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  • Bewertung

    Zwischen Hund und Wolf

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2020
    Drei kubanische Veteranen streifen durch den dichten Dschungel der Sierra Madre, jenes Gebirges, in dem auch die berüchtigten Guerillas um Che Guevara die Stellung hielten. Die drei haben jedoch nicht nur in Kuba der Revolution zum Sieg verholfen. Sie reisten anschließend, wie insgesamt etwa 50.000 Kubaner nach Angola, um die dortigen Rebellen zu unterstützen. Die Regisseurin Irene Gutiérrez hat Miguel, Esteban und Santana, die drei Protagonisten des Films durch den Urwald begleitet. Unaufgeregt beobachtet die Kamera, wie die Männer verschiedene Überlebens- und Kampfübungen durchführen, sich mit Erde und Gestrüpp tarnen und ihre Wunden verarzten. Unterbrochen werden diese Übungen von langen Märschen durch Berge und Wälder, welche die Männer zusammen mit ihren Maultieren bestreiten.

    Zu Beginn des Films erscheinen Originalaufnahmen von Kindersoldaten aus dem Angola-Krieg. Diese Verwendung von Archivmaterial wird später im Film noch einmal aufgegriffen.
    Die wenigen Gespräche drehen sich viel um die Handlungen, ums Kämpfen und Überleben. Aber auch über die enttäuschten Erwartungen an die Revolution und über traumatisierende Erlebnisse aus dem Krieg sprechen die Männer. Leider sind die Dialoge bisweilen so unzusammenhängend, dass sich eine tiefere Bedeutung nicht erschließen mag.

    Die Bilder in der eindrucksvollen Landschaft werden untermalt durch die polyphone Geräuschkulisse des Urwaldes. Immer wieder werden subtil andere Klänge hinzugemischt, wie etwa Morsezeichen, Ansprachen aus dem Radio oder alte Aufnahmen von revolutionären Liedern. So bekommt das Material, die Melange aus Bild und Ton, der kein direktes visuelles Gegenstück hat, etwas Surreales, die Vergangenheit wieder belebendes.

    Aber so schön das alles anzusehen und zu hören ist, die Protagonisten bleiben letztlich unnahbar. Als Zuschauer*in kann man nur erahnen, was sie erlebt haben und wie ihr Leben heute aussieht. Im Nachgespräch zum Film erklärte die Regisseurin ihre Intentionen und stiftete so ein wenig mehr Klarheit.

    „Entre perro y lobo“ ist gewissermaßen ein Reenactment des angolanischen Bürgerkriegs, oder zumindest seiner Akteure. Spätestens seit „The Art of Killing“ wissen wir, wie sehr eine solche Nachstellung von Kriegsereignissen durch Täter und Betroffene unter die Haut gehen kann. Aber „Entre perro y lobo“ ist nicht auf Gegenüberstellung verfeindeter Parteien oder gar Konfrontation aus. Vielmehr will der Film eine Art Denkmal für diese Männer schaffen. Diese Männer, die in einem Zustand zwischen Vergangenheit und Gegenwart leben, zwischen Revolution und Alltag, zwischen Hund und Wolf.
    (Felix Geiser)
    02.03.2020
    15:57 Uhr