Filmkritik zu Ali & Ava

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Komplizierte Umstände

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Politisch, persönlich, heiter, emotional: Angesiedelt in der englischen Vorstadt Bradford, wirft Clio Barnard in „Ali & Ava“ einen Blick auf die dortige Umgebung samt ihrer Bevölkerung. Mit den beiden Protagonist*innen versammelt sie darin außerdem zwei Sympathieträger, die unterschiedlicher nicht sein könnten - denn Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an.

    Ali (Adeel Akhtar) mag Ava (Claire Rushbrook). Und Ava mag Ali. Das ungleiche Paar lernt sich aufgrund von Avas Tätigkeit als Lehrassistentin an der örtlichen Grundschule kennen, zu welcher Ali die Tochter der Nachbarsfamilie häufig mit dem Auto bringt. Als es eines Tages wegen eines Unwetters gewaltig stürmt, bringt Ali kurzerhand auch Ava mit dem Auto heim. Dies stellt den Beginn einer besonderen Freundschaft dar, die später in einer zarten Romanze münden soll. Das Glück der Frischverliebten scheint perfekt – gäbe es da nicht auch noch Alis Noch-Ehefrau und Avas jähzornigen Sohn.

    „Ali & Ava“ ist das, was dabei herauskommt, wenn man Gesellschaftsdrama und Romanze miteinander kreuzt: Unsicherheiten, die beim Aufkommen einer neuen Beziehung entstehen. Check. Beziehungstraumata aus der Vergangenheit. Check. Verschiedene kulturelle Hintergründe. Check. Familiäre Konflikte. Check. Und zusätzlich die nötige Prise Wohlfühlkino.

    Eines der Hauptaugenmerke stellt dabei die Musik dar. Die Beschränkung auf diegetische Musik (und ihr vermehrter Einsatz) wird in „Ali & Ava“ schon recht bald deutlich. Nicht nur stilistisches Mittel, sondern auch ein wichtiger Bezugspunkt in der aufkeimenden Romanze der beiden Protagonist*innen, tragen Songs wie „Radio“ von Sylvan Esso oder der Dance-Hit „Don’t You“ von Sprint Edge erheblich zur emotionalen Wirkung bedeutender Schlüsselmomente bei, die darüber hinaus auch zu unterhalten wissen. Der jeweilige Musikgeschmack von Ali und Ava wird sogar zum Running Gag: Er mag Punk und EDM, sie Country und Folk. Ihr Kompromiss: Bob Dylan.

    So ganz gelingt es „Ali & Ava“ allerdings nicht, einen Mittelweg zwischen den verschiedenen Genres zu finden. Während der Film als Beziehungskomödie/-tragödie noch relativ gut funktioniert, tut er dies als Sozialdrama nur bedingt. Barnard versucht zwar, möglichst viele sozialkritische Fragen aufzuwerfen, traut sich dann aber doch nie ganz, diese genauer zu beleuchten. Was leider unweigerlich zu einem Gefühl der „verpassten Chance“ führt. Die sympathischen Hauptdarsteller*innen retten dann aber doch noch einiges und auch der Humor sticht an so mancher Stelle äußerst positiv hervor. Zusammenfassend kann man das Ganze wohl folgendermaßen beschreiben: ein netter Film für einen gemütlichen Herbstnachmittag.