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    Eine sonderbare Pseudo-Terminator-Fortsetzung, die vielmehr eine Aliens-Kopie ist.

    Eldritch Advice
    Nachdem James Cameron 1986 mit „Aliens – Die Rückkehr“ einen Meilenstein der Kinogeschichte fabrizierte und kurz darauf erste Gerüchte zu seiner geplanten „Terminator“-Fortsetzung aufkamen, nutzte eine italienische Produktionsfirma die Gunst der Stunde und übertrug dem berühmt berüchtigten Auftragsregisseur Bruno Mattei die Aufgabe sowohl „Aliens“ als auch „Terminator“ in einem Projekt unterzubringen. Der daraus entstandene Film hätte ursprünglich überall den Titel „Shocking Dark“ tragen sollen. Dieser war der Produktionsfirma allerdings nicht eindeutig genug, sodass der Film in vielen Ländern als „Terminator 2“ auf den Markt kam. Im deutschsprachigen Raum zeigte man sich gewohnt kreativ und vermarktete ihn als „Contaminator... die Mordmaschine aus der Zukunft“. Der Film debütierte 1989 in Cannes, geriet im Laufe der Jahre allerdings etwas in Vergessenheit. Erst durch „Severin Film“, die „Contaminator“ 2018 einer gelungenen 2K Überarbeitung unterzogen, wurde diesem Mattei-Klassiker neues Leben eingehaucht. Hierzulande erschien der neue Scan beim Label „Cinestrange Extreme“ 2019 als limitiertes Media Book.

    Venedig, einst als Perle der Adria bekannt, ist nun das Opfer einer Umweltkatastrophe, die immer mehr Todesopfer fordert. In geheimen Labors unterhalb der Stadt suchen Wissenschaftler verzweifelt nach dem Ursprung dieses Desasters. Was sie dort finden sind allerdings keine Antworten, sondern einen grausamen Tod, als sie nach und nach von unbekannten Kreaturen in das Dunkel des venezianischen Untergrunds gezogen werden. Um die wenigen Überlebenden zu retten, entsendet man die Spezialeinheit „Megaforce“, doch nicht alle Mitglieder dieser Rettungsmission haben das Wohl der Menschen im Sinn.

    Ich muss sagen … selten zuvor habe ich solch ein freches aber dennoch sympathisches Plagiat gesehen.

    Vielerorts, wo „Contaminator“ besprochen wird, erntet das Werk primär Häme ob seines geringen Budgets und der Tatsache, dass der Plot von „Aliens“ nahezu 1:1 kopiert wurde. Ich hingegen zolle dem Schaffen von Mattei sowie den Spezialeffekten des Geschwisterpaars Francesco und Gaetano Paolocci meinen Respekt. Trotz des kargen Budgets und widriger Drehbedingungen, gelang es dem Team über die gesamte Länge des Films eine stimmige Atmosphäre aufzubauen, die, auf das Wesentliche heruntergebrochen, sich durchaus wie eine Mischung aus „Aliens“ und „Terminator“ anfühlt. Dazu kommen Pluspunkte für den Drehort Venedig, der sich im Laufe des Films vielseitig in Szene zu setzen weiß. Das Monsterdesign weicht von Gigers „Xenomorph“-Darstellung ab und wirkt auf mich eher wie eine Kopie des ebenfalls von ihm kreierten „Space Jockeys“, während jener Charakter, der auf Schwarzeneggers T-800 basiert, sofort klar als solcher erkennbar ist. Was an „Contaminator“ jedoch wirklich sonderbar ist, ist sein Soundtrack beziehungsweise vielmehr das Fehlen einer durchgängigen Hintergrundmusik. Nur selten hört man das von Carlo Maria Cordio komponierte Thema, das auch seinerseits sehr von „Alien“ inspiriert ist. Hier hat man meiner Meinung die Chance vertan etwas Erinnerungswürdiges zu schaffen und es ist geradezu bizarr, dass die Filmmusik, die normalerweise immer eine der großen Stärken von italienischen Produktionen darstellt, in diesem Falle die größte Schwäche von „Contaminator“ ist.

    Die Besetzung ist ebenfalls ein Punkt, über den man sich oft lustig macht. Was dabei allerdings übersehen oder ignoriert wird ist, dass der Großteil der Beteiligten die jeweiligen Rollen mit Leib und Seele verkörpert. Natürlich kommt das Ganze im Vergleich mit „Aliens“ oder „Terminator“ nicht an die großartigen Leistungen von Sigourney Weaver, Arnold Schwarzenegger, Linda Hamilton Michael Biehn, Lance Henriksen, Bill Paxton oder Jenette Goldstein heran, muss es aber nicht um sympathisch zu wirken, und genau dies tun die Schauspieler in „Contaminator“. Am eindrucksvollsten ist hierbei das ehemalige Modell Geretta Geretta, die sich im Laufe der 80er-Jahre als eine Ikone des italienischen Exploitation-Films etablieren konnte, was bei ihrem Charisma und einer Energie, die Grace Jones neidisch machen würde, nicht verwunderlich ist. Ebenfalls auffallend ist der kurze Auftritt von Clive Riche, der sich im späteren Verlauf seiner Karriere zu einem veritablen Charakterschauspieler entwickelte und selbst in einigen Hollywood Produktionen mitwirkte. Ein großes Lob geht auch an den etwas unbekannteren Christopher Ahrens, der als der „Terminator“ in diesem Film versucht Arnold Schwarzeneggers Auftritt als T-800 so nah wie möglich nachzuahmen. Vergisst man kurz, dass es sich dabei um Gotteslästerung handelt, darf Ahrens mit dem Resultat durchaus zufrieden sein.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    Ist „Contaminator“ eine schamlose Kopie von „Aliens“ mit einem Schuss „Terminator“? Natürlich, aber das war auch das Ziel, das man mit Bravour erreichte. Vielmehr ist es eine Tragödie, dass es abseits der Comichefte kein offizielles Crossover zwischen diesen beiden Franchises gibt. Man muss dem italienischen Exploitationkino in seiner unendlichen Frech- und Weisheit dankbar sein, derlei Filme auf den Markt geworfen zu haben. Ich beneide jeden Menschen, der im Glauben daran „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ aus der Videothek auszuleihen, vom irreführenden Titel und Cover getäuscht stattdessen nach „Contaminator“ griff und danach zu Hause sein blaues Wunder erlebte.

    Dies führt uns zu der Frage, wieso soll man sich „Contaminator“ anschauen wenn man stattdessen die Meisterwerke „Aliens“ und „Terminator“ genießen kann? Rein qualitativ betrachtet gibt es generell nur eine Handvoll Filme, die man diesen beiden Klassikern vorziehen kann und „Contaminator“ gehört natürlich nicht zu dieser erlesenen Auswahl. „Stattdessen“ sollte man sich diesen Film also ganz gewiss nicht ansehen. Tauscht man das „stattdessen“ jedoch gegen ein „in Ergänzung zu“ aus, sieht die Antwort gänzlich anders aus. „Contaminator“ ist die Fertiggerichtversion deines Lieblingsessens, von der du weißt, dass sie niemals an das Original herankommt, aber zum richtigen Zeitpunkt genossen unbeschreiblich befriedigend sein kann. Dieser richtige Zeitpunkt ist ein freitäglicher Filmabend.
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    (Thorsten Schimpl)
    25.10.2019
    11:08 Uhr