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    No Crying

    Exklusiv für Uncut
    Wenn man einen bestimmten visuellen Stil mit einem bestimmten Regisseur in Verbindung bringen kann, dann ist das wahrscheinlich Wes Anderson und seine Vorliebe für Symmetrie und akzentuierte Ausstattung. Auch in seinem neuesten Werk, „The French Dispatch“, bekommt man davon reichlich geboten. Anderson widmet sich hier anhand einer Anthologie dem Zeitungswesen und schafft damit eine filmische Hommage an bedeutende Zeitungsredakteur*innen des „New Yorker“ (u.a. Harold Ross, William Shawn, Lillian Ross, James Baldwin), die der Regisseur auch im Abspann würdigt.

    In der französischen Stadt Ennui-sur-Blasé befindet sich der Sitz der amerikanischen Zeitung „The French Dispatch“, welche 1925 von Arthur Howitzer Jr. (Bill Murray) gegründet wurde. 50 Jahre später steht nach dem Tod des Herausgebers die letzte Ausgabe an, wofür seine Mitarbeiter drei der bedeutendsten Artikel wiederaufleben lassen: In „The Concrete Masterpiece“ resümiert JKL Berensen (Tilda Swinton) über das künstlerische Werk des langjährigen Häftlings Moses Rosenthaler (Benicio del Toro), der in der Gefängniswärterin Simone (Léa Seydoux) seine Muse gefunden hat. Lucinda Krementz (Frances McDormand) hingegen berichtet in „Revisions to a Manifesto“ über die Studentenrevolte rund um den wehmütigen Anführer Zeffirelli (Timothée Chalamet). Und Roebuck Wright (Jeffrey Wright) schildert in „The Private Dining Room of the Police Commissioner“ die Umstände einer Entführung, der der Sohn des Polizeichefs (Mathieu Amalric) zum Opfer gefallen ist. Vorangestellt ist den drei Kapiteln ein Prolog, in dem Herbsaint Sazerac (Owen Wilson) anhand eines Reiseberichts über die Stadt Ennui-sur-Blasé erzählt.

    Entweder man liebt sie oder man hasst sie: die Filme von Wes Anderson spalten schon seit längerer Zeit das kinofreudige Publikum weltweit. Sein spezieller visueller Stil, zumeist bestehend aus zentrierten Bildkompositionen, genau abgestimmten Farbpaletten und detailreichem Produktionsdesign wird dabei meist komplementiert von absurd anmutenden Inhalten und einem Ensemble an Schauspieler*innen, mit denen der Regisseur immer wieder zusammenarbeitet. Vor allem aber der trockene Humor und die gestockte Erzählweise haben schon oft den Vorwurf hervorgerufen, dass diese zu bemüht und übertrieben künstlich wirken.

    In „The French Dispatch“ kommen die typischen, wenn auch umstrittenen Elemente nun erneut zum Einsatz, dieses Mal ergänzt von pompösen tableau vivants, rasanten Animationsszenen und dem Einsatz einer Handkameraästhetik. Die altbekannten Titelkarten, mit denen der Regisseur gerne die Handlung strukturiert, finden natürlich auch wieder Verwendung und dienen schon als erste Vorreiter für den episodenhaften Aufbau der Handlung.

    So geordnet dabei die Übergänge dann auch sind, so inhomogen erscheint leider das Gesamtwerk: Dafür sind die einzelnen Geschichten tonal viel zu unterschiedlich und die gewählte Struktur – bestehend aus drei Kapiteln, einem Prolog und einer Rahmenhandlung rund um das Zeitungswesen – viel zu überladen. Am besten funktioniert dabei noch das letzte Kapitel, das eine skurrile Entführung zum Inhalt hat und auch nicht unnötig in die Länge gezogen wird. Gastauftritte von Saoirse Ronan und Edward Norton lockern das Ende dann auch nochmal auf. Als eher enttäuschend entpuppt sich dafür die zweite Geschichte, die mit Timothée Chalamet und Frances McDormand zwar vielversprechende Hauptakteur*innen versammelt, deren Figuren allerdings zu den flachsten der gesamten Anthologie gehören. So recht mag dieses Kapitel auch nicht auf den Punkt kommen. Einen ganz guten Einstieg bietet dafür wiederum die erste Geschichte, die vor allem dank Benicio del Toros Darstellung zu unterhalten weiß.

    Im Allgemeinen kann man sagen, dass die komödiantischen Faktoren im Film viel besser als die dramatisch angehauchten funktionieren. Stilistisch sind aber alle drei Episoden top. Fans von Andersons visuellem Stil werden somit auf jeden Fall auch ihre Freude mit „The French Dispatch“ haben. Ein inkonsistenter Beigeschmack bleibt dennoch.