Filmkritik zu Fried Barry

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Provokative Alienentführung mit Gore-Faktor

    Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
    Sex, Drogen und Gewalt – ein sehr erdeigenes Rezept und eines, worum uns das eine oder andere Alien wohl beneidet. Nicht anders ist zu erklären, was dem armen Südafrikaner Barry (Gary Green, wunderbar fremdländisch) eines Tages passiert. Als wäre sein Leben nicht schon beschissen genug, und vom Saufen, Spritzen und Rauchen bestimmt, wird er auch noch von extraterrestrischem Leben entführt. Nach den obligatorischen Experimenten und Untersuchungen entschließt eines dieser Männchen, mit Barry auf die Erde zurückzukehren. Bedeutet, Barrys Körper dient als Hülle für das Wesen, das nun trinkend, prügelnd und fickend durch die Straßen von Kapstadt zieht.

    Völkerverständigung, moralische Botschaft – Fehlanzeige. Sicher, Regisseur Ryan Kruger hat das eine oder andere über unsere Gesellschaft zu sagen. Kommentare, die sich durch die fremdartige Perspektive dieses geistig weggetretenen Barrys filtern. Figuren, die ihre Machenschaften auf seinem blanken Canvas eines Gedächtnisses abreiben. Aber sie handeln nicht von idealistischen Friedensgedanken. Barry-Alien, im Zustand völliger Umnachtung – „fried“, wie man auf Englisch sagt, wenn jemand nicht mehr geistig ansprechbar ist – erkundet in den heruntergekommensten Viertel das Elend der Menschheit. Ihre dunkelsten Seiten.

    Prostituierte, die er mit seinem Aliensperma schwängert, Transgender und Homosexuelle, die er in Momenten von weniger Political-Correctness-Tauglichkeit attackiert nachdem sie ihn anflirten, Gras und Kokssessions bei Bekannten. Ein einziges Moloch, maskiert als der Unterhaltungsgipfel unserer Gesellschaft. Aber Kruger geht noch weiter, lässt Barry zwischen die Fronten eines Kinderschänders und der von ihm entführten Kinder kommen. Diese Gewalt scheint sogar dem Alien zu viel, auch wenn es bereitwilliger weise den Kidnapper zu einem Duell herausfordert.

    Solche und andere provokante Szenen häufen sich in einem solche rapiden Stakkato an Exzessen, dass man als Zuschauer weniger über die Bedeutung der Einzelteile nachdenken kann, sondern diese Elemente als großes Ganzes verarbeiten muss. Krugers Langfilm-Debüt erinnert vom Tempo und vom Schnitt her an die Jason Statham Reihe „Crank“, lässt kaum eine Verschnaufspause und schaukelt sich immer weiter hoch. Unterlegt wird das ganze noch von einem treibenden Electro-Soundtrack und halluzinogenen Visionen.

    „Fried Barry“ ist ein Film, den manche ob seiner aggressiven Obszönität hassen werden. Andere werden sich an der völlig entfesselten Provokation erfreuen. Die Menschheit als Abschaum – keine sonderlich neue Botschaft. Aber selten so provokativ und psychotronisch dargestellt.
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    (Susanne Gottlieb)
    24.09.2020
    20:37 Uhr
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