Bilder: Universal Pictures Fotos: Universal Pictures
  • Bewertung

    Ein Abenteuerfilm mit einem Schuss Bloodsport light

    Eldritch Advice
    Jean-Claude-van-Damme-Filme haben es noch immer geschafft mich zu unterhalten, insbesondere wenn ein Kampfsportturnier den Mittelpunkt der Handlung darstellt; und davon gibt es schließlich einige. Bekannte Beispiele wie „Bloodsport“ oder „Kickboxer“ stellen heute noch den Goldstandard für Martial-Arts-Filme dar und etablierten den damals noch jungen belgischen Schauspieler als Superstar. Nach etlichen erfolgreichen Filmen in der Hauptrolle, nahm er 1996 für „The Quest – Die Herausforderung“ zum ersten Mal selbst am Regiestuhl Platz. Van Damme ließ es sich natürlich auch nicht nehmen sich selbst als den Helden in seiner Geschichte zu besetzen. Das Drehbuch für sein ambitioniertes Unternehmen schrieb er zusammen mit Frank Dux. Dabei handelt es sich um jene Person deren Erzählungen die Vorlage zu „Bloodsport“ bildeten und die von Van Damme in dem Martial-Arts-Klassiker von 1988 verkörpert wurde. Dadurch verwundert es nicht, dass es zwischen „The Quest“ und „Bloodsport“ einige Überschneidungen gibt.

    Im New York der 20er Jahre schlägt sich der akrobatische Lebenskünstler Christopher Dubois mehr schlecht als recht durch den Alltag. Dabei legt er sich sowohl mit der Unterwelt als auch der Polizei an. Umstände die ihn dazu bewegen die Flucht zu ergreifen. Auf dieser gerät er unfreiwillig in die Hände von türkischen Waffenschmugglern, und begibt sich dadurch auf eine Odyssee, die ihn bis nach Südostasien führt. Dort trifft Dubois auf den charmanten aber zwielichtigen britischen Glücksritter Lord Edgar Dobbs, was seine Situation nicht sonderlich verbessert. Seine letzte Hoffnung auf Freiheit und eine Rückkehr nach New York ist das sagenumwobene Kampfturnier „Ghang-Gheng“ in Tibet, dessen Sieger eine goldene Drachenstatue winkt.

    Ich muss sagen … eine interessante Mischung aus Abenteuer- und Martial-Arts-Film.

    Van Dammes Regiedebüt gelingt es auf Anhieb eine atmosphärisch gelungene Interpretation der 20er-Jahre abzuliefern, weswegen ich auf gewisse Anachronismen auch gar nicht eingehen möchte. Schließlich ist es meiner Meinung nach wesentlich wichtiger ein stimmiges Ambiente aufzubauen, denn alle historischen Daten korrekt zu adaptieren. „The Quest“ wirkt in seiner doch recht episch anmutenden Rahmenhandlung stets etwas zu ambitioniert und es ist offensichtlich, dass das Budget für einen Film dieses Ausmaßes mit 30 Millionen Dollar etwas zu niedrig angesetzt wurde. Dafür entschädigen einen die wundervoll eingefangen Landschaftsaufnahmen sowie die durchwegs gelungenen Martial-Arts-Choreographien. Der Soundtrack von Randy Edelman ist wie ein Sinnbild für diesen Film. Jedes Stück startet vielversprechend, verliert aber kurz vor seinem Höhepunkt an Schwung und beraubt sich somit selbst sein wahres Potential zu erreichen.

