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    Looney Tunes: Back in the Game

    Exklusiv für Uncut
    1996 erreichte eines der wohl seltsamsten Filmkonzepte der jüngeren Geschichte Hollywoods die Kinoleinwände rund um den Globus. Basketballspieler Michael Jordan, der sich damals am Höhepunkt seiner ehrwürdigen Karriere befand, sollte sein eigenes Starvehikel erhalten. Was tat man also? Man verbündete die NBA-Legende, die als fiktionale Version seiner selbst auftrat, mit den kultigen Figuren der Looney Tunes und ließ sie gemeinsam in einem intergalaktischen Basketball-Match gegen eine Gruppe boshafter Cartoon-Aliens antreten.

    Klingt bescheuert? War es auch!

    Trotz der hanebüchenen Prämisse und bestenfalls mäßiger Kritiken war „Space Jam“ an den Kinokassen ein voller Erfolg und entwickelte sich zu einem popkulturellen Phänomen sondergleichen. Ein Film, mit dem auch heute noch viele Kinder der Achtziger und Neunziger nostalgische Gefühle assoziieren - ob berechtigt oder nicht sei mal dahingestellt. 25 Jahre nach der Veröffentlichung des Originals wird dem filmischen Kuriosum unter dem Titel „Space Jam - A New Legacy“ nun eine Fortsetzung spendiert. Anstelle von Jordan steht im Sequel jedoch ein anderes Basketball-Ass im Vordergrund: LeBron James, Starspieler der Los Angeles Lakers.

    NBA-Superstar LeBron James (verkörpert von James höchstpersönlich) liegt im Clinch mit seinem Sohn Dom (Cedric Joe), der die sportliche Begeisterung seines Vaters nicht zu 100 Prozent teilt. Viel lieber beschäftigt sich der Teenager mit dem Programmieren komplexer Videospiele. Eines Tages werden LeBron und sein Sohn von einer Künstlichen Intelligenz, die sich Al-G Rhythm (Don Cheadle) nennt, in die schier endlosen Weiten einer virtuellen Welt entführt. Der Basketballer wird erst wieder aus der Computerwelt entlassen, sollte es ihm gelingen, den boshaften Al-G in einem digitalen Basketballspiel zu besiegen. Tatkräftige Unterstützung erhält LeBron dabei von Bugs Bunny und den Looney Tunes. Da die restlichen Mitglieder der Chaos-Truppe rund um Figuren wie Daffy Duck, Speedy Gonzales, Lola Bunny oder dem tasmanischen Teufel Taz sich in anderen Welten des virtuellen Film- und Serienkatalogs der Warner-Studios eingenistet haben, müssen diese erst einmal zusammengetrommelt werden, bevor es ans Eingemachte gehen kann. Nichtsdestotrotz wird das bevorstehende Basketballmatch zur wohl größten Herausforderung in der Karriere des gefeierten Sportlers. Sein Sohn Dom wurde nämlich vom hinterlistigen Al-G ins gegnerische Team verführt. Jetzt heißt es nicht nur ein virtuelles Basketballspiel zu gewinnen, sondern gleichzeitig auch die Ehre des eigenen Sohns zurück.

    Eines gleich vorweg: in Puncto Irrsinn steht „Space Jam 2“ seinem Vorgänger um nichts nach. Wie man der Handlungsangabe bereits entnehmen konnte, werden in der Fortsetzung erneut absurdeste Ideen aneinandergereiht. Die chaotische Ader der klassischen Looney-Tunes-Cartoons von Chuck Jones und Konsorten wurde diesmal gar um einiges akkurater eingefangen, als es noch im ersten „Space Jam“ der Fall war. Gerade die anfänglichen Szenen in Tune Town bestechen mit farbenfroher 2D-Animation und cleveren visuellen Gags ganz im Sinne der Zeichentrickfilme aus der frühen WB-Ära.

    War der 90er-Film aber abgesehen vom Auftreten der Looney Tunes noch vergleichsweise sparsam mit Anspielungen, wird man hier regelrecht von Popkultur-Referenzen erschlagen. Im gefühlten Sekundentakt werden populäre Filme und Serien der Marke Warner Bros. erwähnt, direkt gezeigt oder in Form von Easter-Eggs im Hintergrund versteckt. So spielt sich das klassische Katz-und-Maus-Spiel zwischen Will E. Coyote und Roadrunner plötzlich im Universum von „Mad Max: Fury Road“ ab, Elmar Fudd wird zu Dr. Evils Mini-Me aus den „Austin Powers“-Filmen und Yosemite Sam zum Pianisten in „Casablanca". In den Rängen des zentralen Basketball-Matches im letzten Drittel lassen sich dann auch noch unzählige Größen der Popkultur, wie unter anderem King Kong, der Gigant aus dem All, Horrorclown Pennywise oder gar Alex und seine „Droogs“ aus „Uhrwerk Orange", erkennen. Ein paar der Referenzen mögen zwar durchaus amüsant geworden sein, doch in ihrer Gesamtheit hinterlassen sie einen zutiefst bitteren Beigeschmack. Aufgrund der Besessenheit mit bereits existenten Film- und Serienfranchises der Marke Warner Bros. lässt sich kaum leugnen, dass „Space Jam 2“ dem erfolgreichen Film- und Fernsehstudio sowie dem dazugehörigen Streaming-Service HBO Max in erster Linie als langgezogener Werbespot dient. Völlig schamlos wird mit einer Prise zynischem Meta-Witz zumeist auf die Vertrautheit bekannter Film- und Seriennamen gesetzt. Eigenständige Gags und narrative Kohärenz bleiben größtenteils aus. Selbst der Kernplot rund um die Dynamik zwischen LeBron James (dessen Schauspiel zu wünschen übrig lässt) und seinem Sohn wirkt zu erzwungen, um emotionale Wirkung zu zeigen.

    Don Cheadle darf man immerhin zu Gute halten, dass er sichtlich Spaß mit seiner sinistren Figur hatte und dieser ein Maximum an Camp-Faktor entlocken konnte.

    Durch ein paar gelungene Gags und dem generellen Charme der kauzigen Looney Tunes entgeht „Space Jam: A New Legacy“ gerade so einer Totalkatstrophe. Ob es sich hier jedoch um einen richtigen Film oder lediglich eine wirre Aneinanderreihung bekannter Film- und Fernsehnamen moderner Populärkultur handelt, darüber ließe sich diskutieren. Ist Reizüberflütung dieser Art die Zukunft des Kinos? Werden neue Einfälle im Blockbuster-Film von nun an in einem Sammelsurium recycelter Bilder und Ideen vergangener Tage erstickt?

    Noch ist nichts verloren. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

    That's all, folks.
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    (Christian Pogatetz)
    19.07.2021
    12:37 Uhr