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    Ein biographischer Roadtrip

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Mark Cousins konnte sich in den vergangenen Jahren bereits einen Namen als Regisseur mehrerer filmspezifischer Videoessays machen. In seinem bekanntesten Werk, „A Story to Film: An Odyssey“, widmete er sich beispielsweise über 100 Jahren aus der internationalen Filmgeschichte, aber auch Werke zu Frauen in der Filmindustrie oder über Orson Welles gehören zu seinem Oeuvre. Für „The Storms of Jeremy Thomas“ wählte er nun eine wahre Produzentenlegende als Gegenstand seiner cinephilen Untersuchungen: the one and only, Jeremy Thomas.

    „I love cinema too much“ sagt Jeremy Thomas zu Mark Cousins während ihres Trips nach Cannes. Die beiden Männer haben sich dazu entschlossen, gemeinsam die Reise zu den jährlich stattfindenden Internationalen Filmfestspielen anzutreten, wo der neueste Film, den Thomas produzierte („First Love“ von Takashi Miike), seine Premiere feiern soll. Der Produzent wird dabei ständig von Cousins gefilmt: wie er das gemeinsame Auto lenkt, während verschiedener Zwischenstopps und letztendlich in Cannes selbst. Untermalt wird das Ganze von Dialogen zwischen den Männern, die von Cousins durch Filmausschnitte ergänzt wurden, um einen kompakten Einblick in die enorme Filmografie des Meisterproduzenten zu geben.

    Anhand von fünf themenbezogenen Kapiteln („Cars“, „Sex“, „Politics“, „Death“, „Cannes“ und „Endings“) nähert sich Mark Cousins dem Werk des Kultproduzenten an. Die Zusammenarbeit mit bedeutenden Filmemacher*innen – z.B. Bernardo Bertolucci (u.a. „The Last Emperor“, wofür Jeremy Thomas einen Oscar gewonnen hat), Nicolas Roeg (u.a. „Eureka“), David Cronenberg (u.a. „Crash“ und „Naked Lunch“) oder Takashi Miike (u.a. „Thirteen Assassins“) – wird anhand von ausgewählten Filmszenen erörtert, immer kommentiert von Cousins und Thomas. Der Videoessayist arbeitet dabei oftmals mit freien Assoziationen (die durch einen Ausschnitt aus Cronenbergs „A Dangerous Method“ sogar einmal versinnbildlicht werden) und lässt auch einige Filmschaffende zu Wort kommen, unter anderem die Schauspielerinnen Debra Winger und Tilda Swinton, die bereits beide in der Vergangenheit mit Jeremy Thomas kollaborierten.

    Cousins gibt dabei einen interessanten Einblick in sowohl das private, aber vor allem auch das berufliche Leben des - von ihm „Prinz“ genannten – Jeremy Thomas. Letztendlich endete der gemeinsame filmische Ausflug dann sogar dort, wo er begonnen hat: die Filmbiografie feierte nämlich dieses Jahr ihre Premiere in Cannes.

    „The Storms of Jeremy Thomas“ ist ein minimalistisches Werk, was auch mit einigen Schwächen (gerade in puncto Schnitt und Kamera) einhergeht. Betrachtet man allerdings die geringen Produktionsmittel und den Faktor, dass Mark Cousins während des Cannes-Roadtrips keine riesige Filmcrew hinter sich hatte und alles mit einer Handkamera selbst filmte, ist es ein ausgesprochen bemerkenswertes Werk. Denn Cousins beweist (wie Jeremy Thomas als Einleitung des Screenings im Zuge der Viennale bemerkt): „Films can be made just with the brain.“