    „The Quest“ ist ein typisches Van-Damme-Vehikel und somit natürlich mit ihm selbst ideal besetzt. Roger Moore als Co-Star zu gewinnen ist nicht nur hinsichtlich des schauspielerischen Faktors ein Gewinn gewesen. Wesentlich dankbarer darf man dafür sein, dass Moore stets gut gelaunt wirkt, obwohl er die Drehbedingungen verabscheute und sowohl Van Damme als auch den Produzenten Moshe Diamant nicht sonderlich gut leiden konnte. Bei der Besetzung der Turnierteilnehmer konnte man mit ausreichend Bewerbern aus dem Kampfsportbereich aus dem Vollen schöpfen. Jene Kämpfer, die unter Vertrag genommen wurde, repräsentieren jeweils eine Nation und strotzen auf eine unterhaltsame Art und Weise nur so von Klischees. So reist etwa der deutsche Vertreter logischerweise stilecht mit Zeppelin und Pickelhaube an.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    Vielerorts wurde „The Quest“ dafür kritisiert auf eine etwas gemächliche Erzählstruktur zurückzugreifen, die erst im letzten Drittel richtig Fahrt aufnimmt. Mir persönlich gefällt ebenjene Herangehensweise. Der Film fühlt sich somit wesentlich länger als seine Laufzeit von 95 Minuten an. Dies nicht etwa weil Langeweile aufkommt, sondern weil in dieser Zeit viel passiert. Dubois reist von New York in den Indischen Ozean, wird dort befreit, anschließend verkauft, erlernt seine Kampfkunst in Siam und reist danach nach Tibet. Das alles geschieht bevor das Turnier überhaupt startet. Als Fan von episodenhaften Abenteuerfilmen, kann ich mich somit nicht beschweren. Generell liegen die Schwächen dieser Produktion eher darin, dass sie es nicht schafft ihre Stärken richtig auszuspielen, sodass der Funke immer nur kurz vor dem Überspringen ist.

    Wenn das größte Verbrechen eines Filmes ist, dass er es nicht schafft sein Potential vollends auszuschöpfen, so muss ich sagen, dass es wesentlich schlimmere Vergehen in der Filmkunst gibt. Gewiss kann man Van Damme keinesfalls als ungeschliffenen Rohdiamanten hinter der Kamera bezeichnen, aber er weiß doch was er vor der Kamera zu tun hat und wo seine Stärken liegen. Diese spielt auf souverän aus. Am Ende fühlt man sich gut unterhalten, auch wenn man selbst nach dem Finale das Gefühl hat, dass ein bisschen was fehlt. Es ist nicht Van Dammes bester Film, aber keinesfalls einer der in einer guten „Muscles from Brussels“-Sammlung fehlen oder von Fans von Abenteuer- und Martial-Arts-Filmen ignoriert werden sollte. „The Quest“ ist ein unterhaltsamer Genre-Mix mit viel Charme und wenig Realismus und daher eines freitäglichen Filmabends würdig.

    Für diese Besprechung stellte mir Pretz-Media dankenswerterweise eines der auf 250 Stück limitierten Mediabooks von „The Quest“ zur Verfügung. Dieses lässt sowohl für JCVD-Fans als auch Filmsammler keinerlei Wünsche offen. Wie gewohnt befindet sich der Hauptfilm in dieser Edition sowohl auf Blu-Ray als auch auf DVD. Dazu kommt, dass mit „Leon“ einer der stärksten Van-Damme-Filme als Bonus (ebenfalls auf Blu-Ray und DVD) inkludiert ist. Was wiederum heißt, dass das auf Pretz-Media.at ebenfalls erhältliche Mediabook von „Leon“ auch „the Quest“ beinhaltet. Beide Editionen teilen sich somit ein Booklet, das Essays zu beiden Filmen beinhaltet. Die von Nando Rohner verfassten Texte sind lesenswert und voller interessanter Hintergrundinformationen. Booklet und Hülle zeigen sich hinsichtlich des Artworks äußerst homogen. Sie sind im VHS-Stil gehalten und somit gerade für Nostalgiker ein echter Hingucker. Es ist klar ersichtlich, dass diese Edition von Fans für Fans gestaltet wurde, man sich dabei auch etwas gedacht und nicht bloß ein x-beliebiges Bild auf das Cover geschnalzt hat. Hier stimmt einfach alles. Mediabooks wie dieses hier zeigen, dass Home Media nicht nur eine Zukunft hat, sondern ein wichtiger Teil des Mediums Film ist.
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    (Thorsten Schimpl)
    22.03.2019
    20:53 Uhr