Exklusiv für Uncut von den Filmfestspielen in Venedig
Shakespeare-Adaptionen für die große Leinwand gab es bis Dato schon en masse. Während aber Stücke wie „Romeo & Julia“ oder „Hamlet“ bereits in verschiedensten Variationen filmisch umgesetzt wurden, trauten sich nur wenige RegisseurInnen an Shakespeares historisch angehauchte Stoffe wie z.B. „Heny IV“ oder „Henry V“ heran. Unter dem Titel „The King“, versucht sich der australische Filmemacher David Michod (u.a.: „Animal Kingdom“, „The Rover“) an einer modernen Shakespeare-Adaption, die sowohl die beiden Teile von „Henry IV“ als auch „Henry V“ als Basis nimmt.
Das von Netflix produzierte Historiendrama handelt vom Mitte 20-jährigen Hal (Timothee Chalamet), der eigentlich eines Tages das Erbe in der britischen Thronfolge antreten sollte, jedoch keinerlei Interesse am royalen Leben zeigt. Nach dem Tod seines Vaters King Henry IV (Ben Mendelsohn) fühlt sich der Prinz jedoch dazu genötigt, seinen rechtmäßigen Platz im britischen Königshaus anzunehmen und somit zum Oberhaupt gekrönt zu werden. Bevor er aber seinen neuen Pflichten nachgehen und sein Land in chaotischen Zeiten vertreten kann, muss „King Henry V“ noch einiges dazulernen.
„The King“ wird das Rad definitiv nicht neu erfinden. Nein, dafür verfällt der Historienschinken zu oft nerviger Genre-Konventionen, wirkt ab und ab etwas zu sentimental und stellenweise gar dröge. Trotz all seiner Unzulänglichkeiten ist David Michod dennoch ein sehenswertes Geschichtsepos gelungen, das vor allem durch einen Aspekt aus der jährlichen Sintflut an historischen Epen herausstechen: seine technische Finesse.
Mithilfe elektrifizierender und wunderbar belichteter Aufnahmen des australischen Kameramanns Adam Arkapaw sowie einem detailreichen Kostüm- und Szenenbild gewinnt Regisseur Michod dem 13. Jahrhundert-Setting des Stoffs eine Ästhetik ab, die in ihrer Bildgewalt zu fesseln weiß. Lobend dürfen an dieser Stelle auch die Choreographien der Schlachtsequenzen hervorgehoben werden, die angenehm haptisch daherkommen und augenscheinlich mit wenig Aushilfe von Computereffekten realisiert wurden.
Hinzu kommt die durchwegs beeindruckende Darstellerriege, die dem streckenweise platten Drehbuch etwas mehr Leben verabreichen kann. Hauptdarsteller Timothee Chalamet beweist eindrücklich, dass seine zwei Jahre zurückliegende Oscarnominierung („Call Me By Your Name“) nicht von irgendwo herkam und er sich wohl zu den großen aufsteigenden Jungtalenten Hollywoods zählen darf. Chalamet gelingt es, die Wandlung seiner Figur vom sturen, unreifen jungen Erwachsenen hinzu einem respektablen König, der Dinge alleine in die Hand nehmen kann, glaubhaft hinüberzubringen. Der manchmal fast schon unterschätzte Joel Edgerton bekommt als Henrys liebenswerter, treuer Freund und Wegbegleiter Falstaff mal wieder die Chance dazu, sein Schauspieltalent unter Beweis zu stellen. Ex-„Twilight“-Star Robert Pattinson, der mittlerweile zu einem respektierten Charakterdarsteller gereift ist, schafft es trotz geringer Screentime während seiner sporadischen Auftritte den Film völlig für sich einzunehmen. Tatsächlich zeichnet sich Pattinsons bewusst lächerlich gehaltene Figur (ausgestattet mit einem überzogenen französischen Akzent) für unerwartete Situationskomik verantwortlich, die vom britischen Darsteller mit unterhaltsam überzogener Miene vorgetragen wird. Abgerundet wird der Cast von Ben Mendelsohn, Sean Harris und Lily-Rose Depp, die auch allesamt eine solide Figur abgeben.
Erzählerisch schwächelt das Drama ab und an während seiner deutlich zu lang geratenen 133 Minuten Lauflänge, von der im Schnittraum definitiv einiges gekürzt hätte werden können, und plätschert passagenweise nur so vor sich hin.
Dennoch erhebt sich „The King“ durch seine exzellente Besetzung, einer dichten Atmosphäre und formidabler Kameraarbeit zu einem durchaus empfehlenswerten royalen Seherlebnis.
All hail the king!