rettungswagen verblassen könnte. Dazwischen immer und immer wieder die wehende Flagge der USA, am besten leicht angesengt oder in einer Wolke aus Feuer und Rauch und dazwischen: die patriarchalischen Geschlechterstereotypen, für den ihn wahrscheinlich ebenso viele hassen wie Applaus spenden werden. Kaum so deutlich wird die US-Gesellschaft, die so gespalten ist wie noch nie zuvor, so konkret in einem Film sichtbar, der das rein oberflächlich betrachtet gar nicht zum Thema hat. Ja, natürlich hat der Film eine weibliche Heldin, aber das Sagen haben im Film immer noch die Männer, egal, ob gut oder böse und Homosexuelle sind für die Unterhaltung zwischendurch gut.

    Unterhaltung lässt sich in dem an sich spannenden Actionfilm allerdings trotz aller Begrenzungen und Oberflächlichkeiten trotzdem finden, denn er baut den Spannungsbogen relativ schnell auf und hält ihn auch über weite Strecken des Filmes aufrecht. Die letzten 20 Minuten hingegen verkommen zunehmend zu einer Wiederholung des schon Gezeigten oder Gesagten, sodass der kreative Wendepunkt mit dem originellen Ablenkungsmanöver im letzten Augenblick kommt.

    Wem „Speed“ gefallen hat, dem wird auch hier nicht langweilig. Wer an „Pearl Harbor“ die Szenen mit den Blut spendenden Soldaten und den Krankenschwestern mit ebenso blutrotem Lippenstift toll fand, genauso. Wer sich endlich wieder nach einer Materialschlacht à la „Transformers“ mit vielen kaputt gefahrenen bzw. geschossenen Autos sehnt, hat sicher auch eine Menge Spaß hier - bloss, dass sich die Autos leider nicht verwandeln können, aber was soll's? Jake Gyllenhaal mimt den Bösewicht der Geschichte für meinen Geschmack ein wenig zu hektisch, aber doch böse genug, um glaubwürdig zu bleiben und auch die übrigen DarstellerInnen füllen den Rahmen ihrer Rollen problemlos aus. Los Angeles ist eine wirklich coole Kulisse für Filme dieser Art, Action nach allen Regeln der Kunst vor einer schönen Kulisse ist das Angebot, das dieser Film seinem Publikum macht. Wenn es kein Cop-Meisterwerk wie „Heat“ und auch kein Psychodrama wie „Collateral“ erwartet, wird es auch nicht enttäuscht werden.
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    (Markus Löhnert )
    27.03.2022
    13:07 Uhr
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